JudikaturJustiz6Nc26/13w

6Nc26/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in Pregarten, gegen die beklagte Partei D***** D*****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen 11.763,03 EUR sA, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird die Erledigung des Rechtshilfeersuchens des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 23. Oktober 2013, GZ 2 C 1215/10x 47, aufgetragen.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien lehnte das auf die ergänzende Einvernahme eines in seinem Sprengel beschäftigten Zeugen gerichtete und im Einvernehmen mit den Prozessparteien gestellte Rechtshilfeersuchen des Bezirksgerichts Kitzbühel mit der Begründung ab, es bestehe die Möglichkeit, die Zeugenvernehmung im Weg der Videokonferenz durchzuführen; einen bereits festgesetzten Termin für die Rechtshilfevernehmung hatte das ersuchte Gericht zuvor wieder abberaumt.

Nachdem beide Parteienvertreter erklärt hatten, zur Rechtshilfetagsatzung nach Wien reisen zu wollen, lehnte das ersuchte Gericht die Erledigung des Rechtshilfeersuchens aus Gründen der Verfahrensökonomie im Hinblick auf § 277 ZPO neuerlich ab; die Anreise der Parteienvertreter nach Kitzbühel sei „jedenfalls eine kürzere“ als nach Wien. Dem widersprach das ersuchende Gericht hinsichtlich des in Pregarten situierten Klagevertreters und wies (nochmals) darauf hin, dass beide Parteienvertreter mit einer ergänzenden Einvernahme des Zeugen in Wien einverstanden gewesen seien; im Hinblick darauf sei auch bereits Schluss der Verhandlung gemäß § 193 Abs 3 ZPO erklärt worden.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien legte nunmehr den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Rechtshilfe vor; der unmittelbaren Einvernahme des Zeugen durch das Bezirksgericht Kitzbühel sei der „Vorrang“ zu geben, der Ausnahmetatbestand des § 277 ZPO liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Verweigerung der Rechtshilfe ist nicht berechtigt .

Für Streitigkeiten zwischen einem ersuchenden und einem ersuchten Gericht über die Verweigerung der Rechtshilfe ist ein gerichtliches Verfahren nicht ausdrücklich vorgesehen. Da es sich aber bei der Gewährung von Rechtshilfe um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, ist zur Entscheidung über derartige Streitigkeiten in analoger Anwendung des § 47 Abs 1 JN das beiden Gerichten zunächst übergeordnete Gericht berufen (RIS-Justiz RS0046197).

Das Rechtshilfegericht darf ein Rechtshilfeersuchen gemäß § 37 Abs 3 JN nur ablehnen, wenn es dazu örtlich unzuständig ist. Darüber hinaus ist der Rechtshilferichter nach der Rechtsprechung auch berechtigt, die Unzulässigkeit des Rechtswegs für die begehrte Rechtshilfehandlung sowie deren Unerlaubtheit und deren Unbestimmtheit zu beachten; die Prüfung der Zweckmäßigkeit oder der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens ist dem ersuchten Gericht jedoch verwehrt (9 Nd 514/00; 2 Nc 8/13v; 6 Nc 21/13k). Auch dann, wenn für die Zweckmäßigkeit der Rechtshilfe die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung eine Rolle spielt und strittig ist, ob der gesetzliche Tatbestand im konkreten Fall erfüllt ist, kann der ersuchte Richter das Ersuchen nicht ablehnen (RIS-Justiz RS0040587). Dies gilt auch für die Frage, ob das ersuchende Gericht unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie die Einvernahme durch den ersuchten Richter oder jene im Wege einer Videokonferenz gemäß § 277 ZPO für zweckmäßiger oder aus besonderen Gründen für erforderlich erachtet (vgl 2 Nc 8/13v; 6 Nc 21/13k); die Beurteilung dieser Frage liegt grundsätzlich im Ermessensspielraum des ersuchenden Gerichts im Rahmen der Verfahrensleitung. Das ersuchte Gericht kann dem - schon aus Gründen der Raschheit des Verfahrens und der Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten in Rechtshilfesachen - weder eine alternative Art der Einvernahme noch die eigene Arbeitsüberlastung entgegensetzen (6 Nc 21/13k). Im konkreten Fall kommt noch dazu, dass die ursprüngliche Einvernahme des Zeugen ohnehin im Rechtshilfeweg vor dem ersuchten Gericht stattgefunden hat.

Das für die Vornahme der Rechtshilfe örtlich zuständige Bezirksgericht Innere Stadt Wien hat daher dem Rechtshilfeersuchen zu entsprechen.