JudikaturJustiz5Ob116/98i

5Ob116/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Mietrechtssachen der Antragsteller 1.) Franz M*****, 2.) Christine M*****, 3.) Erika G*****, 4.) Marianne S*****,

5.) Dr.Wilfried C*****, alle vertreten durch Mag.Meinrad Seeber, Angestellter der Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Tirol, Adamgasse 9, 6020 Innsbruck, gegen die Antragsgegner 1.) Ing.Herbert G*****, und 2.) Firma G***** Bau GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Johann Paul Cammerlander, Dr.Harald Vill und Dr.Helfried Penz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, wegen Überprüfung der Angemessenheit von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen (§ 37 Abs 1 Z 13 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Jänner 1998, GZ 1 R 562/97x-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18.Juli 1997, GZ 30 Msch 172/96v-5 (30 Msch 214/96w, 30 Msch 215/96g, 30 Msch 216/97i, 30 Msch 217/96m), aufgehoben wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Zurückzahlungsbegehrens der Drittantragstellerin der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Hauptmieter von Wohnungen im Haus 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 3, das im Eigentum der Antragsgegner steht. Sie haben das Haus 1995 erworben; Voreigentümerin war die W*****.

Die Voreigentümerin des Hauses hat von den Antragstellern jahrelang Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge eingehoben, und zwar vom Erstantragsteller sowie der Viertantragstellerin auf der Basis der Wohnungskategorie C, von den übrigen Antragstellern auf der Basis der Wohnungskategorie B. Die Beteiligten hatten sich auf diese Vorgangsweise geeinigt, da nicht klar war, welchen Ausstattungszustand die Wohnungen bei Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses hatten. Ein Teil der Wohnungen war von Rechtsvorgängern der Antragsteller schon vor dem zweiten Weltkrieg bezogen, ein anderer Teil 1945 nach dem Reichsleistungsgesetz 1939 an Rechtsvorgänger der Antrag- steller zugewiesen worden. Die Kriegsschäden an den Wohnungen sind zumindest teilweise von den Mietern bzw Nutzungsberechtigten behoben worden.

Im Jahr 1996 schrieben die Antragsgegner den Antragstellern Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge jeweils auf der Basis der Ausstattungskategorie A vor, worauf die Antragsteller zunächst bei der Schlichtungsstelle, dann gemäß § 40 Abs 1 MRG bei Gericht die Überprüfung der Vorschreibungen beantragten. Eines ihrer Argumente gegen die Zulässigkeit der erhöhten Vorschreibungen ging dahin, daß die mit dem früheren Hauseigentümer getroffene Vereinbarung, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge auf Basis der Ausstattungskategorien B bzw C einzuheben, auf die Antragsgegner überbunden worden sei. Die Antragsgegner bestritten dies.

Das Erstgericht entschied, daß die den Antragstellern jeweils per 1.7.1996 vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge in Höhe von S 2.915,22, S 2.834,47, S 2.307,35, S 2.199,04 bzw S 2.173,99 nicht angemessen (gemeint: in dem die bisherigen Vorschreibungen übersteigenden Ausmaß unzulässig) sind (die an sich im Gesetz nicht vorgesehene Abweisung des Zurückzahlungsbegehrens der Drittantragstellerin - siehe dazu Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 73 zu § 37 MRG - ist in Rechtskraft erwachsen und daher hier nicht mehr zu behandeln). Von den dieser Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen ist lediglich hervorzuheben, daß die Antragsgegner beim Erwerb des verfahrens- gegenständlichen Hauses folgende Vertragsklausel unter- schrieben haben:

"Den Käufern sind ... die auf dieser Liegenschaft begründeten Bestandrechte allesamt bekannt und haben sie sich durch Einsicht in die Mietzinsliste von der jeweils vorgeschriebenen Höhe der Mietzinse überzeugt und anerkennen ausdrücklich diese Vorschreibungen ..."

