JudikaturJustiz6Ob9/84

6Ob9/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. April 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Registersache der in dem vom Handelsgericht Wien geführten Handelsregister in Abteilung B unter Nr ***** eingetragenen „B*****“ ***** Gesellschaft mbH, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gemäß § 15a GmbHG 1.) Dagmar I*****, und 2.) Dr. Gottfried I*****, beide vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. Februar 1984, GZ 5 R 16/84 36, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16. Dezember 1983, GZ 7 HRB 19.273 29, in seinem Punkt 1 bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen .

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die im Handelsregister einzutragenden Verhältnisse der B***** Gesellschaft mbH sind in dem vom Handelsgericht Wien geführten Handelsregister in der Abteilung B unter Nr ***** eingetragen. Gründungsgesellschafter waren ein Wiener Rechtsanwalt, der 60 % der Stammeinlagen übernommen hatte, und eine Wiener Angestellte (und spätere Rechtsanwaltsanwärterin), die die restlichen Stammeinlagen übernommen hatte. Der Mehrheitsgesellschafter wurde im Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsführer bestellt. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind in dem Fall, dass mehrere Geschäftsführer bestellt werden, zwei Geschäftsführer kollektiv vertretungsbefugt. Mit dem Gesellschafterbeschluss vom 25. Mai 1983 wurde der Mehrheitsgesellschafter als Geschäftsführer abberufen und an seiner Statt ein Breitenfurter Pensionist „zum Geschäftsführer mit selbständigem Vertretungsrecht“ bestellt.

Am 7. Oktober 1983 langte beim Registergericht der Antrag einer Gesellschaftsgläubigerin auf Bestellung eines Geschäftsführers gemäß § 15a GmbHG ein.

Am 12. Oktober 1983 langte beim Registergericht eine Eingabe des Geschäftsführers mit der Erklärung ein, dass er hiemit seine Funktion als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung zurücklege.

Hierauf wiederholte die Gesellschaftsgläubigerin ihren Antrag gemäß § 15a GmbHG, dem nunmehr ein weiterer Gesellschaftsgläubiger beitrat. Die beiden Gründungsgesellschafter sprachen sich gegen den Antrag aus. Das Registergericht bestellte mit seinem Beschluss vom 2. November 1983, ON 21 (in den Ausfertigungen irrtümlich ON 19) einen Wiener Rechtsanwalt gemäß § 15a GmbHG zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer.

Mit der am 24. November 1983 beim Registergericht eingelangten Eingabe meldete ein Wiener Steuerberater den Gesellschafterbeschluss vom 8. November 1983 auf Abberufung des Breitenfurter Pensionisten als Geschäftsführer und auf seine eigene Bestellung zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an. Gleichzeitig teilte er eine im 23. Wiener Gemeindebezirk gelegene neue Geschäftsanschrift der Gesellschaft mit.

Hierauf fasste das Registergericht am 16. Dezember 1983 den Beschluss auf Abberufung des gemäß § 15a GmbHG bestellten Wiener Rechtsanwalts sowie des seinerzeit durch Gesellschafterbeschluss bestellten und in der Folge wieder abberufenen Breitenfurter Pensionisten als Geschäftsführer (Punkt 1) sowie auf Bestellung des mit Gesellschafterbeschluss berufenen Wiener Steuerberaters zum Geschäftsführer (Punkt 2). Diese Entscheidung begründete das Registergericht allerdings damit, dass der Wiener Steuerberater gemäß § 15 GmbHG ordnungsgemäß durch die Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt worden und damit die Voraussetzung für die Vertretung der Gesellschaft durch einen gemäß § 15a GmbHG gerichtlich bestellten Geschäftsführer weggefallen sei.

Mit konkursgerichtlichem Beschluss vom 28. November 1983 hatte das Erstgericht über das Vermögen der Gesellschaft den Konkurs eröffnet und einen Wiener Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt.

Die Gesellschaftsgläubiger, die die Bestellung eines sogenannten Notgeschäftsführers beantragt hatten, erhoben gegen die gerichtliche Abberufung des gemäß § 15a GmbHG bestellten Wiener Rechtsanwalts Rekurs.

Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmitel nicht statt.

Die seinerzeitigen Antragsteller gemäß § 15a GmbHG fechten die bestätigende Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz unter Geltendmachung des Anfechtungsgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit einem auf ersatzlose Aufhebung des registergerichtlichen Beschlusses auf Abberufung des gerichtlich bestellten Geschäftsführers zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Das Rechtsmittel ist mangels schlüssiger Ausführung eines im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgrundes unzulässig.

