JudikaturJustiz5Ob71/02f

5Ob71/02f – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. April 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Silvia G*****, und 2. Werner R*****, beide vertreten durch Tinzl Frank Rechtsanwälte, 6020 Innsbruck, Museumstraße 21/II, gegen die Antragsgegnerin Helga D*****, vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Adolf Pichler-Platz 10, wegen EUR 2.998,51 sA (Ersatz von Aufwendungen nach § 10 MRG), über die Revisionsrekurse der Antragsteller und der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 5. Dezember 2001, GZ 2 R 418/01m-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juni 2001, GZ 17 Msch 149/00z-5, abgeändert wurde, folgenden

S a c h b e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird teilweise Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin als Aufwandersatz für den im September 1995 durchgeführten Einbau eines Bades und den im September 1998 durchgeführten Einbau einer Gasetagenheizung in der Wohnung top 2 des Hauses ***** binnen 14 Tagen restlich S 8.644,61 (EUR 628,23) samt 4 % Zinsen seit 9. März 2000 zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 32.615,72 (EUR 2.370,28) samt 4 % Zinsen seit 9. März 2000 wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller waren bis 31. 12. 1999 Mieter der der Antragsgegnerin gehörigen Eigentumswohnung top 2 im Haus *****. Unter Berufung auf § 10 MRG verlangen sie von der Antragsgegnerin den für den Einbau eines Bades und einer Gasetagenheizung geleisteten Aufwand ersetzt. Dieser Anspruch ist dem Grunde nach unstrittig; die Antragsgegnerin hat den Antragstellern aus diesem Titel auch schon S 77.510,28 gezahlt.

Der für das Bad zu leistende Aufwandersatz steht mit S 30.982,09 auch der Höhe nach außer Streit. Strittig ist jedoch die Höhe des für die Gasetagenheizung gebührenden Aufwandersatzes. Dabei ist von folgenden (hier verkürzt wiedergegebenen) Feststellungen auszugehen:

Der Einbau der Gasetagenheizung im September 1998 hat insgesamt S 97.542,80 gekostet. Den Antragstellern ist es gelungen, für diese Investition öffentliche Förderungsmittel zu bekommen, und zwar von der Stadtgemeinde Innsbruck im Rahmen der Förderungsaktion “Innsbrucker Umweltplus” S 19.600,--, vom Land Tirol und von den Innsbrucker Kommunalbetrieben als Anreiz zur Reduzierung von Luftschadstoffen je S 10.650,-- und dazu noch aus der Tiroler Wohnbauförderung S 14.700,--. Die ersten drei Förderungen mussten von den Antragstellern nicht zurückgezahlt werden; von den Wohnbauförderungsmitteln verlangte das Amt der Tiroler Landesregierung nach Beendigung des Mietverhältnisses unter Anwendung der Berechnungsrichtlinien des § 10 MRG 90 % (also S 13.230,--) zurück.

Das Erstgericht hat den von den Antragstellern mit restlich S 41.260,33 sA (EUR 2.998,51) geltend gemachten Ersatzanspruch als berechtigt erkannt und einen Rückzahlungstitel über diesen Betrag geschaffen. Nach der Judikatur (MietSlg 37/35) schmälere es den Aufwandersatzanspruch des Mieters nicht, wenn ihm die für die Investition notwendigen Mitteln von einem Dritten geschenkt wurden. Es könne keinen Unterschied machen, wenn die Schenkung in der Gewährung öffentlicher Förderungsmittel bestehe, auch wenn bei solchen Förderungen - hier vor allem bei den Maßnahmen zur Verbesserung des Umweltschutzes - eine stärkere Objektbezogenheit anzunehmen sei. Es sei nicht gerechtfertigt, einen Mieter, der sich durch persönlichen Einsatz nicht rückzahlbare Förderungen verschafft, durch die Schmälerung seines Aufwandersatzanspruches zu benachteiligen. Die Antragsgegnerin habe daher den Antragstellern die vollen Investitionskosten abzüglich der durch § 10 Abs 1 Z 1 MRG vorgegebenen Abschreibung (bei der Heizung 10 %) zu ersetzen. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung so ab, dass es der Antragsgegnerin die Zahlung von restlichen S 4.450,33 (EUR 323,42) samt 4 % Zinsen seit 9. 3. 2000 auftrug und das Mehrbegehren abwies.

Es ging dabei von folgenden Erwägungen aus:

Das Gesetz unterscheide indirekt zwischen “privater” Schenkung und öffentlicher Förderung, indem es in § 10 Abs 1 Z 2 MRG für geförderte Aufwendungen eine besondere Abschreibung vorgibt. In dieser Unterscheidung sei auch im gegenständlichen Fall festzuhalten. Der Einbau der Heizungsanlage sei mit insgesamt S 55.600,-- gefördert worden; ausgehend von Gesamtkosten in der Höhe von S 97.542,80 errechne sich also der nicht geförderte Teil der Kosten mit S 41.942,80. Der Anspruch auf Ersatz dieses nicht geförderten, dem § 10 Abs 3 Z 1 MRG unterzuordnenden Aufwands verringere sich gemäß § 10 Abs 1 Z 1 MRG für jedes Kalenderjahr um 1/10, sodass den Antragstellern davon S 37.748,52 zu ersetzen seien. Der geförderte Teil des Aufwands (S 55.600,--) enthalte S 14.700,-- an teilweise rückzahlbaren Förderungsmitteln, die - dem § 10 MRG entsprechend - auch zu 90 % zurückgefordert wurden, weshalb die Antragsgegnerin den daraus resultierenden Betrag (S 13.230,--) zu ersetzen habe.

Die nicht rückzahlbaren Förderungen im Differenzbetrag von S 40.900,-- hätten die Laufzeit “Null” gehabt, sodass deren Abschreibung iSd § 10 Abs 1 Z 2 MRG schon mit der Auszahlung erfolgte; ein Ersatz finde insoweit nicht statt.

Unter Hinzurechnung des Aufwandersatzes für das Bad (S 30.982,09) ergebe sich daher der von der Antragsgegnerin noch geschuldete Ersatzbetrag wie folgt:

Heizungseinbau nicht gefördert S 37.748,52

Heizungseinbau wohnbaugefördert S 13.230,00

Badeinbau S 30.982,09

Summe S 81.960,61

abzüglich Teilzahlung S 77.510,28

verbleiben S 4.450,33.

Diesem Ergebnis entspreche, dass der Ersatzanspruch nach § 10 MRG nur ein Sonderfall des Aufwandersatzanspruchs im Rahmen der “angewandten Geschäftsführung” iSd §§ 1035 ff ABGB sei. Auch dort sei der Ersatzanspruch auf zweifache Weise beschränkt, nämlich einerseits auf den tatsächlichen Aufwand, sodass der Geschäftsführer nicht mehr ersetzt bekommen könne als er selbst - auch unter Bedachtnahme auf “verlorene” Förderungen - an finanziellen Mitteln eingesetzt hat; andererseits durch den bei Übergabe vorhandenen Wert, für dessen Berechnung § 10 Abs 1 MRG eine bindende Regelung geschaffen habe, welche mit eigenen oder mit öffentlichen Mitteln finanzierte Aufwendungen unterschiedlich behandle. Im Lichte dieses Grundsatzes, dass der Geschäftsführer nicht mehr ersetzt bekommen kann als er selbst aufgewendet hat, mag es zwar durchaus einsichtig sein, dass er Mittel, die ihm von dritter Seite geschenkt wurden, als eigenen Aufwand geltend machen kann, weil Zweck dieser Zuwendung wohl nicht sei, den Geschäftsherrn zu entlasten, und der Beschenkte diese Mittel ja auch anders verbrauchen könnte; nicht einsichtig wäre es aber, objektivbezogene Förderungen, welche aus verschiedensten Motiven zur Vornahme des Aufwandes anregen sollen, dazu zu verwenden, dem Geschäftsführer einen Aufwand zu ersetzen, den er gar nicht getätigt hat. Dass solche Förderungen auf das persönliche Geschick des Geschäftsführers zurückzuführen sind, ändere nichts daran, dass der Ersatz der persönlichen Bemühungen in diesem Rahmen nicht vorgesehen sei, insbesondere dann nicht, wenn die Förderungen jedermann unabhängig von seinen persönlichen Verhältnissen gewährt werden. Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob “verlorene Zuschüsse” in den Aufwandersatz nach § 10 MRG einzurechnen sind, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes existiere. Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluss haben sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegnerin Revisionsrekurs erhoben. Während die Antragsteller die gänzliche Stattgebung ihres Sachantrags, also die Leistung eines Aufwandersatzes von weiteren EUR 2.675,09 sA anstreben, zielt das Rechtsmittelbegehren der Antragsgegnerin auf eine gänzliche Abweisung des Zahlungsbegehrens der Antragsteller (also auch des von der zweiten Instanz zugesprochenen Betrags von EUR 323,42 sA). Beide Seiten haben in Revisionsrekursbeantwortungen auch jeweils die Abweisung des gegnerischen Rechtsmittelbegehrens beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; es kommt jedoch nur dem Rechtsmittel der Antragsteller teilweise Berechtigung zu.

