JudikaturJustiz6Nc3/24d

6Nc3/24d – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Faber als weitere Richter in der Ordinationssache der klagenden Partei Z* KG (FN *), *, vertreten durch Galffy Vecsey Rechtsanwälte Partnerschaft (OG) in Wien, gegen die beklagte Partei T* Kft, *, Ungarn, wegen 154.390,62 EUR sA, über den Antrag auf Ordination gemäß § 28 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Landesgericht Wiener Neustadt bestimmt.

Der Antrag der klagenden Partei auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] D er Kläger macht gegen die B eklagte einen Schadenersatzanspruch aus der schuldhaften Nichterfüllung eines für beide Seiten unternehmensbezogenen Kaufvertrags geltend. Die Parteien hätten dabei die österreichische Gerichtsbarkeit, aber kein örtlich zuständiges Gericht vereinbart. Die Beklagte habe in Österreich weder einen Sitz noch eine Niederlassung noch einen Ort, an dem die Verwaltung geführt werde. Die Beklagte habe gegen den von der Klägerin erwirkten Europäischen Zahlungsbefehl fristgerecht Einspruch erhoben. Die Klägerin sei vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien nach § 252 Abs 3 ZPO aufgefordert worden, das für die Durchführung d e s ordentlichen Verfahrens zuständige Gericht namhaft zu machen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben .

[3] 1. D er Oberste Gerichtshof hat, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist (§ 28 Abs 1 Z 3 JN ).

[4] 2. Die Ordination nach § 28 Abs 1 Z 3 JN setzt die internationale Zuständigkeit Österreichs voraus (RS0118239; 4 Nc 1/23v; Garber in Fasching/Konecny ³ [2013] § 28 JN Rz 22). Diese ist vom Obersten Gerichtshof im Ordinationsverfahren zu prüfen ( 4 Nc 1/23v; vgl RS0046568 [T1]). Da das Ordinationsverfahren einseitig ist (RS0114932), ist von den Klagebehauptungen auszugehen (2 Nc 4/21t).

[5] 3. Danach liegt die internationale Zuständigkeit vor, weil der vertragsautonom auszulegende Begriff der Gerichtsstandsvereinbarung (Art 25 Abs 1 EuGVVO 2012) eine übereinstimmende Willenserklärung über die Zuständigkeitsbegründung bedeutet (RS0117156), die hier hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit nach dem Vorbringen der Klägerin von den Parteien getroffen wurde. Nach dem Vorbringen ist auch das Schrifterfordernis (Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012) erfüllt. Allfällige Einwände gegen das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit wären im fortgesetzten (zweiseitigen) Verfahren zu prüfen (2 Nc 4/21t; vgl 6 Ob 56/01f; Garber in Fasching/Konecny ³ § 28 JN Rz 155 ff).

[6] 4. Für die Auswahl des zu ordinierenden Gerichts (in örtlicher Hinsicht) ist auf die Kriterien der Sach- und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]). Die Zuweisung der Sache an das Landes gericht Wiener Neustadt entspricht diesen Kriterien, weil sich der Sitz der Klägerin in dessen Sprengel befindet, während die Beklagte über keinen örtlichen Anknüpfungspunkt in Österreich verfügt (vgl 6 Nc 27/19a; 4 Nc 20/20h).

[7] 5. Im Ordinationsverfahren findet kein Kostenersatz statt, weil es sich dabei um ein einseitiges Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof handelt, dem der Beklagte nicht beigezogen wird (RS0114932).

Rechtssätze
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