JudikaturJustiz6Ob640/85

6Ob640/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Zehetner und Dr. Riedler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, Gesellschaft für Heizungs-, Sanitär- und Lufttechnik Gesellschaft m. b.H., Maria Enzersdorf am Gebirge, Gabrielerstraße 10, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) C Bau- und Handelsgesellschaft m.b.H., Wien 10., Filmteichstraße, Parzelle 7, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Dipl.Ing. Erwin D, Zivilingenieur für Bauwesen, Wien 19., Sieveringerstraße 182, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, 3.) Dr. Emanuel E, Kaufmann, Wien 4., Operngasse 26, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,055.387,71 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Mai 1985, GZ 2 R 67/85-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21. Dezember 1984, GZ 10 Cg 145/83-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird n i c h t stattgegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, an Kosten des Revisionsverfahrens sowohl dem Zweitbeklagten als auch dem Drittbeklagten je 18.449,10 S (darin an Barauslagen 1.200 S und an Umsatzsteuer 1.568,10 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine Gesellschaft m.b.H.; sie betreibt ein

Installationsunternehmen. Im dritten Quartal 1980 nahm sie insgesamt

fünf getrennte Aufträge zur Lieferung und Montage von Heizungs- und

Sanitärinstallationen in Neubauten (in Maria Enzersdorf, Grub,

Klosterneuburg, Bisamberg und Wien), an. Als Auftraggeber wurde in

den Auftragsschreiben jeweils (durch Stempelabdrucke im Briefkopf

und in der Absenderbezeichnung am Briefende) eine Gesellschaft

m. b.H. mit der Firma 'WARMWANDHAUS Bau- Vertriebsgesellschaft

m. b.H.' bezeichnet (Schreiben vom 14. Juli 1980 = Beilage D; vom

6. August 1980 = Beilage G; vom 14. August 1980 = Beilage L; vom

9. September 1980 = Beilage P und vom 15. September 1980 =

Beilage T). An diese adressierte die Klägerin auch ihre

Auftragsbestätigungsschreiben (Schreiben vom 29. Juli 1980 =

Beilage E; vom 7. August 1980 = Beilage H; vom 19. August 1980 =

Beilage M = Beilage 10; vom 12. September 1980 = Beilage Q und vom

23. September 1980 = Beilage U).

Eine Handelsfrau, ein Zivilingenieur für Bauwesen, der nunmehrige Zweitbeklagte, sowie ein Kaufmann, der nunmehrige Drittbeklagte, hatten am 3. Juli 1980 einen Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer Gesellschaft m.b.H. geschlossen. Nach dem Inhalt dieses Vertrages sollte die Gesellschaft den in den Auftragsschreiben verwendeten Firmenwortlaut haben; der Gegenstand des Gesellschaftsunternehmens wurde in folgenden Worten umschrieben:

'a) die Schaffung von Wohnungseigentum

b) die Erzeugung von Baustoffen und Bauelementen, der Bau und Verkauf von Häusern in konventioneller Bauweise sowie in Fertigteilbauweise und mit anderen am Markt vorhandenen Bauweisen, insbesondere derjenigen nach dem System 'Warmwandhaus'

c) der An- und Verkauf von Liegenschaften in bebautem und unbebautem Zustand

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Das gegenüber der Revisionswerberin für eine noch nicht im Handelsregister eingetragene Gesellschaft m.b.H. gesetzte rechtsgeschäftliche Verhalten der Revisionsgegner erfolgte ebenso wie die Eintragung der Gesellschaft noch im Jahre 1980, also vor dem Inkrafttreten der GmbHG-Novelle 1980, BGBl. Nr. 320 (vgl. Art. III § 1). Die Ansicht der Vorinstanzen, daß die Haftung der Revisionsgegner als 'Handelnde' nach der vor dem Inkrafttreten der erwähnten Novelle in Geltung gestandenen Rechtslage zu beurteilen ist, trifft zu.

Das festgestellte rechtsgeschäftliche Gesamtverhalten der

Revisionswerberin kann mangels gegenteiligen Vorbringens objektiv

nicht anders verstanden werden, als daß sie mit der Person in

rechtsgeschäftlichen Leistungsaustausch zu treten beabsichtigte, die

das mit der Errichtung der einzelnen Bauobjekte befaßte Unternehmen

betrieb. Als Unternehmensträger bezeichnete die Revisionswerberin

auf Grund des rechtsgeschäftlichen Verhaltens der Revisionsgegner die von diesen im Verein mit einer weiteren Handelsfrau gegründete, aber noch nicht in das Handelsregister eingetragene Gesellschaft. Sowohl die Revisionswerberin als auch die Revisionsgegner verwendeten zur Bezeichnung dieser Gesellschaft den nach dem damals aufrechten Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Firmenwortlaut. Durch die noch vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erfolgte Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde zwar der Firmenwortlaut völlig verändert und der Unternehmensgegenstand in einer für die bereits namens der Gesellschaft aufgenommene Tätigkeit belanglosen Weise erweitert, die Personen der Gründer und ihre Stammeinlagen blieben aber unverändert. Die Revisionswerberin hat nicht behauptet - und es wurden auch keinerlei Umstände festgestellt, aus denen dies zu folgern gewesen wäre -, daß für ihren Vertragsabschlußwillen der Firmenwortlaut ihrer Vertragspartnerin von irgendeinem ausschlaggebenden Einfluß gewesen wäre. Es ist daher davon auszugehen, daß die Firma, wie im Regelfall, nur die Funktion hatte, den Vertragspartner eindeutig zu bezeichnen. In dieser Sicht hat die Firmenänderung als bloßer Namenswechsel nicht nur nichts am Wesen der durch den Gesellschaftsvertrag vom 3. Juli 1980 errichteten Gesellschaft geändert, sondern auch nichts an den Umständen, die objektiv erkennbar für den Rechtsgeschäftswillen der Revisionswerberin maßgebend sein mochten. Mit anderen Worten, durch einen 'Eintritt' der Gesellschaft mit dem geänderten Firmenwortlaut anstelle der Gesellschaft mit dem ursprünglichen Firmenwortlaut wurde der Revisionswerberin kein Vertragspartner aufgedrängt, den sie nach objektiver Beurteilung beim Austausch der Rechtsgeschäftserklärungen im dritten Quartal 1980 nicht akzeptiert hätte. Dies aber ist entscheidend.

