JudikaturJustiz5Ob90/98s

5Ob90/98s – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva N*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Vera H*****, Serviererin, *****, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Entfernung (Streitwert S 50.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 9. Dezember 1997, GZ 2 R 384/97d, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 10. September 1997, GZ 2 C 1275/96p-21, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus D*****. Der Klägerin ist zur alleinigen Verfügung und Nutzung die Wohnung Top Nr. 7 zugewiesen, der Beklagten die unmittelbar angrenzende Wohnung Top Nr. 6. Zu den Wohnungen gehören Dachbodenabteile, die (laut Bauplänen über eigene Treppen von den Wohnungen aus erreichbar) für einen späteren Ausbau vorgesehen sind und jeweils im Zubehörwohnungseigentum stehen.

Die Klägerin hat auf der ihr zugewiesenen Dachbodenfläche eine Trennwand zwischen ihrem Dachbodenabteil und dem der Beklagten errichtet. Letztere brachte auf der ihrem Dachbodenabteil zugewandten Seite dieser Trennwand eine Beplankung und darauf eine Täferung (laut Duden ein in der Schweiz und Vorarlberg gebräuchlicher Ausdruck für Täfelung bzw Holzverschalung) an. Die Klägerin begehrt nunmehr unter Berufung auf ihr Alleineigentum bzw alleiniges Nutzungsrecht an der Trennwand von der Beklagten die Entfernung des Täfers samt Gerüst; die Beklagte beantragte die kostenpflichtige Abweisung dieses Begehrens vor allem mit dem Einwand eines Miteigentums bzw Mitbenützungsrechtes an der Trennwand. Außerdem hat sie den Einwand der Schikane erhoben. Weiteres Prozeßvorbringen der Parteien ist hier nicht von Belang.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Aus seinen umfangreichen Sachverhaltsfeststellungen ist für die Behandlung der Revision nur hervorzuheben, daß die von der Klägerin auf dem Dachboden errichteten Trennwände nirgends über den ihr zustehenden Teil des Dachbodens hinausragen. Eine den Bauvorschriften entsprechende Trennwand müßte (ua) doppelschalig (mit spezieller Wärme- und Schallschutzisolierung) ausgeführt werden.

Rechtlich erwog das Erstgericht, die Trennwand zwischen der Wohnung der Klägerin und jener der Beklagten stehe eindeutig im Alleineigentum der Klägerin. Die Beklagte sie daher schon aus diesem Grunde nicht berechtigt, diese Trennwand dazu zu benützen, das Täfer, das sie zum Ausbau ihres Wohnraumes benötige, direkt an die klägerische Trennwand anzubringen. Würde die Klägerin eine den Auflagen des Baubescheids entsprechende doppelschalige Trennwand errichten und der Beklagten die Täferung belassen, wäre sie kraß benachteiligt, weil sie einerseits die Kosten der Trennwand allein aufbringen müßte und andererseits auch noch etwa 1 m**2 ihrer Wohnfläche verlieren würde, während die Beklagte ohne Kosten und Wohnraumverlust in den Genuß einer Trennwand käme. Es könne daher keinesfalls davon gesprochen werden, daß das Begehren der Klägerin, das Täfer zu entfernen, schikanös sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Voranzustellen sei, daß das besondere Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers lediglich das Innere des Objektes erfaßt; sowohl an den Außenmauern als auch an den Mauern zwischen verschiedenen Objekten, daher auch den Decken zwischen solchen, stehe den einzelnen Wohnungseigentümern kein (ausschließliches) Nutzungsrecht zu. Diese Bauteile stünden als gemeinsame Teile des Hauses in der "Nutzung" aller Miteigentümer (MietSlg 42.566).

Unter "Mauern zwischen verschiedenen Objekten" seien Scheidewände zu verstehen, hinsichtlich derer § 854 ABGB die widerlegbare Vermutung aufstellt, daß sie gemeinschaftliches Eigentum darstellen. Die Vermutung des § 854 ABGB komme aber nicht zum Tragen, wenn an der Scheidewand (Grenzeinrichtung) angebrachte Zeichen auf Alleineigentum hinweisen. Ferner stelle § 857 ABGB eine Gegenvermutung zu § 854 auf:

Weise die bauliche Gestaltung auf Alleineigentum hin, so werde dieses - entgegen § 854 - vermutet, sofern nicht die gemeinsame Benutzung (beiderseitige Belastung oder Einfügung) auch wieder diese Vermutung widerlegt und die Regel des § 854 wiederherstellt (Schwimann/Hofmeister, ABGB §§ 854 bis 857 Rz 2). Der Regelung des § 855 ABGB, wonach jeder Mitgenosse eine gemeinschaftliche Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in der Dicke benützen darf, liege offenbar (die mit der Konstruktion des Wohnungseigentums vergleichbare) Vorstellung zugrunde, daß das ideelle Miteigentum jedes Teilhabers an der gemeinschaftlichen Mauer mit einem ausschließlichen Benutzungsrecht an "seiner" Mauerhälfte verbunden ist (aaO, Rz 4).

