JudikaturJustiz6Ob106/98a

6Ob106/98a – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Candidus C*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr.Ronald D*****, Inhaber der Firma A*****, wider die beklagte Partei Walter P*****, vertreten durch Dr.Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in Graz, wegen Herausgabe eines Motorbootes (Streitwert 120.000,-- S), infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13.Jänner 1998, GZ 5 R 215/97w-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7.Juli 1997, GZ 13 Cg 165/96i-22, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 30. Oktober 1997, GZ 13 Cg 165/96i-25, abgeändert und das Klagebegehren abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 8.112,-- S (darin 1.352,-- S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte kaufte am 20.11.1995 beim späteren Gemeinschuldner ein neues Motorboot. Er leistete eine Anzahlung von 200.000 S und bot dem Verkäufer im Eintauschweg ein gebrauchtes altes Boot zum Kauf an. Darüber wurde ein eigener Kaufvertrag abgeschlossen (Beil 3). P G 2. der dem Kaufvertrag angeschlossenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen lautete:

"Mit der Unterfertigung des Kaufvertrages wird das Eintauschboot an den Verkäufer übereignet und von ihm in Besitz genommen. Gleichzeitig mit der Übereignung sind die Eignerpapiere übergeben worden. Sollte dem Käufer das Recht eingeräumt werden, das Eintauschboot nach Kaufabschluß noch zu nutzen, handelt es sich hiebei lediglich um ein Nutzungsrecht auf jederzeitigen Widerruf durch den Verkäufer".

Eine tatsächliche Übergabe des alten Bootes an den Verkäufer erfolgte nicht. Das vom Beklagten verkaufte alte Boot stand im Eigentum der Gattin des Beklagten. Über das Vermögen des Verkäufers des neuen Bootes wurde am 13.2.1996 das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Der restliche Kaufpreis für das neue Boot wurde vom Beklagten nicht bezahlt.

Der klagende Masseverwalter begehrt die Herausgabe des dem Gemeinschuldner verkauften gebrauchten Bootes. Der Kaufvertrag sei bei Konkurseröffnung noch nicht zur Gänze erfüllt gewesen. Der Kläger sei gemäß § 21 Abs 1 KO vom Kaufvertrag zurückgetreten. Das Boot habe nach den Vertragsbestimmungen als bereits dem Gemeinschuldner übergeben zu gelten und stehe daher in dessen Eigentum.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß das Boot nach wie vor im Eigentum seiner Frau stehe. Der Gemeinschuldner sei mangels Übergabe (modus) nicht Eigentümer des Bootes geworden. Diesem seien die Eignerpapiere nicht übergeben worden. Mit dem Rücktritt des Masseverwalters vom Kaufvertrag über das neue Boot sei auch der Kaufvertrag über das Eintauschboot "hinfällig".

Der Kläger replizierte, daß ihm die Eigentumsverhältnisse am Eintauschboot nicht bekannt seien. Dem Gemeinschuldner (als Käufer) sei nicht angedeutet worden, daß das Boot nicht im Eigentum des Beklagten stehe. Der Gemeinschuldner sei als redlicher Erwerber anzusehen, "der im Sinne des § 368 ABGB Eigentum" erworben habe. Die Übergabe sei mittels Besitzkonstituts nach § 428 ABGB erfolgt. Eignerpapiere hätten keine eigentumsbegründende Funktion. In der Tagsatzung vom 8.10.1996 räumte der Kläger dem Beklagten eine Lösungsbefugnis vom Herausgabeanspruch durch Zahlung von 120.000 S ein (S 1 zu ON 6).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es beurteilte den im wesentlichen schon wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß nach dem Kaufvertrag das Boot bereits mit der Unterfertigung des Kaufvertrages in das Eigentum des Käufers übergegangen sei. Die Vertragsbestimmung sei nicht sittenwidrig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Die Klage auf Herausgabe des Kaufobjektes könne nur Erfolg haben, wenn der Kläger sowohl sein Eigentum als auch die Innehabung der Sache durch den Beklagten zum Zeitpunkt der Klageführung oder bei Schluß der Verhandlung bewiesen hätte. Der Gemeinschuldner habe am Eintauschboot nicht Eigentum erworben. Die Eigentümerschaft der Gattin des Beklagten sei außer Streit gestellt worden. Die Redlichkeit des Gemeinschuldners beim Erwerb vom Nichteigentümer begründe noch keinen Eigentumserwerb, wenn nicht einer der drei Fälle des § 367 ABGB vorliege. Der Kläger habe zwar seine Redlichkeit im Sinne des § 368 ABGB behauptet, nicht aber einen der drei Fälle der zitierten Gesetzesstelle geltend gemacht. Trotz der Redlichkeit des Käufers sei daher davon auszugehen, daß das Eintauschboot vom Nichteigentümer erworben worden sei, sodaß der Gemeinschuldner Eigentum nicht erlangt habe. Damit erübrige es sich, auf die Frage einzugehen, ob der modus des Eigentumserwerbes im Sinne des § 428 ABGB eingehalten worden sei. Bei der Feststellung des Erstgerichtes, die Gattin des Beklagten habe diesen zum Abschluß eines Kaufvertrages ermächtigt, handle es sich um eine überschießende Feststellung, der keine Parteibehauptungen zugrundelägen. Mangels Anfechtung der Feststellung seien die möglichen Auswirkungen zu erörtern, ob der Beklagte das Eintauschboot als mittelbarer Stellvertreter verkauft habe. Der Vertretene werde aber nur berechtigt und verpflichtet, wenn die Stellvertretung offenkundig oder dem Gläubiger bekannt gewesen sei. Dazu fehle es an jeglichem Vorbringen. Anhaltspunkte für eine offenkundige mittelbare Stellvertretung lägen nicht vor. Der Kaufvertrag hätte daher nur Rechtswirkungen zwischen dem Gemeinschuldner und dem Beklagten erzeugt. Da der Gemeinschuldner nicht Eigentümer des Eintauschbootes geworden sei, müsse nur noch ausgeführt werden, daß nach ständiger Rechtsprechung eine Rücktrittserklärung nach § 21 KO nicht zu einer Aufhebung des Vertrages ex tunc führe, sondern lediglich die weitere Erfüllung des Vertrages unterbleibe, sodaß selbst bei einem hier anzunehmenden einheitlichen Umsatzziel durch die beiden Verkäufer über das neue Boot und das Eintauschboot nichts gewonnen wäre, weil kein Fall einer vollständigen Rückabwicklung vorliege.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision wegen Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zulässig sei.

