JudikaturJustiz6Ob219/97t

6Ob219/97t – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton H*****, vertreten durch Dr.Andreas A.Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr.Thomas Höhne, Rechtsanwalt in Wien, wegen 365.661,09 S und Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28.November 1996, GZ 40 R 724/96h-23, womit infolge Berufungen beider Parteien das Teilurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26.Juli 1996, GZ 41 C 134/95a-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 14.490 S (darin 2.415 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 6.4.1994 wurde zwischen dem Kläger als Verpächter und der "G***** GesmbH in Gründung, vertreten durch den Geschäftsführer Luigi G*****" als Pächterin ein Pachtvertrag über ein Kaffeehaus geschlossen, der von Luigi G***** mit dem Beisatz "als Geschäftsführer für die G*****" unterfertigt wurde. Der Pachtvertrag enthält unter anderem ein Verzicht des Pächters auf Aufrechnungen von Gegenforderungen sowohl gegen den Pachtschilling als auch gegen alle sonstigen Forderungen des Verpächters aus diesem Vertrag (unter anderem Ersatz der Miete und Betriebskosten). Erst nach Abschluß des Pachtvertrages wurde der Gesellschaftsvertrag für die zu gründende GesmbH abgeschlossen, die Gesellschaft wurde am 2.6.1994 in das Firmenbuch eingetragen.

Der Kläger begehrte insgesamt 365.661,09 S an rückständigen Pachtzinsen und Mietzinsersatz sowie die Räumung des Geschäftslokales.

Die Beklagte machte unter anderem Gegenforderungen aus Aufwendungen auf das Bestandobjekt und Inventar sowie Zinsminderungsansprüche wegen teilweiser Unbrauchbarkeit des Lokales geltend.

Das Erstgericht sprach mit Teilurteil aus, daß eine eingeklagte Teilforderung von 358.679,83 S mit 310.948,72 S zu Recht bestehe, wies den Antrag der Beklagten, die Klageforderung bis zur Höhe des Klagebetrages mit Gegenforderungen aufzurechnen, ab, verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 310.948,72 S und behielt die Entscheidung über die weitere Geldforderung sowie das Zinsen-, Räumungs- und Kostenbegehren dem Endurteil vor.

Zur eingewendeten Gegenforderung führte es aus, es bestehe ein vertragliches Aufrechnungsverbot. § 6 Abs 1 Z 8 KSchG komme nicht zur Anwendung, weil der in § 1 Abs 3 leg cit vorgesehene Verbraucherschutz ausschließlich natürlichen Personen zugute komme. Die Beteiligung einer natürlichen Person an Gründungsgeschäften für eine erst zu gründende juristische Person falle schon nach dem Wortlaut des § 1 Abs 3 nicht unter den Verbraucherschutz.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs 3 KSchG komme ein Verbraucherschutz für werdende Unternehmen nur dann in Betracht, wenn der werdende Unternehmer eine natürliche Person sei. Bei Beteiligung einer natürlichen Person an Gründungsgeschäften einer erst zu gründenden juristischen Person werde im Gegensatz zu Kosesnik-Wehrle (KSchG2, 28) von Krejci (in Rummel2 Rz 51, 36 zu § 1 KSchG) eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 1 Abs 3 über den Wortlaut hinaus wegen der erhöhten Schutzwürdigkeit der dann haftenden natürlichen Personen (§ 2 Abs 1 GmbHG) vertreten. Eine solche ausdehnende Interpretation könnte lediglich für den hier nicht vorliegenden Fall von Ansprüchen gegen die natürliche Person aus Gründungsgeschäften ins Auge gefaßt werden. Die angedeutete zwingende Gleichbehandlung von juristischen Personen und für sie im Gründungsstadium auftretenden natürlichen Personen sei aus dem Schutzzweck des § 1 Abs 3 KSchG jedenfalls nicht erklärbar. Die Beklagte als juristische Person mit Unternehmereigenschaft müsse daher den vertraglichen Kompensationsausschluß gegen sich gelten lassen.

Weil zur Frage der Anwendbarkeit des § 1 Abs 3 KSchG auf die Beteiligung einer natürlichen Person an Gründungsgeschäften einer noch zu gründenden juristischen Person keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, hat das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht vor. Seit der in SZ 68/152 veröffentlichten Entscheidung vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, daß dem Verbraucher, der ein Gründungsgeschäft als zukünftiger Kaufmann abschließt, der Schutz des KSchG zugute kommt. § 1 Abs 3 KSch trage dem vom Gesetzgeber angenommenen Umstand Rechnung, daß dem Verbraucher typischerweise die unternehmerische Erfahrung, die nötige Branchenkenntnis fehle. In diese Annahme beziehe der Gesetzgeber auch den künftigen Unternehmer ein, der Vorbereitungsgeschäfte für seine unternehmerische Tätigkeit abschließe, obwohl man ihm entgegenhalten könnte, daß sich werdende Unternehmer idR auf eine künftige Tätigkeit vorbereiten werden, um die erforderliche Branchenkenntnis rechtzeitig zu erlangen, damit sie nicht zu Schaden kommen (vgl Krejci aaO Rz 48 zu § 1 KSchG). Die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, für diese Phase künftiger Unternehmertätigkeit noch Verbraucherschutz zu gewähren, müsse für alle künftigen Unternehmer - wenn auch eingeschränkt auf natürliche Personen - gelten, gleichgültig, ob die von ihnen abgeschlossenen Vorbereitungsgeschäfte wegen ihrer künftigen Kaufmannseigenschaft Handelsgeschäfte sind oder nicht. Für den Schutz der Vorbereitungsgeschäfte könne es keinen Unterschied machen, ob der künftige Unternehmer Minderkaufmann nach § 4 HGB werde oder, weil sein Unternehmensgegenstand ein von der Tätigkeit als Minderkaufmann ausgeschlossenes Gewerbe betreffe, Nichtkaufmann bleibe. Daher sind Gründungsgeschäfte eines Verbrauchers, der Kaufmann wird, Verbrauchergeschäfte.

Der Oberste Gerichtshof hat daher den Anwendungsbereich des § 1 Abs 3 KSchG dessen klarem Wortlaut entsprechend auf Gründungsgeschäfte natürlicher Personen eingeschränkt. Ein Gesellschafter einer GesmbH, der im Gründungs- oder Vorgründungsstadium für die in der Folge errichtete GesmbH Geschäfte abschließt, wird aber in der Folge nicht Unternehmer, die GesmbH ist eine selbständige juristische Person, sie ist als solche die Unternehmerin. Im vorliegenden Fall wäre aber, selbst wenn man entgegen dieser Rechtsprechung und auch entgegen § 2 GmbHG die Verbraucherschutzbestimmungen auch auf Rechtsgeschäfte von Gründungsgesellschaftern einer GesmbH anwenden wollte, diese Rechtsansicht äußerstenfalls bei geltend gemachten Ansprüchen gegen die natürliche Person - also bei Inanspruchnahme deren Haftung - vertretbar, keineswegs aber bei solchen gegen die juristische Person, in deren Namen im Gründungsstadium der Vertragsabschluß erfolgte. Das im Pachtvertrag vereinbarte Aufrechnungsverbot ist daher gültig.

Dem Kläger, der auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen und deren Zurückweisung beantragt hat, waren nach §§ 41 und 50 die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzuerkennen.