JudikaturJustiz5Ob185/21y

5Ob185/21y – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Onz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einreihung einer Urkunde ob der Liegenschaft EZ ***** KG *****, infolge des Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. August 2021, AZ 17 R 61/21y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 30. April 2021, AZ Uh 11/2021, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Die Antragstellerin begehrte als Eigentümerin einer Liegenschaft „die Einreihung der Bestätigung ./A vom 23. 11. 2020 und die Einreihung des notariellen Protokolls ./B vom 29. 5. 2020 zum Zwecke der Feststellung des Zu keiner Zeit Bestehens von Superädifikaten ***** auf dem nunmehrigen Grundstück ***** inneliegend EZ ***** (Berichtigung gemäß § 136 Abs 1 GBG wegen einer durch öffentliche Urkunden nachgewiesenen offenkundigen Unrichtigkeit, weil sich die gemäß Beschluss des Bezirksgerichts Mödling zu Uh 82/16 vom 3. 1. 2017 als Teilfläche Nr 4 bezeichnete Teilfläche niemals auf der Fläche des nunmehrigen Grundstücks ***** befunden hat“.

[2] Das Erstgericht wies den Antrag ab.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, der Frage, ob einer Grundeigentümerin auch gegen eine behauptetermaßen ursprünglich unrichtige rechtskräftige Urkundenhinterlegung, die ihr Eigentum zu Unrecht mit einem Superädifikat belaste, neben der Löschungsklage auch der Weg offen stehe, eine Beurkundung eines öffentlichen Notars über tatsächliche Vorgänge i Sd §§ 76 und 88 NO vorzulegen, komme erhebliche Bedeutung i Sd § 126 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zu.

[4] Dagegen richtet sich der fristgerecht schriftlich eingebrachte Revisionsrekurs der Antragstellerin.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Oberste Gerichtshof ist derzeit noch nicht zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen.

[6] 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats des Obersten Gerichtshofs für Grundbuchsachen sind gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG igF BGBl I 2012/26 Rechtsanwälte und Notare – nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten – auch im Grundbuchsverfahren zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet (RIS Justiz RS0128921). Gemäß § 17 UHG sind die Bestimmungen des GBG über den Rekurs au f Rekurse gegen Beschlüsse über die Bewilligung oder die Verweigerung der Hinterlegung oder der Einreihung sinngemäß anzuwenden. Demgemäß gilt etwa für die Frist zur Anfechtung der Abweisung eines Antrags nach dem UHG § 123 GBG, weil es sich um einen Grundbuchsbeschluss handelt (vgl RS0060768). Die Verpflichtung zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr bezieht sich daher auch auf Anträge nach dem UHG.

[7] 2. Dessen ungeachtet hat der Vertreter der Rechtsmittelwerberin den Revisionsrekurs beim Erstgericht in schriftlicher Form und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht. Er hat weder behauptet noch bescheinigt, dass die konkreten technischen Möglichkeiten dafür im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorgelegen wären. Das und warum der Vertreter der Rechtsmittelwerberin keine der in der ERV – Verfahrensautomations Justiz (VJ) – bestehenden Möglichkeiten (vgl RS0128921; 5 Ob 53/13z; 5 Ob 55/21f) technisch wahrnehmen hätte können, ist aus der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

[8] 3. Die in § 89c Abs 5 GOG genannten ERV Teilnehmer müssen den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete führt – als Verletzung einer zwingenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG) – zu einem Verbesserungsverfahren und beim Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe (RS0128266; RS0128921).

[9] 4. Zur Durchführung dieses Verbesserungsverfahrens (vgl RS0128921 [T2]; 5 Ob 55/21f) sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen.

Rechtssätze
3
  • RS0128266OGH Rechtssatz

    03. März 2022·3 Entscheidungen

    Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV‑Teilnehmer/innen in Hinkunft den elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll ‑ als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) ‑ zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen.