JudikaturJustiz6Nd2/94

6Nd2/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. November 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Franz S*****, vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Oberstleutnant Dr.Rüdiger O***** , wegen Widerruf, Unterlassung und Veröffentlichung (Gesamtstreitwert 200.000 S), infolge Antrages der klagenden Partei gemäß § 28 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt, gestützt auf § 1330 Abs 2 ABGB, vom beklagten, in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften deutschen Rezensenten seines Buches "G*****" Widerruf, Unterlassung und Urteilsveröffentlichung und beantragt die Bestimmung der Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes nach § 28 JN. Der Beklagte habe seine Rezension zwar in Deutschland verfaßt, jedoch werde diese Publikation des Beklagten auch in Österreich vertrieben, sei in jeder Buchhandlung erhältlich und liege darüber hinaus in öffentlichen Bibliotheken auf. Es sei daher eine starke Inlandsbeziehung gegeben. Darüber hinaus sei die Rechtsverfolgung für den Kläger im Ausland unzumutbar, weil eine allfällige Entscheidung eines ausländischen Gerichtes auf Veröffentlichung wiederum in Österreich vollstreckt werden müßte; dies würde eine enorme Kostspieligkeit des Verfahrens nach sich ziehen. Im übrigen sei auch österreichisches Recht anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag des Klägers ist nicht berechtigt.

Nach nunmehr herrschender Lehre und Rechtsprechung besteht die österreichische inländische Gerichtsbarkeit in Zivilsachen für alle Rechtssachen, die durch positive gesetzliche Anordnung, durch völkerrechtliche Regeln oder zufolge eines durch die inländischen Verfahrensordnungen anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland vor die österreichischen Gerichte verwiesen sind (RdW 1994, 313 mwN; SZ 62/101 = JBl 1990, 396 mit Anm Pfersmann; SZ 62/31 ua; Fasching, Lehrbuch2 RZ 76). Besteht eine ausreichende inländische Nahebeziehung wie hier, fehlt es aber an einem inländischen Gerichtsstand, hat § 28 JN Abhilfe zu schaffen (RdW 1994, 313 mwN). Nach § 28 Abs 1 Z 2 JN hat der Oberste Gerichtshof, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Die Bestimmung der Zuständigkeit (Ordination) durch den Obersten Gerichtshof setzt somit - außer bei Vorliegen einer hier fehlenden völkerrechtlichen Regelung (§ 28 Abs 1 Z 1 JN) - eine hinreichende Nahebeziehung zum Inland voraus. Aus dem Vorhandensein einer solchen hinreichenden Nahebeziehung allein folgt jedoch noch nicht die inländische Gerichtsbarkeit. Für die Rechtsverfolgung im Inland muß darüber hinaus ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein (RdW 1994, 313 mwN; Mayr in Rechberger, Rz 4 zu § 28 JN mwN). Als solche kommt die Unzumutbarkeit oder unverhältnismäßige Erschwerung der Rechtsverfolgung im Ausland oder die fehlende gegenseitige Anerkennung und Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen in Betracht (ÖBl 1989, 61; Mayr aaO Rz 6 zu § 28 JN mwN). Eine Rechtsverfolgung in Deutschland ist aber weder unzumutbar noch mit unverhältnismäßigen Erschwerungen verbunden. Der Umstand, daß mit der Bundesrepublik Deutschland ein Staatsvertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen abgeschlossen wurde (BGBl 1960/105), zeigt, daß der Gesetzgeber von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit des in der Bundesrepublik Deutschland gewährten Rechtsschutzes ausgeht (RdW 1994, 313; IPrax 1984, 214; SZ 51/34 ua). Ist im Ausland - wie hier - ausreichender Rechtsschutz gewährleistet und kann die ausländische Entscheidung im Inland auch vollstreckt werden, dann besteht bei Fehlen einer inländischen Zuständigkeit kein Anlaß zur Bejahung der inländischen Gerichtsbarkeit (EvBl 1983/21). Das Prozeßkostenargument stellt sich bei Distanzprozessen für beide Parteien jeweils mit umgekehrten Vorzeichen und geht nach dem erwähnten Grundsatz, daß der Kläger dem Beklagten an dessen Wohnsitz zu folgen habe, zu Lasten des Klägers (RdW 1986, 308; 7 Nd 3/92).

Der Ordinationsantrag ist daher abzuweisen.

Rechtssätze
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