Daraus zog das Erstgericht den Schluß, daß der Erhöhung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge eine die Antragsgegner bindende Vereinbarung mit den Antragstellern entgegenstehe. Diese sei aus folenden Gründen auch im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG zu beachten:

Für die Beurteilung, ob das streitige oder außerstreitige Verfahren anzuwenden ist, sei der Inhalt des Entscheidungsbegehrens und das Sachvorbringen der Antragsteller maßgebend. Wohl verweise § 37 Abs 1 Z 13 MRG Feststellungsansprüche über die Angemessenheit des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags in das Außerstreitverfahren. Unter Angemessenheit in diesem Sinn sei aber nur die gesetzliche Zulässigkeit zu verstehen. Die Frage, ob der Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags eine Parteienvereinbarung entgegensteht, sei daher von der Verweisungsnorm des § 37 Abs 1 Z 13 MRG nicht erfaßt. Für sie gelte, daß Ansprüche, die sich auf eine Parteienvereinbarung gründen, dem Rechtsweg vorbehalten sind. Das Begehren der Antragsteller richte sich aber auf eine Überprüfung der Mietzinse bzw Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (hinsichtlich ihrer Angemessenheit), die jedenfalls dem Außerstreitrichter zugewiesen sei. Dabei habe als Vorfrage (der Zulässigkeit der Vorschreibungen der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge) auch der Inhalt des Kaufvertrages aus dem Jahr 1995 überprüft werden müssen, wenngleich diese Frage ansonsten vom Streitrichter zu entscheiden wäre. Dementsprechend könne nicht darüber hinweggegangen werden, daß sich die Antragsgegner in einem Vertrag zugunsten Dritter verpflichtet haben, den Mietern keine höheren Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge vorzuschreiben als bisher.

Das von den Antragsgegnern angerufene Rekursgericht hob diese Entscheidung auf, um das Verfahren durch die Feststellung der jeweiligen Urkategorie der verfahrensgegenständlichen Wohnungen (also der Ausstat- tungskategorie bei Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses) sowie der formellen Voraussetzungen der Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ergänzen zu lassen. Es meinte, daß das Erstgericht den Einwand der Antragsteller, die Vorschreibung höherer Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge widerspreche einer auch die Antragsgegner bindenden Parteienvereinbarung, gar nicht hätte behandeln dürfen. Vom Sonderfall der Rückforderung nicht verbrauchter Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge abgesehen, seien nämlich im Mietzinsbereich ausschließlich Feststellungsansprüche ins außerstreitige Verfahren verwiesen, und zwar mit der Einschränkung, daß sie auf die Feststellung der gesetzlichen Unzulässigkeit von Mietzinsbestandteilen (und damit auch von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen) gerichtet sind, wobei diesbezüglich auf das konkrete Begehren abzustellen sei. Die Feststellung, daß ein begehrter Mietzins bzw vorgeschriebener Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag einer Vereinbarung widerspricht oder deren Einhebung eine Parteienvereinbarung entgegensteht, könne immer nur im Rechtsweg erklärt werden (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 19 und 24 zu § 37 MRG). Die Prüfung der Frage, ob die Antragsgegner durch die Anerkennung der den Antragstellern durch den Rechtsvorgänger der Antragsgegner vorgeschriebenen Mietzinse samt Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen auf die Einhebung höherer Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge verzichtet haben, habe daher im gegenständlichen Verfahren unberücksichtigt bleiben müssen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit Rechtsfragen, die sich aus dem Reichsleistungsgesetz 1939 ergeben.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller eine Verkennung der Rechtslage durch das Rekursgericht in der Frage geltend, ob der Erstrichter auf die der Einhebung höherer Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge entgegenstehende Parteienvereinbarung Bedacht zu nehmen hatte. Als Vorfrage der Entscheidung über die Zulässigkeit der seit 1996 vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge sei dieses Rechtsproblem aus den vom Erstgericht angeführten Gründen sehr wohl im gegenständ- lichen Verfahren zu lösen gewesen. Der Revisions- rekursantrag geht dahin, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Von den Antragsgegnern liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die dem Außerstreitrichter in Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG zukommende Befugnis zur Entscheidung von Vorfragen verkannte; er erweist sich im Sinn der begehrten Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses auch als berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß die