JudikaturJustiz6Ob239/11g

6Ob239/11g – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. November 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Innsbruck zu FN ***** eingetragenen F***** Bauträger GmbH Co KEG F***** mit dem Sitz in I***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und der Geschäftsführer der Komplementärin F***** Bauträger GmbH (FN *****), Dr. A***** S*****, und S***** E*****, alle vertreten durch Arnold Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 21. September 2011, GZ 3 R 157/11d 10, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/11f mit eingehender Begründung ausgesprochen, dass die Regelung des § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 nicht gegen Unionsrecht verstößt und dagegen auch keine innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Dies entspricht mittlerweile der gefestigten Judikatur des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 142/11t; 6 Ob 63/11z ua).

2. Ebenso hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass bei Verhängung von Zwangsstrafen gegen die Gesellschaft und die Geschäftsführer von keiner unzulässigen Doppelbestrafung die Rede sein kann; die Verhängung mehrerer Strafen ist diesfalls nur Folge des Umstands, dass mehrere Personen ihre Handlungspflichten verletzt haben (6 Ob 129/11f). Ebenso ist die mehrfache Verhängung von Zwangsstrafen dann unbedenklich, wenn mehrere Rechtsverstöße, etwa wiederholte Säumnisse mit der Vorlage desselben Jahresabschlusses oder Säumnisse bei der Vorlage mehrerer Jahresabschlüsse, vorliegen.

3.1. Ebenso entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren auch dann zu verhängen ist, wenn der Jahresabschluss nach Erlassung der Zwangsstrafverfügung nachträglich vorgelegt wird (RIS Justiz RS0126978).

3.2. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien 4 R 188/11p, 189/11k, 190/11g, 191/11d und 4 R 313/10v, 4 R 314/10s) stammen nicht vom Obersten Gerichtshof. Für die Annahme, dass viele Jahre zurückliegende Jahresabschlüsse nicht mehr vorgelegt werden müssten und deren Vorlage nicht erzwungen werden könnte, bieten §§ 277 ff UGB nicht die geringste Grundlage. Vielmehr sind nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Zwangsstrafen auch dann zu verhängen, wenn die Vorlage von mehrere Jahre zurückliegenden Jahresabschlüssen erzwungen werden soll (RIS Justiz RS0116107). Dem Informationsbedürfnis Dritter wird umso eher entsprochen, je kontinuierlicher Wirtschaftsdaten zur Verfügung stehen, weswegen selbst die Vorlage eines aktuellen Jahresabschlusses eine Vorlage vorangehender Jahresabschlüsse nicht obsolet macht (RIS Justiz RS0116107 [T1]).

4. Die Ausführungen der Revisionsrekurswerber über die angeblich nicht ausreichende Sachverhaltsermittlung durch die Vorinstanzen gehen ins Leere. Abgesehen davon, dass der im Außerstreitverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nicht bedeutet, dass sämtliche erdenkliche Beweise aufgenommen werden müssten (RIS Justiz RS0043368), vermögen die Revisionsrekurswerber nicht aufzuzeigen, welche konkreten Beweise die Vorinstanzen hätten aufnehmen müssen und zu welchen konkreten anderen Sachverhaltsfeststellungen diese bei Aufnahme der beantragten Beweise gelangt wären.

5.1. Schon der Firmenwortlaut „F***** Bauträger GmbH Co KEG F*****“ indiziert, dass die Gesellschaft unternehmerisch tätig ist. Die Revisionsrekurswerber haben zudem die Vermietung von 12 Wohnungen ausdrücklich zugestanden. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage vom Vorliegen unternehmerischer Tätigkeit ausgingen, ist darin kein vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender Rechtsirrtum zu erblicken.

5.2. Damit ist die Erstrevisionsrekurswerberin nach § 189 Abs 1 Z 1 iVm § 221 Abs 5 UGB unabhängig von der Überschreitung einer Umsatzgrenze rechnungslegungspflichtig ( S. Bydlinski in Krejci , Reformkommentar UGB/ABGB § 189 UGB Rz 10 und 16; U. Torgler , GBU 2008/12/08 [Anm zu 2 Ob 225/07p]; OLG Wien NZ 2002/94). Dies gilt auch für Personengesellschaften, die noch wie die Erstrevisionsrekurswerberin als KEG in das Firmenbuch eingetragen wurden.

5.3. In einem derartigen Fall sind Zwangsstrafen über die Geschäftsführer der vollhaftenden Kapitalgesellschaft zu verhängen (6 Ob 66/04f; 6 Ob 271/99t).

6. Auch den Revisionsrekursausführungen zur Höhe der verhängten Strafen kann nicht gefolgt werden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass sowohl die Einführung einer Mindeststrafe von 700 EUR (§ 283 Abs 3 UGB) als auch die Verhängung von Strafen gegen die Gesellschaft und den Geschäftsführer durch das Budgetbegleitgesetz 2011 verfassungsrechtlich unbedenklich sind (RIS Justiz RS0126979).

7. Zusammenfassend bringen die Revisionsrekurswerber daher keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

Rechtssätze
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