JudikaturJustiz6Ob133/20g

6Ob133/20g – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch B S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. A*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, 2. L*****, vertreten durch Lanker Obergantschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 287.373,97 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. März 2020, GZ 5 R 160/19t 142, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Einer Arbeiterkammer kommt bei Produkttests aufgrund des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung für ihre Veröffentlichungen, ihre Untersuchungsmethoden und die vorgenommenen Wertungen ein erheblicher Spielraum zu, den sie benötigt, um ihrer Aufgabe, in Angelegenheiten des Konsumentenschutzes Maßnahmen zu treffen (§ 4 Abs 2 Z 5 Arbeiterkammergesetz 1992), gerecht werden zu können (6 Ob 238/15s; vgl auch bereits 6 Ob 52/09d).

2. Die Auslegung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung hat nach dem Verständnis eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers (§ 1297 ABGB) zu erfolgen. Maßgeblich ist jeweils der Gesamtzusammenhang und der dadurch vermittelte Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen; dabei ist das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder Durchschnittshörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden maßgebend (RS0031883). Wegen ihrer regelmäßigen Einzelfallbezogenheit bildet die Auslegung einer Erklärung im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

3. Eine deliktische Haftung nach § 1330 ABGB setzt schuldhaftes, sohin zumindest fahrlässiges Verhalten voraus (6 Ob 161/97p). Dabei hat der Kläger die fahrlässige Unkenntnis oder sogar Kenntnis des Beklagten von der Unwahrheit seiner Behauptungen zu beweisen (vgl RS0031775; RS0031859; 6 Ob 143/13t).

4. Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht abgewichen. Wenn das Berufungsgericht in Anbetracht des Umstands, dass die erstbeklagte Partei die Untersuchung durch eine anerkannte Lebensmitteluntersuchungsanstalt vornehmen ließ, zu dem Ergebnis gelangte, dass der Erstbeklagten kein Verschulden zur Last fällt, sondern sie vielmehr darauf vertrauen durfte, dass die Lebensmitteluntersuchungsanstalt die gesetzlichen und fachlichen Standards für Lebensmittelüberprüfungen und anerkannte Methoden einsetzt, ist dies nicht zu beanstanden. Aufgrund einer scheinbaren Diskrepanz zwischen dem mikrobiologischen und dem sensorischen Untersuchungsergebnis hat eine Mitarbeiterin der Erstbeklagten zudem den Testleiter bei der Zweitbeklagten telefonisch kontaktiert. In der Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich die Erstbeklagte auf dessen Auskunft, eine solche Diskrepanz komme vor und auch eine mikrobiologische in Ordnung befundene Lebensmittelprobe könne zum Verkehr ungeeignet sein, habe verlassen können, ist keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Dies gilt auch für die weitere Auffassung des Berufungsgerichts, die Erstbeklagte habe sich nach den Reklamationen der Klägerin auf die Auskunft der Zweitbeklagten verlassen können, die von der Klägerin vorgelegten Prüfergebnisse würden einen anderen Fisch als den von der Zweitbeklagten befundeten betreffen, sodass die Prüfungsergebnisse nicht vergleichbar wären.

5. Zusammenfassend bringt die klagende Partei daher keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.