Im gegenständlichen Fall stehe fest, daß sich die von der Klägerin errichtete Trennwand zur Gänze auf jenem Dachbodenanteil befindet, der mit der Wohnung Top Nr. 7 mitparifiziert wurde. Dieser Dachbodenanteil sei sohin als Wohnungseigentumsobjekt zu behandeln, an welchem der Klägerin das ausschließliche Nutzungsrecht zusteht. Analog zu §§ 855, 857 ABGB umfasse dieses ausschließliche Nutzungsrecht auch die strittige Trennwand, welche keine Scheidewand im Sinne des § 854 ABGB sei. Allein die (bautechnisch nicht vermeidbare) Verbindung dieser Trennwand mit der Hausmauer (Außenmauer) könne an den durch das WE-Recht bezüglich des Inneren des Objektes begründeten besonderen Nutzungsrechten des Wohnungseigentümers (hier der Klägerin) nichts ändern. Die gegenteilige Ansicht würde zum untragbaren und mit dem Zweck der Schaffung von Wohnungseigentum nicht vereinbaren Ergebnis führen, daß selbst innerhalb einer Wohnung befindliche Wände (beispielsweise die Trennwand zwischen Schlafzimmer und Wohnzimmer) in der Nutzung aller Miteigentümer stünden, wenn sie an eine Hauswand (Außenwand) anstoßen.

Die Rechtsausführungen des Erstgerichtes bedürften damit zusammengefaßt nur insofern einer Richtigstellung, als die Klägerin zwar nicht "Alleineigentümerin", aber ausschließlich Nutzungsberechtigte hinsichtlich der strittigen Trennwand sei. Daraus resultiere das Recht der Klägerin, die Beklagte von der Nutzung dieser Trennwand auszuschließen.

Dem von der Beklagten erhobenen Einwand der Schikane sei mit dem Hinweis auf die Entscheidung des OGH, 6 Ob 603/82, zu begegnen, wonach das Begehren eines Grundeigentümers, auf dessen Grund eine Begrenzungsmauer steht, den Nachbarn zur Entfernung von zur Befestigung eines Zaunes eingetriebenen Schrauben zu zwingen, nicht schikanös ist, weil er damit eine Vermutung nach § 857 ABGB vorbeugt. Ähnlich sei die Interessenlage im hier zu beurteilenden Fall. Mit der vorliegenden Klage werde das Entstehen eines Mitbenützungsrechtes der Beklagten an der ausschließlich der Nutzung durch die Klägerin vorbehaltenen Wand verhindert. Es bedürfe gar nicht der vom Erstgericht angestellten wirtschaftlichen Überlegungen, um die Klägerin vom Vorwurf der schikanösen Rechtsausübung zu entlasten.

Ob die Miteigentümer dem (die streitgegenständliche Trennwand betreffenden) Bauantrag der Klägerin die nach § 25 Abs 3 BauG erforderliche Zustimmung erteilt haben, sei belanglos. Eine allfällige Beurteilung der vom Amt der Stadt H***** erteilten Baubewilligung als (wirksam oder, wie von der Beklagten behauptet, als) schwebend unwirksam falle nicht in die gerichtliche Zuständigkeit. Nach den erstrichterlichen Feststellungen sei von einer gültigen Baubewilligung bzw davon auszugehen, daß seitens der Baubehörde keine Auftrag an die Klägerin zur Beseitigung der gegenständlichen Trennwand ergangen ist. Zum Schutz des Sondernutzungsrechtes der Klägerin an dieser baulichen Einrichtung erweise sich aber, wie dargelegt, die Klagsführung als notwendig und zulässig.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß es zur Frage des Benützungsrechtes an Trennwänden zwischen Wohnungseigentumsobjekten unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 854 ff ABGB, soweit ersichtlich, keine höchstgerichtliche Judikatur gebe.

In der jetzt vorliegenden Revision macht die Beklagte geltend, daß die Klägerin gar nicht Alleineigentümerin bzw Alleinbenützungsberechtigte an der streitgegenständlichen Trennwand sein könne, weil diese in fester Bauweise errichtet, mit den Hauswänden, Decke und Boden fest verbunden und damit zum unselbständigen Bestandteil des im Gemeinschaftseigentum stehenden Hauses geworden sei. Es gehe auch nicht um die Wahrung des ausschließlichen Benützungsrechtes eines Wohnungseigentümers an einer wohnungsinternen Trennwand, das natürlich zu respektieren wäre, sondern um die Wand eines (Wohn )Raums außerhalb des eigentlichen Wohnungeigentumsobjekts. Ein Nutzungsrecht der Klägerin an der dem Dachbodenabteil der Beklagten zugewandten Seite der strittigen Trennwand bestehe jedenfalls nicht. Das ergebe sich schon daraus, daß die Klägerin physikalisch gar nicht in der Lage wäre, diese Seite der Wohnungstrennwand zu benützen, weil sie zum Dachbodenraum der Beklagten gar keinen Zutritt habe.