Im selben Sinne wurde die Wesensgleichheit einer errichteten Gesellschaft ungeachtet einer vor ihrer Eintragung in das Handelsregister vorgenommenen Firmenänderung in dem zu SZ 35/15 entschiedenen Rechtsfall angenommen (vgl. zur Identitätsfrage Grünberg in NZ 1915, 189 ff, 191 in P. 3 aE und diesem folgend Gellis KommzGmbHG 1 § 2 Anm. 15).

Für die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes gilt dasselbe. Da die für die Haftungsgrundlage bestimmende Personengruppe der Gründer, ihre Stammeinlagen und auch ihre Verpflichtungen gegenüber der eingetragenen Gesellschaft, aber auch deren Unternehmerrisiko vom Standpunkt eines Geschäftspartners in der Lage der Revisionswerberin gleichblieben (in Ansehung des letzten Punktes hat die diesbezüglich behauptungs- und beweispflichtige Revisionswerberin zumindest in erster Instanz nichts vorgebracht), bietet die Abänderung des Gesellschaftsvertrages der als Vertragspartnerin der Revisionswerberin bezeichneten Gesellschaft keinen triftigen Grund, sich gegen den (privativen) Eintritt der nun registrierten Gesellschaft in die Verträge zu wehren. Die im Schreiben der erstbeklagten Partei vom 12. Januar 1981 der Revisionswerberin gegenüber zum Ausdruck gebrachten Stellungnahme ist als schlüssige Genehmigung der zur Klagsgrundlage herangezogenen Rechtsgeschäfte zu werten. Diese Genehmigung befreite im Sinne der Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der GmbHG-Novelle 1980 die Revisionsgegner, falls die Voraussetzungen einer Haftung nach Art. 8 Nr. 11 der 4. EVHGB bestanden haben sollten, von einer solchen Haftung gegenüber der Revisionswerberin. Die Haftung des vollmachtslos Handelnden nach der zitierten Gesetzesstelle beruht darauf, daß mit dem scheinbar Vertretenen keine Vertragsbeziehung zustandegekommen ist (aber mangels entsprechender Willenseinigung auch nicht mit einer anderen Person, insbesondere nicht mit dem falsus procurator), der gutgläubige Dritte aber zu schützen sei. Das vollmachtslos abgeschlossene Geschäft ist durch entsprechende Erklärung des nur scheinbar Vertretenen sanierbar. War nun das Verhalten der Revisionsgegner nach der zur Zeit ihres Handelns anzuwendenden Rechtslage wie das eines vollmachtslos handelnden Vertreters zu beurteilen, dann wurde zunächst keine voll wirksame rechtsgeschäftliche Beziehung im Sinne der gewechselten Rechtsgeschäftserklärungen hergestellt, sondern nur eine, solange die Bindung der Revisionswerberin nicht erloschen war, durch Genehmigung der Gesellschaft nach ihrer Eintragung in das Handelsregister der Gesellschaft nach ihrer Eintragung in das Handelsregister sanierbare Rechtsgeschäftslage, wobei mangels Genehmigung die Rechtsfolgen nach Art. 8 Nr. 11 der 4. EVHGB einzutreten hatten. Es blieb aber kein Raum für eine Schuldübernahme im technischen Sinne oder für die Haftung irgendeiner Rechtsperson, sei es als kaufmännisches oder nichtkaufmännisches Rechtssubjekt. Die Vorinstanzen haben daher ohne Rechtsirrtum eine Haftung der Revisionsgegner wegen ihres Handelns im Namen der noch nicht registrierten Gesellschaft verneint. Die Klägerin hat sich zwar in der Klage 'auf sämtliche anwendbare Tatbestände' gestützt, ungeachtet der Feststellung, daß für die noch nicht in das Register eingetragene Gesellschaft wie für eine werbende Gesellschaft gehandelt wurde, aber doch keine konkreten Tatsachen behauptet, aus denen eine Haftung der Revisionsgegner etwa kraft eigener Geschäftsherrneigenschaft oder infolge deliktischen Eingriffes in Gläubigerschutzrechte der Revisionswerberin schlüssig abzuleiten gewesen wären. Daran gehen die Revisionsausführungen über eine Scheinkaufmannseigenschaft der F Bau Vertriebsgesellschaft m.b.H. und über die Unwirksamkeit einer Schuldübernahme ebenso vorbei wie die Ausführungen zu einer Haftung der Revisionsgegner wegen Verletzung von Vorschriften zur Gesellschaftsgründung.

Der Revision war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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