Das Registergericht hatte mit dem Beschluss vom 2. November 1983, ON 21, einen Wiener Rechtsanwalt gemäß § 15a GmbHG zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt, weil der einzige damals durch Gesellschafterbeschluss bestellte Geschäftsführer am 12. Oktober 1983 mit einer Eingabe an das Registergericht die Zurücklegung seiner Funktion mitgeteilt hatte. Daraus hatte das Registergericht gefolgert, dass die Gesellschaft über keinen Geschäftsführer verfüge. Aus dieser Erwägung hatte es dem Antrag der beiden Gesellschaftsgläubiger auf Bestellung eines sogenannten Notgeschäftsführers stattgegeben und auch die Eintragung dieser Bestellung in das Handelsregister angeordnet. Nachdem dem Registergericht die Bestellung des Wiener Steuerberaters zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter vom 8. November 1983 angezeigt worden war und dieser gleichzeitig mit der Anmeldung zur Eintragung in der Eingabe vom 24. November 1983 eine Musterzeichnung vorgelegt, eine mit der Geschäftsführeranschrift wesensgleiche neue Anschrift der Gesellschaft bekanntgegeben und in der Folge auch mitgeteilt hatte, dass er nunmehr alleiniger Gesellschafter sei, sowie nachdem das Registergericht als Konkursgericht über das Vermögen der Gesellschaft den Konkurs eröffnet und einen Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt hatte, fasste das Erstgericht seinen Beschluss vom 16. Dezember 1983, ON 29, mit dem es 1.) den von ihm bestellten Wiener Rechtsanwalt ebenso wie den seinerzeit durch Gesellschafterbeschluss bestellten Pensionisten, der die Rücklegung seiner Funktion mitgeteilt hatte abberief und 2.) den nunmehrigen Alleingesellschafter zum Geschäftsführer bestellte .

Mit der Konkurseröffnung ging die Verwaltung und Vertretung des in die Konkursmasse fallenden Gesellschaftsvermögens auf den Masseverwalter über. Soweit die im seinerzeitigen Antrag angeführten Interessen der beiden Gesellschaftsgläubiger berührt sein konnten, ist die der Bestellung eines Geschäftsführers nach § 15a GmbHG zugrunde gelegte Notlage durch die Bestellung des Masseverwalters derzeit behoben. Wegen der Möglichkeit einer Aufhebung des Konkurses ist aber dennoch ein aufrechtes Rechtsschutzinteresse der antragstellenden Gesellschaftsgläubiger in Ansehung ihres Rechtsmittelbegehrens auf Aufrechterhaltung der Vertretungsbefugnis des sogenannten Notgeschäftsführers anzuerkennen.

Die in der Konkurseröffnung über das Gesellschaftsvermögen und in der Bestellung eines neuen Geschäftsführers gelegenen Änderungen gegenüber dem dem registergerichtlichen Bestellungsbeschluss vom 2. November 1983, ON 21, zugrundegelegten Sachverhalt haben das Registergericht berechtigt, die Aufrechterhaltung seiner Anordnung zu prüfen. In der von den Rechtsmittelwerbern bekämpften Aufhebung der Bestellung des Wiener Rechtsanwalts zum Geschäftsführer nach § 15a GmbHG kann daher der im Revisionsrekurs behauptete Verstoß gegen die Bindungswirkung an einen rechtskräftigen Bestellungsbeschluss gelegen sein.

Nach dem Wortlaut des unbekämpft gebliebenen Punkts 2 des registergerichtlichen Beschlusses vom 16. Dezember 1983, ON 29, mag es zweifelhaft erscheinen, ob das Registergericht nur eine Eintragungsverfügung beabsichtigte, wie nach der Begründung seiner Entscheidung anzunehmen ist, oder die gerichtliche Bestellung eines neuen Notgeschäftsführers anstelle des bisherigen in der Person des nunmehrigen Alleingesellschafters. Das Registergericht hat jedenfalls mit der Bestellung des nunmehrigen Alleingesellschafters zum Geschäftsführer (sei es durch Gesellschafterbeschluss, sei es durch seine gerichtliche Entscheidung) die Voraussetzungen für die seinerzeitige Bestellung eines Wiener Rechtsanwalts zum sogenannten Notgeschäftsführer als weggefallen erachtet und aus diesem Grunde den mit Beschluss ON 21 gerichtlich bestellten Geschäftsführer seines Amts wieder enthoben. In der wertenden Beurteilung der oben erwähnten Sachverhaltsänderungen als Wegfall der Notwendigkeit für die weitere Vertretung der Gesellschaft durch einen gemäß § 15a GmbHG gerichtlich bestellten Geschäftsführer ist keine offenbare Gesetzwidrigkeit zu erblicken, zumal nach der Aktenlage kein Grund ersichtlich war, aus dem der neu bestellte Geschäftsführer von dieser Funktion gesellschaftsrechtlich ausgeschlossen sein sollte.

Die von den Rechtsmittelwerbern aufgeworfene Frage nach der Endigung der Funktion eines nach § 15a GmbHG gerichtlich bestellten Geschäftsführers durch Wegfall der dem Bestellungsbeschluss zugrundegelegten Notlage wie dies zu dem als Vorbild des § 15a GmbHG (vgl RV, 5 BlgNR XV. GP S 6) genommenen § 76 AktG vertreten (vgl Schiemer AktG, 265 in 2.5 zu § 76; Losert/Schiemer/Stadler AktG MGS Nr 11, S 99 in Abs 3 der Anm zu § 76) und daher auch für die Novellenbestimmung des § 15a GmbHG selbst angenommen wird ( Reich Rohrwig , Das österreichische GmbH Recht, 100; Feil/Gellis Komm 2 , 159 in Punkt 1 zu § 15a) ist im Anlassfall nicht zu prüfen, weil ohnedies eine registergerichtliche Entscheidung nach ausdrücklicher Prüfung des Berufungsgrundes erfolgte.

Mangels schlüssiger Darlegung eines im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.