JudikaturJustiz5Ob16/93

5Ob16/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Juli 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Heinz Klinger, Dr.Anton Schwarz, Dr.Gernot Floßmann und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Werner S*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr.Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wider die Antragsgegnerin ***** D***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhold Nachbaur, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Anerkennung als Hauptmieter, Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses, Legung der Betriebskostenabrechnung und Festsetzung des Verteilungsschlüssels, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den (Sach )Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 19. Oktober 1992, GZ 1 b R 216/92-7, womit der (Sach )Beschluß des Bezirksgerichtes Montafon in Schruns vom 21.August 1992, GZ Nc 408/92-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrte gegenüber der mit seinem Protokollarantrag vom 9.Juni 1992 in Anspruch genommenen Gesellschaft mbH die Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG, die Prüfung der Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses, die Feststellung, daß das gesetzliche Ausmaß überschritten wurde, die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Abrechnung der Betriebskosten für die Zeit vom 1. Juni 1990 bis 31.Mai 1991, zur Offenlegung der Verteilung der Gesamtkosten und seines Anteiles an diesen Gesamtkosten und die Rückzahlung der Überschreitungsbeträge. Er sei auf Grund des mit der Antragsgegnerin geschlossenen Vertrages in der Zeit vom 1.Juni 1990 bis 31.Mai 1991 Mieter einer Wohnung im Haus ***** in ***** gewesen und habe einen monatlichen Pauschalmietzins von S 5.500,-- einschließlich der Betriebskosten, des Entgelts für die Wohnungseinrichtung und den Autoabstellplatz vereinbart. Die Gegnerin habe das gesamte Haus von den damaligen Eigentümern der Liegenschaft gepachtet gehabt, doch hätten die Gesellschafter der Antragsgegnerin während der Mietdauer die Liegenschaftsanteile erworben. Es liege ein Hauptmietvertrag vor.

Die Antragsgegnerin wendete ein, sie habe den im ganzen Haus geführten gastgewerblichen Betrieb schon im Jahr 1989 von den beiden Miteigentümern der Liegenschaft gepachtet. Im Rahmen ihres Gastgewerbebetriebes habe sie dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni 1990 bis 1.Juli 1991 eine Ferienwohnung zu einem die Betriebskosten und das Entgelt für die Wohnungseinrichtung und einen Autoabstellplatz einschließenden monatlichen Bestandzins von S 5.500,-- vermietet. Im August 1990 hätten die Gesellschafter der Antragsgegnerin von den Eigentümern deren Anteile an der Liegenschaft gekauft. Der Antragsteller sei Untermieter gewesen.

