JudikaturJustiz7Ob247/10i

7Ob247/10i – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, und des Nebenintervenienten C***** F*****, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch rechtsanwälte tusch.flatz.dejaco.kasseroler.gmbh in Feldkirch, wegen Einwilligung in die Löschung eines Vorkaufsrechts, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2010, GZ 4 R 197/10t 17, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 1075 ABGB in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Verpflichtete dem Berechtigten die Kenntnis aller Tatsachen verschafft hat, welche dieser kennen muss, wenn er sich über die Ausübung des Vorkaufsrechts schlüssig werden soll, wie Gegenstand, Preis, Zahlungsmodalitäten, Bedingungen, Nebenrechte und Nebenpflichten (RIS Justiz RS0020180). Dieser Judikatur ist das Berufungsgericht gefolgt. Es hat angenommen, dass der vorkaufsberechtigte Beklagte durch die Übersendung des von der Klägerin mit dem Nebenintervenienten geschlossenen Kaufvertrags samt Begleitschreiben über alle zur Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen Umstände in Kenntnis gesetzt wurde. Ob der Berechtigte über alle erforderlichen Tatsachen informiert wurde, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit ist diese Frage daher nur dann revisibel, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden muss.

Der Revisionswerber macht in der Zulassungsbeschwerde im Wesentlichen geltend, im Sinn der Rechtsprechung zu § 1075 ABGB von der Klägerin nicht ausreichend informiert worden zu sein, weil der Kaufvertrag keine Zahlungsmodalitäten enthalten habe. Der Kaufvertrag habe zwar klar geregelt, dass der Käufer den Kaufpreis an den namhaft gemachten Treuhänder leisten müsse. Da - wie im Kaufvertrag erwähnt - der Kaufpreis vom Käufer allerdings bereits vor Abschluss des Kaufvertrags an den Treuhänder überwiesen worden sei, habe hinsichtlich der Zahlungsmodalität eine Unklarheit bestanden. Das Berufungsgericht ist hingegen davon ausgegangen, dass damit klargestellt gewesen sei, dass der Kaufpreis sofort entrichtet werden müsse. Darin kann eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers bedeutet auch der Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt (Zahlung des Kaufpreises vor Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrags) fehlt, nicht, dass die Entscheidung von der Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhinge (RIS Justiz RS0102181).

Ein vom Revisionswerber behaupteter Mangel des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), nicht vor. Soweit das Unterbleiben einer Vernehmung des Zeugen Mag. V***** gerügt wird, ist auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen, dass die vom Revisionswerber aufgrund der Unterlassung der Einvernahme vermissten Feststellungen (Beschluss der „F***** Vertretung“, die Liegenschaft anzukaufen und Ermächtigung des „Standesrepräsentanten, das Vorkaufsrecht auszuüben) rechtlich unerheblich sind.

Ein tauglicher Grund für die Zulassung des außerordentlichen Rechtsmittels ist auch der Rechtsrüge nicht zu entnehmen. Insbesondere begegnet die Ansicht des Berufungsgerichts keiner Bedenken, dass dem Beklagten klar sein musste, dass die Vertragsparteien am Kaufvertrag nach wie vor festhalten wollten, wie sich schon aus dem Einlösungsanbot und dem Antwortschreiben ergibt, und dass sich der Beklagte auf die Unwirksamkeit des Kaufvertrags nicht mit dem Argument berufen könne, dass er ja selbst noch keine schriftliche Verzichtserklärung bezüglich seines Vorkaufsrechts abgegeben habe (vgl RIS Justiz RS0017406). Schon nach dem Gesetzeswortlaut ist schließlich die den Schutz des Vorkaufsverpflichteten bezweckende Voraussetzung einer „wirklichen Einlösung“ im Sinn des § 1075 ABGB durch fristgerechte Bezahlung des Kaufpreises (oder zumindest ein reales Zahlungsanbot) entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht auf Privatpersonen beschränkt.

Der Beklagte zeigt insgesamt keinen tauglichen Zulassungsgrund auf. Sein außerordentliches Rechtsmittel ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.