JudikaturJustiz7Nd514/98

7Nd514/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Januar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Kitzbühel anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Hans H*****, wider die beklagte Partei Ernst J*****, wegen S 18.345,60 sA, infolge Ablehnung der Rechtshilfe durch das Bezirksgericht Bad Ischl folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Das Bezirksgericht Bad Ischl ist für die Erledigung des Rechtshilfeersuchens des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 12. 10. 1998 zuständig.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Kitzbühel ersuchte das Bezirksgericht Bad Ischl, nach Einholung eines Kostenvorschusses von der beklagten Partei ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet "Fenster, Fensterrenovierung, Kunststoffenster o.ä." darüber einzuholen, ob und inwiefern die Fenster im Haus des Klägers in Ebensee, Aufeldstraße 12a, und/oder die Außenverkleidungen unter deren Montage mangelhaft sind und welcher Aufwand für die Behebung als angemessen anzusehen ist.

Das Bezirksgericht Bad Ischl lehnte die Rechtshilfe mit der Begründung ab, daß die im Ersuchen angeführten Aufträge auch durch das erkennende Gericht erfolgen könnten, da der von den Parteien in Aussicht genommene Sachverständige nicht im Sprengel des Bezirksgerichtes Bad Ischl wohne und eine mündliche Erörterung des Gutachtens notwendig sei, welche nach dem Antrag der klagenden Partei vor dem erkennenden Gericht stattzufinden habe.

Das Bezirksgericht Kitzbühel wiederholte sein Rechtshilfeersuchen.

Am 30. 11. 1998 stellte das Bezirksgericht Bad Ischl den Akt neuerlich dem Bezirksgericht Kitzbühel zurück. Eine im Sprengel dieses Gerichts vorzunehmende Rechtshilfehandlung sei nicht erkennbar. Außerdem verwies es darauf, daß die klagende Partei die Erörterung des Gutachtens vor dem erkennenden Gericht beantragt habe.

Das Bezirksgericht Kitzbühel legt den Akt zur Entscheidung über einen negativen Kompetenzkonflikt vor.

Rechtliche Beurteilung

Für Streitigkeiten zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht über die Verweigerung der Rechtshilfe ist ein gerichtliches Verfahren nicht ausdrücklich vorgesehen. Da es sich aber bei der Gewährung von Rechtshilfe um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, ist zur Entscheidung über derartige Streitigkeiten in analoger Anwendung des § 47 Abs 1 JN das beiden Gerichten zunächst übergeordnete Gericht berufen (SZ 57/161; EvBl 1981/99; EvBl 1990/36 ua).

§ 352 Abs 1 ZPO ordnet an, daß die Aufnahme des Sachverständigenbeweises durch einen beauftragten oder ersuchten Richter erfolgen kann, wenn ein durch Sachverständige zu besichtigender Gegenstand nicht vor das erkennende Gericht gebracht werden kann oder die Aufnahme des Sachverständigenbeweises vor demselben aus anderen Gründen erheblichen Schwierigkeiten unterliegen würde. § 352 Abs 2 ZPO enthält die näheren Bestimmungen über das Vorgehen durch das ersuchte Gericht. Aus § 37 Abs 2 JN geht hervor, daß für Rechtshilfeersuchen das Bezirksgericht zuständig ist, in dessen Sprengel die Amtshandlung vorgenommen werden soll.

Das Rechtshilfegericht darf ein Rechtshilfeersuchen gemäß § 37 Abs 3 JN nur ablehnen, wenn es dazu örtlich unzuständig ist. Darüber hinaus ist der Rechtshilferichter nach der Rechtsprechung auch berechtigt, die Unzulässigkeit des Rechtsweges für die begehrte Rechtshilfehandlung sowie deren Unerlaubtheit und deren Unbestimmtheit zu beachten; die Prüfung der Zweckmäßigkeit oder der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens ist dem ersuchten Gericht jedoch verwehrt (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 37 JN und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall liegt der Gegenstand der Befundaufnahme durch den Sachverständigen, das sind die im Haus des Klägers montierten Fenster, im Sprengel des ersuchten Gerichts. Ein gesetzlicher Grund für die Verweigerung der Rechtshilfe liegt demnach nicht vor. Aber auch die von der Rechtsprechung für die Verweigerung der Rechtshilfe anerkannten weiteren Gründe sind hier nicht gegeben. Die vom ersuchten Gericht angestellten Zweckmäßigkeitserwägungen können vom Obersten Gerichtshof im Rahmen der analogen Anwendung der Bestimmungen über den negativen Kompetenzkonflikt nicht wahrgenommen werden.

Das für die Vornahme der Rechtshilfe örtlich zuständige Bezirksgericht Bad Ischl hat daher dem Rechtshilfeersuchen zu entsprechen.