JudikaturJustiz5Ob284/05h

5Ob284/05h – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatsanwaltschaft Wien, Landesgerichtsstraße 11, 1082 Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Wolfgang W*****, 2. Natalia W*****, diese vertreten durch Dr. Helene Klaar/Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Ehenichtigkeit, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 21. September 2005, GZ 45 R 370/05d 78, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung der Stattgebung einer auf § 23 Abs 1 EheG gestützten Nichtigkeitsklage ist, dass die übereinstimmende Absicht beider Eheleute im Zeitpunkt der Eheschließung besteht, die eheliche Lebensgemeinschaft auszuschließen und statt dessen die Ehe - zumindest überwiegend - zu dem Zweck, dem Fremden den unbeschränkten Aufenthalt in Österreich und/oder den unbeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, geschlossen wird (RIS Justiz RS0052090; Schwimann/Weitzenböck in Schwimann2 Rz 1 zu § 22 EheG mwN). Hat hingegen nur ein Verlobter die vom Gesetz verpönte Absicht, ist die Ehe allenfalls nach den §§ 37, 38 EheG aufhebbar (vgl auch Stabentheiner in Rummel2 Rz 1 zu § 23 EheG).

Aus der isoliert herausgegriffenen Feststellung, wonach „andererseits der Erstbeklagte auch nicht abgeneigt war, mit der Zweitbeklagten, die er sympatisch fand, eine richtige Ehe zu führen, um jemanden für seine spätere Pflege zu haben, während die Zweitbeklagte diese Ehe ausschließlich deshalb einging, um sich die Möglichkeit des legalen Aufenthalts in Österreich zu verschaffen ...", versucht die Revisionswerberin abzuleiten, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs 1 EheG hier zu Unrecht bejaht worden wären.

Dabei wird aber die Feststellung vernachlässigt, dass sich der Erstbeklagte zur Heirat bereit fand, nachdem ihm eine Zahlung von S 40.000 in Aussicht gestellt und ihm überdies zugesagt worden war, dass die Ehe nach Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft der Zweitbeklagten geschieden und kein gemeinsamer Haushalt begründet werde. Daraus lässt sich kaum der Schluss ziehen, der Erstbeklagte habe die Absicht gehabt, mit der Zweitbeklagten eine Lebensgemeinschaft zu begründen. Dass die Zweitbeklagte, die im Zeitpunkt der Eheschließung mit einer anderen Person in Lebensgemeinschaft stand, und für die das Motiv der Eheschließung ausschließlich der vom Gesetz verpönte Zweck war, nicht die Absicht hatte, mit dem Erstbeklagten eine Lebensgemeinschaft einzugehen, versteht sich ohnehin von selbst.

Was den Zweck der Eheschließung betrifft hat das Erstgericht - wenn auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - festgestellt, dass es nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens davon überzeugt war, dass auch für den Erstbeklagten der überwiegende Zweck der Eheschließung darin bestand, der Zweitbeklagten die Möglichkeit zu verschaffen, sich legal in Österreich aufzuhalten und dass die vom Erstbeklagten nicht ausgeschlossene Möglichkeit, mit der Zweitbeklagten eine richtige Ehe führen zu können, demgegenüber völlig in den Hintergrund getreten sei.

Damit liegt aber nicht der von der Revisionswerberin behauptete Sachverhalt vor, dass nur ein Verlobter, nämlich die Zweitbeklagte, die von § 23 Abs 1 EheG verpönte Absicht gehabt hätte. Die Revision entfernt sich vom maßgeblichen Gesamtsachverhalt und ist somit nicht gesetzesgemäß ausgeführt.

Mangels Vorliegens einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage war die Revision der Zweitbeklagten daher zurückzuweisen.