Der Revisionsantrag geht dahin, die Urteile der Vorinstanzen so abzuändern, daß das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen wird.

Die Klägerin hat dazu fristgerecht eine Revisionsbeantwortung erstattet und darin die Zurückweisung der Revision mangels Erfüllung der gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen beantragt; hilfsweise soll der Revision nicht Folge gegeben werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat erachtet die Entscheidung des Berufungsgerichtes und seine Begründung als zutreffend, sodaß deren Bestätigung an sich keiner weiteren Ausführungen bedarf (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO idF der WGN 1997). Es sei jedoch aus den gebilligten Entscheidungsgründen folgendes hervorgehoben:

Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß die Regelung des § 855 ABGB, wonach Mauern, die ein Eigentumsobjekt von einem anderen abgrenzen, grundsätzlich von jedem der Nachbarn "bis zur Hälfte in der Dicke" benützt werden dürfen, nur für gemeinschaftliche Mauern, also gemäß § 854 ABGB für Scheidewände gilt, bei denen sich kein Alleineigentum nachweisen läßt (vgl Klang in Klang2 III, 1155 und 1156 f; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann2, Rz 2 zu §§ 854-857 ABGB). Das ist, weil damit eine der Konstruktion des Wohnungseigentums vergleichbare Vorstellung verwirklicht wurde (Hofmeister/Egglmeier aaO Rz 4), auch auf Wohnungseigentumsobjekte übertragbar. Außenmauern, Scheidewände (auch Decken) zwischen einzelnen Wohnungseigentumsobjekten, Bauteile mit allgemeinen Versorgungsleitungen oder tragende Innenwände unterliegen demnach (mit den Modifikationen, die sich aus dem WEG, insbesondere dessen § 13 ergeben) den Regeln der gemeinschaftlichen Nutzung, während die Nutzung nichttragender Innenwände, deren Veränderung zu keiner Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer iSd § 13 Abs 2 Z 1 WEG führen kann, allein dem Wohnungseigentümer zusteht (§ 13 Abs 1 WEG). Die Veränderung (etwa auch die Entfernung) einer nichttragenden Innenwand, die keine gemeinschaftlich genutzten Versorgungsleitungen enthält, steht demnach im Belieben des Wohnungseigentümers (vgl Klang in Klang2 III; 1171 nur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach § 8 Abs 3 WEG 1948). Sie ist von vornherein nicht genehmigungsbedürftig, sodaß sich das Problem eigenmächtigen Handelns vor Einholung der gemäß § 26 Abs 1 Z 2 WEG dem Außerstreitrichter vorbehaltenen Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit einer die Interessen anderer beeinträchtigenden Änderung gar nicht stellt (vgl 5 Ob 380/97m; 5 Ob 402/97x).

Hier geht es um eine solche Innenwand, also eine Wand die sich nach den Feststellungen im Inneren des Wohnungseigentumsobjektes der Klägerin befindet. Sie ist kein tragender Bauteil und offenbar auch nicht von allgemeinen Versorgungsleitungen durchzogen. Daß die Wand obwohl im Inneren des Wohnungseigentumsobjektes errichtet, zugleich das Wohnungseigentumsobjekt der Klägerin von dem der Beklagten abgrenzt, ändert nichts am alleinigen Benützungsrecht der Klägerin, weil nicht jede Trennwand zwischen Objekten verschiedener Eigentümer im gemeinschafltichen Eigentum der Nachbarn steht. ISd §§ 854 ff ABGB iVm § 362 ABGB ist es dem Belieben jedes Grundeigentümers überlassen, wie er sein Eigentum gegen die benachbarten Grundstücke abschließen will. Stellt er eine solche Anlage auf seinem Grundstück her, steht sie, was § 857 ABGB sogar ausdrücklich betont, in seinem Alleineigentum (SZ 23/15; Klang in Klang2 III, 1155). Das läßt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, auf das alleinige Nutzungsrecht einer vom Wohnungseigentümer innerhalb seines Objektes errichteten Trennwand zum Nachbarobjekt übertragen. Daß die gegenständliche Trennwand ihre Sonderrechtsfähigkeit verloren hätte, weil sie durch ihre Bauart zum unselbständigen Bestandteil des Hauses geworden ist, läßt sich den Feststellungen nicht entnehmen. die diesbezüglichen Behauptungen in der Revision stellen unbeachtliche (den vorliegenden Urkunden sogar widersprechende) Neuerungen dar.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.