JudikaturJustiz6Ob291/03t

6Ob291/03t – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R*****gesellschaft mbH und 2. Anton R*****, beide vertreten durch Dr. Georg Uher, Rechtsanwalt in Mistelbach, gegen die beklagte Partei Österreichischer Rundfunk, 1136 Wien, Würzburggasse 30, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 53.063,94 EUR, Feststellung und öffentlichen Widerrufs kreditschädigender Behauptungen, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. September 2003, GZ 5 R 87/03f-21, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 12. Februar 2003, GZ 37 Cg 1/02d-16, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 36/89 (SZ 64/36 = ÖBl 1991, 161 = JBl 1991, 796) jeweils im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob sich die beklagte Partei die in der Fernsehsendung gefallenen Äußerungen des Moderators, des Redakteurs und eines darin zu Wort kommenden Detektivs zurechnen lassen muss. Das Erstgericht hat die Haftung der beklagten Partei auch für die Äußerungen dieses Detektivs bejaht, während das Berufungsgericht hiezu nicht eindeutig Stellung bezog. Diese Frage ist aber nicht entscheidungswesentlich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Detektiv selbst einen redaktionellen Beitrag verfasst hat oder ob die diesbezügliche Feststellung des Erstgerichtes korrigierend dahin zu verstehen ist, dass er bloß in dem eingespielten redaktionellen Beitrag auftrat, wie das Berufungsgericht ausführte. Entscheidend ist vielmehr, dass das Berufungsgericht im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichtes den Inhalt der Sendung insgesamt - aus der damaligen Sicht der verantwortlichen Mitarbeiter der beklagten Partei - als wahrheitsgemäße Darstellung der kritisierten Vorgänge im Zusammenhang mit der von einer Baugesellschaft betriebenen Baustelle und den Firmenverflechtungen der beteiligten Unternehmen wertete. Das Berufungsgericht hat hiezu in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dargelegt, dass auf Widerruf einer kreditschädigenden Behauptung und Schadenersatz im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB nur derjenige in Anspruch genommen werden kann, der die Unwahrheit der von ihm verbreiteten Mitteilung zumindest kennen musste (RIS-Justiz RS0031859). Ob die Mitarbeiter der beklagten Partei auf Grund der gegebenen Umstände ausreichend Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihnen verbreiteten Tatsachenmitteilungen hatten und sie daher als wahr ansehen konnten, hängt von den besonderen Umständen dieses Einzelfalles ab. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Mitarbeiter der beklagten Partei ihre journalistischen Sorgfaltspflichten nicht verletzt haben, kann eine im Rahmen der außerordentlichen Revision aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.

Es trifft vielmehr zu, dass nach dem damals aktuellen Stand des Firmenbuches die Erstklägerin, deren alleiniger Geschäftsführer der Zweitkläger war, die alleinige Gesellschafterin der S***** war, gegen die sich die in der Sendung erhobenen Vorwürfe wie die Beschäftigung von Schwarzarbeitern und anderen Unregelmäßigkeiten bei der Bauabwicklung richteten. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen waren diese Missstände dem Zweitkläger vor der Sendung bereits mehrmals mitgeteilt worden. Dass er offengelegt hätte, die Erstklägerin sei lediglich Treuhänderin der Geschäftsanteile an der S*****, ist nicht erwiesen. Der durch den Inhalt und die Gestaltung der Sendung beim Publikum erweckte den Eindruck, dass die Kläger für die aufgezeigten gesetzwidrigen Vorgänge mitverantwortlich seien, findet seine Stütze darin, dass Gesellschafter befugt sind, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Den Gesellschaftern kommt eine umfassende Kontrollzuständigkeit gegenüber der Geschäftsführung zu (Koppensteiner, GmbHG2 § 20 Rz 9, § 35 Rz 29). Die Gesellschafter (in ihrer Gesamtheit) sind das oberste Willensbildungsorgan der Gesellschaft. Die Gesellschafterversammlung kann jede Angelegenheit an sich ziehen und für den Geschäftsführer bindend entscheiden; ihre wichtigste Kompetenz besteht in der Befugnis zur Erteilung bindender Weisungen in Geschäftsführungsangelegenheiten (4 Ob 544/90 = RdW 1991, 76). Die Mitarbeiter der beklagten Partei konnten davon ausgehen, dass die Kläger durch ein entsprechendes Eingreifen die aufgezeigten Missstände abstellen hätten können.

Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).