Die Antragsteller meinen, die von ihnen erreichten öffentlichen Förderungen des Heizungseinbaus müssten allein ihnen zugute kommen, weil weder dem Wortlaut des § 10 MRG noch Kommentaren zu dieser Gesetzesbestimmung entnommen werden könne, dass der Aufwandersatzanspruch des Mieters durch “freiwillige Leistungen” von dritter Seite geschmälert wird. Es habe nur die im Gesetz vorgeschriebene Abschreibung zu erfolgen, um den objektiven Wert für den Nachmieter zu berechnen. Auch dann, wenn der Mieter gar keinen befugten Gewerbetreibenden zur Verbesserung des Mietgegenstandes beschäftigt (und insoweit gar keinen finanziellen Aufwand hat), rechtfertige dies nach der Judikatur nur einen geringfügigen Abschlag. Auf der anderen Seite versucht die Antragsgegnerin vorzurechnen, dass sie den Antragstellern bereits mehr gezahlt hat als sie müsste. Der gesamte Aufwand für die Heizung habe nämlich S 97.542,80 betragen, woraus sich - nach der Zehntelabschreibung - ein dem Restnutzen ein entsprechender Betrag von S 87.788,92 ergebe. An Förderungen für die Heizung hätten die Antragsteller S 55.600,-- erhalten, wovon sie S 13.230,-- zurückzahlen mussten, sodass ihnen S 42.370,-- geblieben seien. Rechne man zum Heizungsaufwand von S 87.788,09 den Aufwandersatz für das Bad (S 87.788,52), ergebe sich eine Summe von S 118.711,01, wovon die gewährten Förderungen von S 42.370,-- abzuziehen seien, was letztlich S 76.401,01, also weniger als die schon gezahlten S 77.510,28 ergebe.

Dazu wurde erwogen:

Grundsätzlich ist dem Rekursgericht darin zu folgen, dass es einen Unterschied macht, ob ein Mieter bei Investitionen in die gemietete Wohnung von privater Seite oder von der öffentlichen Hand unterstützt wird. Bei Zuwendungen von privater Seite ist nämlich nicht zu unterstellen, dass sie den Vermieter entlassen sollten, während es sehr wohl ein Anliegen der öffentlichen Hand sein kann, finanzielle Anreize für Verbesserungen des Wohnungsbestandes oder des Wohnumfeldes zu geben, also Objekte und nicht die Mieter zu fördern. Die Behandlung öffentlicher Förderungen im Bereich des Ersatzes von Aufwendungen des Mieters zur Verbesserung der Wohnung hat sich daher von der Vorstellung zu lösen, es liege eine den Ersatzanspruch überhaupt nicht beeinflussende Zuwendung an den Mieter vor. Es hat vielmehr daran festzuhalten, dass dem Mieter, wie dies ja auch im Wortlaut des § 10 Abs 1 MRG zum Ausdruck kommt, die effektiven Aufwendungen abgegolten werden sollen, sofern sie über seine Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind. Für die Abschreibung ersatzfähiger Investitionen sieht darüber hinaus das Gesetz noch besondere Pauschalierungen vor.

Daraus ergibt sich - geringfügig anders als vom Rekursgericht berechnet - für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Die Abschreibung, die ja der Abnutzung bzw dem Wertverfall der Investition Rechnung tragen soll, hat vom Anschaffungswert (idR - so auch hier - von den aufgelaufenen Gesamtkosten) auszugehen, also von S 97.542,80 für die von den Antragstellern errichtete Gasetagenheizung. Unter Berücksichtigung der Zehntelabschreibung für ein vollendetes Bestandsjahr (§ 10 Abs 1 Z 1 MRG) ergäbe sich also ein Ersatzanspruch von S 87.788,52, unter Hinzurechnung des Ersatzanspruchs für das Bad (S 30.982,09) der von der Antragsgegnerin errechnete Betrag von S 118.770,61.

Der in § 10 MRG normierte Aufwandersatzanspruch des Mieters ist jedoch, wie schon das Rekursgericht ausführte, zweifach beschränkt, nämlich nicht nur durch den bei Beendigung des Mietverhältnisses noch verbleibenden Wert der Investition (der hier nach der Abschreibungsformel berechnet wurde), sondern auch durch den vom Mieter tatsächlich aufgewendeten Betrag (MietSlg 44/20 mwN; Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 20. Aufl, Rz 6 und 16 zu § 10 MRG; Prader, MRG, Anm 6 zu § 10 MRG). Dieser Betrag beläuft sich im konkreten Fall - hinsichtlich der Gasetagenheizung - auf S 55.172,80 (S 97.542,80 Gesamtaufwand abzüglich die den Antragstellern gebliebenen finanziellen Beihilfen der öffentlichen Hand von S 19.600,--, S 10.650,--, S 10.650,-- und S 1.470,-- [10 % der Wohnbauförderungsmittel, die nicht zurückgezahlt werden müssen]) und ist letztlich für die Bemessung des Aufwandersatzanspruchs maßgeblich, weil er die aktuelle, nicht zu überschreitende Grenze markiert. Demnach gebühren den Antragstellern für das Bad S 30.982,09 und für die Gasetagenheizung S 55.172,80, zusammen S 86.154,89; zieht man davon die von der Antragsgegnerin bereits geleistete Zahlung von S 77.510,28 ab, bleiben S 8.644,61 (EUR 628,23), für die in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragsteller ein Exekutionstitel zu schaffen war. Die Antragsgegnerin ist mit ihrem Rechtsmittel auf diese Entscheidung zu verweisen.