Das Erstgericht entschied ohne vorangehende mündliche Verhandlung mit Sachbeschluß, daß der Antragsteller als Hauptmieter iSd § 2 Abs 1 MRG anerkannt werde, daß der zulässige Mietzins für die Dauer der Vermietung monatlich S 3.271,06 betrage, die Antragsgegnerin dem Antragsteller S 26.747,28 sA zurückzuzahlen und binnen vierzehn Tagen die Betriebskostenabrechnung für die Jahre 1990 und 1991 zu legen habe. Das Erstgericht stellte fest, daß das Haus im Jahr 1730 erbaut und seither zum Betrieb des Gastgewerbes verwendet wurde, wozu ein Voreigentümer eine Gesellschaft mbH errichtete. Am 1.Juli 1989 verpachteten die Miteigentümer die Liegenschaft an die Antragsgegnerin. Die Geschäftsanteile dieser Gesellschaft mbH halten Anton A***** zu 70 % und Dagmar A***** zu 30 %. Der Gesellschaft mbH wurde von der Gewerbebehörde die Konzession zum Betrieb des Gastgewerbes erteilt. Die bestehende Ferienwohnung und die Fremdenzimmer waren im Rahmen des Beherbergungsbetriebes vermietet. Die Pächterin erneuerte die Inneneinrichtung des Restaurants, die Fassade, den Tankraum und den Keller und schuf den rückwärtigen Stiegenaufgang und Parkplätze. Da sich die fallweise Vermietung der Gästezimmer als nicht rentabel erwies, plante die Pächterin die ganzjährige Vermietung und ließ im März 1990 bauliche Veränderungen vornehmen. Es wurde in ein Bestandobjekt zur bestehenden Dusche mit WC eine Küche eingebaut. Am 31.Mai 1990 gab es in dem Haus neben den Räumen des Gastgewerbebetriebes vier Wohnungen. An diesem Tag vermietete die durch die Geschäftsführerin Dagmar A***** vertretene Antragsgegnerin dem Antragsteller die aus einem Wohn-Schlafraum, Küche, Bad und WC bestehende Ferienwohnung komplett möbliert zu einem Mietzins von S 5.500,-- im Monat für den Zeitraum vom 1.Juni 1990 bis zum 1.Juni 1991. Der Antragsteller und seine Lebensgefährtin benützten den Mietgegenstand zur Deckung ihres ständigen Wohnbedürfnisses. Die Gesellschafter der Antragsgegnerin Anton und Dagmar A***** kauften mit dem Vertrag vom 23.August 1990 von den Eigentümern je einen Hälfteanteil der Liegenschaft. Am 1.Juni 1991 kam zwischen der "Hausgemeinschaft Anton und Dagmar A*****" als Vermietern und dem Antragsteller sowie seiner Lebensgefährtin als Mietern ein neuer Mietvertrag zustande. Die Mieter haben das Bestandobjekt später geräumt. Das Erstgericht meinte, bei der Vermietung an den Antragsteller habe es sich nicht um die Fremdenbeherbergung iSd § 1 Abs 2 Z 1 MRG gehandelt. Auch falle das Haus nicht unter die im § 1 Abs 4 MRG erwähnten Ausnahmen. Hauptmiete liege vor, wenn der Mietvertrag mit dem Eigentümer oder Fruchtnießer der Liegenschaft oder dem Pächter oder Mieter des ganzen Hauses geschlossen werde. Der Vertragszweck sei darauf gerichtet gewesen, dem Pächter die gewinnbringende Verwertung der Mietgegenstände zu ermöglichen. Der Antragsteller sei daher von Anfang an Hauptmieter der Wohnung gewesen. Es seien daher auch die Vorschriften über die Hauptmietzinsbildung anzuwenden.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs der Antragsgegnerin den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß es alle Anträge abwies. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG sei gegen die Eigentümer der Liegenschaft zu richten und setze voraus, daß zwischen diesen und dem Untervermieter ein als Umgehungsgeschäft anzusehender Hauptmietvertrag geschlossen wurde. Die Feststellung, daß ein Hauptmietverhältnis iSd § 2 Abs 1 MRG vorlag, könne nicht im Außerstreitverfahren erwirkt werden. Der Antragsgegnerin gegenüber könne diese Feststellung nicht begehrt werden. Schon deshalb sei der Antrag abzuweisen. Selbst ein Hauptmietzins habe bis zur Höhe der Angemessenheit zulässig vereinbart werden dürfen, weil im Haus nur vier Wohnungen bestanden und der Mietgegenstand in die Ausstattungskategorie A falle. Die verpachteten Gastgewerbebetriebsräumlichkeiten stünden der Annahme der Ausnahmevorschrift des § 16 Abs 1 Z 3 a MRG nicht entgegen. Da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den entscheidungswesentlichen Fragen fehle, sei der Revisionsrekurs zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung hängt von der Lösung der Frage ab, ob der Antragsteller mit seinem ausdrücklich auf § 2 Abs 3 MRG gestützten Antrag gegen seine Vermieterin durchdringen kann, ihn für die Dauer seines Mietverhältnisses vom 1.Juni 1990 bis 31.Mai 1991 - so die Eingrenzung im Protokollarantrag - als Hauptmieter der Wohnung anzuerkennen. Dazu steht fest, daß bei Abschluß des Mietvertrages das Pachtverhältnis der Pächterin der ganzen Liegenschaft mit dem dort seit langem geführten gastgewerblichen Betrieb mit den damaligen Eigentümern aufrecht war und der Antragsteller nicht behauptete, es bestehe bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, daß der Hauptbestandvertrag (= Pachtvertrag) nur zur Untervermietung durch den Hauptbestandnehmer und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen worden sei. Der Antragsteller hat, was das Erstgericht verkannte, sich gar nicht darauf gestützt, es liege schon ein Hauptmietvertrag nach § 2 Abs 1 MRG vor. Dies träfe auch nicht zu, denn nach dem eigenen Vorbringen und der Feststellung des Erstgerichtes kam der (erste) Mietvertrag nicht mit den Eigentümern der Liegenschaft oder dem Fruchtnießer der Liegenschaft zustande sondern mit der Pächterin. Die in der Rechtsprechung entwickelte Konstruktion, durch Gleichbehandlung des "Generalmieters" (oder "Generalpächters") der ganzen Liegenschaft mit deren Eigentümer dem "nominellen" Untermieter den Schutz eines Hauptmieters zu verschaffen, ist für den Bereich des MRG nicht aufrecht zu halten. Der Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses ist Bestandnehmer und nicht Eigentümer oder Fruchtnießer. Er begründet daher Unterbestandverhältnisse und nicht Hauptmiete. Der Schutz vor Umgehungshandlungen kann nur im Wege des § 2 Abs 3 MRG gesucht werden

(Würth in Rummel, ABGB**2, Rz 4 zu § 2 MRG; EvBl 1988/4 = WoBl

1988/67 = MietSlg. 40.225/4). Die Ansicht des Erstgerichtes, dem Antragsteller komme im Zeitraum vom 1.Juni 1990 bis zum 31.Mai 1991 schon deshalb Hauptmieterstellung zu, weil er mit der Pächterin der ganzen Liegenschaft abschloß, ist überholt. Das Anliegen, als Hauptmieter anerkannt zu werden, weil Hauptmiete iSd § 2 Abs 1 MRG vorliege, wird von der zur Bekämpfung der Umgehungen des MRG geschaffenen Vorschrift des § 2 Abs 3 MRG, die sich auf Schein- und Umgehungsgeschäfte zur Vermeidung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte beschränkt, nicht umfaßt (ImmZ 1992, 149 = EvBl 1992/41). Das Rekursgericht hat auch schon zutreffend aufgezeigt, daß der Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter (§ 2 Abs 3 MRG und § 37 Abs 1 Z 1 MRG) gegen den Vermieter, hier also gegen den/die Eigentümer der Liegenschaft zu richten gewesen wäre, wenn auch dem "Untervermieter" Parteistellung einzuräumen ist (SZ 56/109; MietSlg 35.428/18; MietSlg. 37.511). Der Antrag nach § 2 Abs 3 MRG muß schon daran scheitern, daß gar nicht behauptet wurde, die Verpachtung an die Antragsgegnerin sei ein Schein- oder Umgehungsgeschäft gewesen, um einen Bestandnehmer um seine ihm sonst als Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte zu bringen. Auch haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, die zu amtswegiger Aufklärung veranlassen hätten müssen.

Da der (erste) Bestandvertrag des Antragstellers mit der Antragsgegnerin als Pächterin der Liegenschaft zustande kam, war der Antragsteller Untermieter und kann mangels der Voraussetzungen nach § 2 Abs 3 MRG auch nicht im außerstreitigen Verfahren seine Anerkennung als Hauptmieter erreichen. Daß die Gesellschafter der Pächterin zu einem späteren Zeitpunkt Eigentum an der Liegenschaft erwarben, ändert daran nichts, weil der gesellschaftsrechtliche Trennungsgrundsatz die Unterscheidung zwischen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der als Kapitalhandelsgesellschaft Rechtspersönlichkeit zukommt, und ihren Gesellschaftern oder Geschäftsführern gebietet.

Die weiteren Anträge setzen dann voraus, daß der Antragsteller im Zeitraum vom 1.Juni 1990 bis 31.Mai 1991 Hauptmieter der Wohnung war, weil nur dann die Vorschriften über die Hauptmietzinsbildung und die Rechnungslegungsverpflichtungen des Vermieters gelten.

Es wurden daher auch diese weiteren Anträge im Ergebnis zutreffend abgewiesen, ohne daß es darauf ankäme, ob der Mietgegenstand in einem Gebäude mit nicht mehr als vier selbständigen Wohnungen gelegen ist (dazu ImmZ 1991, 408 = WoBl 1992/50 - Call -, ob also im Gebäude nur vier Bestandobjekte bestehen, gleich ob Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten, und ob vermietet, verpachtet oder vom Vermieter selbst benützt), und ob nicht schon die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 4 MRG vorlagen.