Mit seiner Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt erkennbar (durch Bestreitung der Zulässigkeit) die Zurückweisung der Revision; hilfsweise wird beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes über die Behauptungs- und Beweislast zum Thema eines gutgläubigen Eigentumserwerbs des Käufers ist entgegen der Auffassung des Revisionswerbers durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckt. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, er habe den Eigentumserwerb des Gemeinschuldners nach § 367 ABGB behauptet und nachgewiesen. Der Gemeinschuldner habe redlich auf die Eigentümereigenschaft des verkaufenden Beklagten vertraut und Eigentum durch die Vertragserklärung im Wege eines Besitzkonstitutes erworben. Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht stelle einen "unerträglichen Formalismus" dar. Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, daß der Kläger tatsächlich keinen sein Eigentumsrecht begründenden Sachverhalt behauptet hat, weil nur behauptet wurde, daß der Verkäufer bei Vertragsabschluß Eigentümer des Bootes gewesen sei. Diese allein geltend gemachte Rechtsgrundlage für den Herausgabeanspruch wurde nicht nachgewiesen. Zu Recht verweist das Berufungsgericht auf die verschiedenen denkmöglichen Varianten eines Gutglaubenserwerbs nach § 367 ABGB, von denen hier allerdings nach der Behauptung des Beklagten, das Boot sei im Eigentum seiner Gattin gestanden, nur der dritte Fall in Frage kommt, also der Erwerb von einem Vertrauensmann des Eigentümers. Dieser setzt voraus, daß die verkaufte Sache dem Verkäufer anvertraut worden wäre, sich also in der Gewahrsame des Verkäufers befunden hätte, wobei Lehre und Rechtsprechung sogar von einer ausschließlichen Gewahrsame ausgehen (SZ 39/189; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 9 zu § 367 mwN; Koziol/Welser, Grundriß II10 83). Derartiges wurde weder behauptet noch festgestellt. In Verfahren ohne Untersuchungsgrundsatz müssen die Parteien den anspruchsbegründenden oder anspruchsvernichtenden Sachverhalt behaupten. Die Behauptungs- und Beweislast trifft die Partei jeweils für die Tatsachen, die für sie günstig sind (2 Ob 2390/96a mwN uva). Bei (unstrittiger) fehlender Eigentümereigenschaft des Verkäufers hätte daher der Käufer (hier also der Kläger) die Voraussetzungen für einen Gutglaubenserwerb behaupten und beweisen müssen. Von einer Überspannung der Behauptungslast kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Der Kläger hat ein Vorbringen lediglich zu der Redlichkeit des Käufers dahin erstattet, daß er der Meinung gewesen sei und auch habe sein dürfen, daß der Beklagte Eigentümer des Bootes sei. Damit hat der Kläger den notwendigen rechtsbegründenden Sachverhalt aber nur unvollständig dargestellt, was die Unschlüssigkeit der Klage bewirkt. Die Redlichkeit ist nur ein Tatbestandsmerkmal einer Mehrzahl denkmöglicher Rechtsgründe, die einen Herausgabeanspruch rechtfertigen könnten. Neben § 367 ABGB kommt etwa auch ein Sachverhalt in Frage, wonach dem Verkäufer vom Eigentümer der Sache ein Verkaufsauftrag erteilt worden wäre (§§ 1086, 1088 ABGB). Diesfalls genügte die Überzeugung des gutgläubigen Dritten von der Veräußerungsbefugnis und nicht - wie bei § 367 ABGB - vom Eigentum des Vormannes (vgl dazu 10 Ob 347/97w). Wenn zur Stützung eines Klageanspruchs ein Rechtsgrund geltend gemacht, aber nicht nachgewiesen wird, so ist es in dem vom Beibringungsgrundsatz beherrschten Zivilprozeß Sache der Partei, einen oder mehrere andere Rechtsgründe geltend zu machen und den entsprechenden Sachverhalt vollständig vorzutragen. Hier hat der Kläger seinen Herausgabeanspruch nur darauf gestützt, daß der Beklagte als Verkäufer Eigentümer des Kaufobjektes gewesen sei. Auf die vom Erstgericht überschießend festgestellte Verkaufsermächtigung durch die Gattin des Beklagten hat er sich ebensowenig berufen wie auf einen Fall des § 367 ABGB. Eine Wahrnehmungspflicht hinsichtlich überschießender Feststellungen kommt nach ständiger Rechtsprechung ohnehin nur in Frage, wenn die Feststellungen in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes fallen (JBl 1986, 121; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 32 vor § 266), was der Revisionswerber hier nicht einmal behauptet. Da das Berufungsgericht in der Frage der Behauptungs- und Beweislast nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist, liegen keine erheblichen Rechtsfragen vor. Die Revision ist unzulässig und daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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