JudikaturJustiz5Ob166/20b

5Ob166/20b – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. S***** H*****, 2. E***** H*****, beide vertreten durch die Greiml Horvath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Alexander Gerngross, Mag. Klaus Köck, Rechtsanwälte in Premstätten, wegen 2.060,77 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 9. Juli 2020, GZ 3 R 117/20b 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 460,40 EUR (darin 76,73 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger haben von der Beklagten einen Gebrauchtwagen gekauft. Mit ihrer Klage begehrten sie – gestützt auf Gewährleistung und Schadenersatz – den Ersa tz der im Zusammenhang mit einem Kupplungsschaden entstandenen Reparatur- und Abschleppkosten.

Das Erstgericht wies das K lagebegehren (auch im zweite n Rechtsgang) ab. Es stellte dabei ausdrücklich fest, dass der Schaden an der Kupplung erst „während der Laufdauer im Besitz der Kläger“ entstanden ist.

Das Berufungsgericht wies die Berufung der Kläger zurück. Eine Rechtsrüge sei nur dann gesetzesgemäß ausgeführt, wenn in ihr, ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, aufgezeigt werde, dass dem Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Andernfalls könne eine rechtliche Überprüfung des Ersturteils nicht vorgenommen werden. Eine nicht gesetzesgemäß erhobene Rechtsrüge sei einer nicht erhobenen gleichzuhalten.

Die Kläger rügten die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts als unrichtig, weil nach § 924 Satz 2 ABGB vermutet werde, dass ein Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe bestanden habe, wenn der Mangel – wie hier – innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe hervorkomme und diese Vermutung nur dann nicht eintrete, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar sei. Letzteres sei hier nicht der Fall. Da sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ergebe, dass der Kläger das Fahrzeug besonders intensiv benützt oder aber ein zu erwartender normaler Abnützungsschaden vorgelegen habe, sei bei richtiger rechtlicher Beurteilung davon auszugehen, dass der Kupplungsschaden bereits im Übergabszeitpunkt vorgelegen habe. Da die Kläger einen angemessenen Kaufpreis gezahlt hätten und die Beklagte vor der Übergabe des Fahrzeugs ein § 57a KFG Gutachten ausgestellt habe, sei seitens der Beklagten die Verkehrs und Betriebssicherheit dieses Fahrzeugs zugesichert worden. Die Kläger hätten daher davon ausgehen dürfen, dass bei diesem Fahrzeug zumindest innerhalb der ersten sechs Monate keine gravierenden Mängel hervorkommen werden.

M it diesen Berufungsa usführungen legten d ie Kläger nicht dar, inwieweit die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts – ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – unrichtig sein sollte. Entgegen deren Ausführungen stehe weder fest, dass die Fahrweise nicht eindeutig als Ursache des Schadens benannt werden könne, noch, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Schaden bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei. Vielmehr stehe gemäß § 501 ZPO unbekämpfbar fest, dass der Schaden an der Kupplung erst während der Laufdauer im Besitz der Kläger entstanden sei. Die Rechtsrüge orientiere sich daher nicht am festgestellten Sachverhalt, nach dem der Kupplungsschaden im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs nicht vorhanden gewesen, sondern erst Monate später aufgetreten sei. A usgehend von diesen Feststellungen sei die gesetzliche Vermutung des § 924 zweiter Satz ABGB widerlegt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Kläger . Sie beantrag en , den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und (sinngemäß) diesem die inhaltliche Erledigung der Berufung aufzutragen.

Die Beklagte beantragte in ihrer Rekursbeantwortung , dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung aus formellen Gründen zurückweist, ist der Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne Rücksicht auf den Streitwert und ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (RIS Justiz RS0042770 [T4, T7]; RS0043893 [T7]; RS0098745 [T16, T17]; RS0043861; RS0043882 [T1]; RS0043886 [T1, T4]).

Das Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist seit der ZVN 2009 zweiseitig (RS0128487; RS0125481; RS0098745 [T21]; RS0043882 [T12]).

2. Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO). Ergänzend ist auszuführen:

Eine Berufung, die nur unzulässige Inhalte aufweist, ist einer gesetzlich unzulässigen Berufung gleichzustellen und zurückzuweisen (RS0041861). Wenn in der Berufung sowohl zulässige als auch unzulässige Rechtsmittelgründe geltend gemacht werden, ist über die gesamte Berufung mittels Sachentscheidung zu erkennen und diese nicht teilweise (soweit unzulässige Rechtsmittelgründe geltend gemacht werden) zurückzuweisen (10 Ob 66/16b = RS0041861 [T2]). Mit ihre n Berufungsausführungen zu der – aus der Ausstellung eines § 57a KFG Gutachtens und der damit zugesicherten Verkehrs und Betriebssiche rheit abgeleiteten – Annahme, bei diesem Fahrzeug kämen zumindest innerhalb der ersten 6 Monate keine gravierenden Mängel hervor, machten die Kläger jedoch keinen eigenständigen Rechtsmittelgrund geltend. Das Berufungsgericht hatte daher – losgelöst von der Frage des Neuerungsverbots – (auch) darüber nicht in der Sache zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.