JudikaturJustiz5Ob98/08k

5Ob98/08k – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Juni 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte/Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Mag. Irmgard S*****, vertreten durch Mag. Herwig Holzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Ing. Gerd S*****, vertreten durch Brandstetter Pritz Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Jänner 2008, GZ 39 R 353/07m 36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Für die Zuordnung einer Wohnung in eine bestimmte Ausstattungskategorie kommt es nach der ständigen Rechtsprechung allein auf den bei Vertragsabschluss vorhandenen Ausstattungszustand an, gleichviel ob dieser durch Aufwendungen des Vermieters oder des vorherigen Mieters - oder sonstigen Vorbenützers - geschaffen wurde (RIS Justiz RS0069863). Schon der Gesetzeswortlaut verlangt, dass sich die Beurteilung in allen Fällen, in denen die in § 16 Abs 2 MRG umschriebenen Ausstattungskategorien entscheidungsrelevant sind, nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags richtet (RIS Justiz RS0069757).

Das Gesetz selbst sieht aber Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Regelung unter anderem beim Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag über eine Wohnung nach § 46 Abs 2 MRG vor (RIS Justiz RS0069894, insbesondere 5 Ob 37/85). Dann kommt es - wie auch im vorliegenden Fall - nach dem eindeutigen Wortlaut der zitierten Gesetzesbestimmung (auch in der Fassung der WRN 2006) für die Beurteilung des zulässigen Hauptmietzinses auf den nach den Kriterien des § 16 Abs 2 bis 4 MRG zu beurteilenden Zustand der Wohnung im Zeitpunkt des Eintritts an.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts befinden sich die Elektroinstallationen der Wohnung in einem Schutzvorschriften widersprechenden, mangelhaften und gefährlichen Zustand. Auch der Stockwerksverteiler im Erdgeschoß verfügt über keine ausreichenden Schutzvorrichtungen. Für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands der elektrischen Anlage wäre ein Aufwand von 5.300 EUR notwendig.

Nach ständiger Rechtsprechung befindet sich eine Wohnung nur dann in brauchbarem Zustand, wenn sie zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benutzung behindernden Mängel aufweist, also insbesondere auch die üblichen Energieanschlüsse gefahrlos verwendet werden können. Die Gefährlichkeit einer elektrischen Anlage hindert die Brauchbarkeit einer Wohnung, wenn der Mangel nicht mit relativ einfachen Maßnahmen ohne größere Aufwendungen beseitigt werden kann (5 Ob 304/01v mwN). Höchstgerichtliche Judikatur zum „größeren Aufwand" für die Behebung von Mängeln liegt im Gegensatz zu den Rechtsmittelausführungen vor und wurde bereits vom Rekursgericht zitiert. In der vom Rekursgericht vorgenommenen Qualifikation des hier festgestellten notwendigen Aufwands als größeren, liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Die dem Rechtsmittel unterlegte, durch die Feststellungen übrigens gar nicht indizierte Grundannahme, der (frühere oder neu eingetretene) Mieter sei für den Zustand der Elektroinstallationen „verantwortlich", mag allenfalls Ersatzansprüche der Vermieterseite begründen (vgl zum umgekehrten Fall RIS Justiz RS0069863, insbesondere 5 Ob 17/85), hat aber auf den zulässigen Hauptmietzins iSd §§ 46, 16 MRG keinen Einfluss.

Rechtssätze
5
  • RS0069638OGH Rechtssatz

    25. März 2010·3 Entscheidungen

    Gemäß § 16 Abs 3 MRG richtet sich die Ausstattungskategorie einer Wohnung nach deren Ausstattungszustand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages. Dieser Urkategorie ändert sich durch bloße Renovierungsmaßnahmen während der Dauer dieses Mietverhältnisses nicht, würde also nach rechtsdogmatischen Grundsätzen auch dann weitergelten, wenn ein Mieter kraft Gesetzes oder mit Zustimmung des Vermieters - im Wege der Vertragsübernahme - in den bestehenden Mietvertrag eintritt und auf diese Weise eine Wohnung mit objektiv höherwertigen Kategoriemerkmalen erhält. Diese dem allgemeinen Privatrecht entnommene Regel lässt sich freilich nicht generell auf den diffizilen Interessenausgleich im Bereich des Mieterschutzes übertragen. Der Gesetzgeber selbst hat Ausnahmen im MRG geschaffen, indem er etwa anordnete, dass beim Wohnungstausch (§ 13 Abs 3 Satz 2 MRG), beim Ermäßigungsbegehren des Hauptmieters (§ 44 Abs 2 Z 2 MRG) und beim Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag gemäß § 46 Abs 2 MRG nachträgliche Änderungen der Ausstattungskategorie zu berücksichtigen sind. Unstrittig dabei ist, dass es sich beispielsweise beim Wohnungstausch um eine Vertragsübernahme handelt, die dem neuen Mieter die gesamte Rechtsposition des bisherigen Mieters verschafft. Die Bestimmung des § 16 Abs 3 MRG stellt nicht allein auf die formelle Beibehaltung beziehungsweise Änderung der Vertragskonstruktion ab, es ist vielmehr nach objektiven, allen Hauptmietern des Hauses einsichtigen Kriterien zu beurteilen, ob Veränderungen eines Mietverhältnisses so wesentlich sind, dass im Sinne des § 16 Abs 3 MRG vom Abschluss eines neuen Mietvertrages gesprochen werden kann.