JudikaturJustiz7Ob100/55

7Ob100/55 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. April 1955

Kopf

SZ 28/97

Spruch

Die Kosten der Anschaffung eines Kinderwagens und der Säuglingswäsche gehören nicht zu den nach § 167 ABGB. dem außerehelichen Vater obliegenden Leistungen.

Entscheidung vom 13. April 1955, 7 Ob 100/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Antragstellerin hat am 30. November 1954 gemäß § 168 ABGB. beantragt, den Antragsgegner als Vater des zu erwartenden Kindes zu verhalten, daß er den Betrag des dem Kind zu gewährenden Unterhaltes für die ersten drei Monate nach der Geburt sowie den Betrag der ihr nach § 167 ABGB. zu ersetzenden Kosten in der Höhe von zusammen 3860 S bei Gericht erlege.

Das Erstgericht hat im Sinne des Antrages entschieden. Infolge Rekurses des Antragsgegners hat das Rekursgericht der Antragstellerin an Entbindungskosten einen Betrag von 580 S und an Unterhaltskosten während der ersten sechs Wochen nach der Entbindung einen Betrag von 1260 S zuerkannt und den für die ersten drei Monate dem Kind zu gewährenden Unterhalt mit 480 S bestimmt. In den Gründen hat es unter anderem ausgesprochen, daß das Begehren auf Zuspruch eines weiteren Betrages von 1000 S für einen Kinderwagen und für Säuglingswäsche abzuweisen war, weil das Gesetz für die Zuerkennung solcher Ansprüche keine Grundlage biete. Gegen diesen abweisenden Ausspruch des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs muß als zulässig angesehen werden, weil die Antragstellerin Teilansprüche des Kindes gegen seinen Vater geltend macht, wobei die Bemessung nur eine materiellrechtliche Vorfrage für die Erledigung des dem § 1042 ABGB. analogen Anspruches bildet (Judikat 60 neu, Punkt V).

In der Sache selbst meint die Beschwerdeführerin, ihre Ansprüche aus § 167 ABGB. erstreckten sich nicht bloß auf die unmittelbaren Kosten der Entbindung, sondern auch auf die weiteren, durch die Niederkunft entstehenden Auslagen, zu denen auch die Kosten für die Beschaffung eines Kinderwagens und der Säuglingswäsche gehören. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 168 ABGB. verpflichtet den Vater, unter bestimmten Voraussetzungen den Betrag des dem Kind zu gewährenden Unterhaltes für die ersten drei Monate sowie den gewöhnlichen Betrag der der Mutter nach § 167 ABGB. zu ersetzenden Kosten bei Gericht zu erlegen. § 167 ABGB. verpflichtet den Vater aber, nicht nur die Kosten des Unterhaltes der Mutter für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung, sondern auch die Kosten der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Auslagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen. Der physiologische Vorgang der Geburt bedingt in jedem Falle die Hilfeleistung durch eine Hebamme oder einen Geburtenhelfer und die Beistellung der unbedingt notwendigen Hilfeleistung. Der Aufwand für entsprechende Pflege in Krankheitsfällen einschließlich eines allfälligen Kurgebrauches als Folge der Entbindung sind an sich nicht Kosten der Entbindung; sie sind aber gewiß Auslagen, die infolge der Entbindung notwendig werden. Diese legislativ gebotene Unterscheidung mit der besonderen Anführung der weiteren, infolge der Entbindung notwendig werdenden Auslagen darf aber nicht dazu führen, darunter auch Auslagen zu verstehen, die mit der Entbindung nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhange stehen. Auslagen für das Kind, wie sie durch die Anschaffung der Säuglingsausstattung einschließlich des Kinderwagens entstehen, fallen nicht unter diese Kosten. Der gegenteiligen Ansicht, die von Klang 1. Aufl. I/1 S. 932 und Ehrenzweig 2. Aufl. II/2 S. 286 vertreten wird, vermag sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen. Gegen diese Auffassung spricht der Wortlaut des Gesetzes, überdies aber auch die Erwägung, daß die der Mutter in § 167 ABGB. eingeräumten Rechte Ausnahmecharakter tragen und daher einer ausdehnenden Auslegung nicht zugänglich sind. Die Anschaffung eines Kinderwagens und der Säuglingswäsche bedeutet Befriedigung der Bedürfnisse des Kindes und muß daher aus den Unterhaltsbeiträgen des Vaters an dieses selber, nötigenfalls aus den eigenen Leistungen der Mutter bestritten werden.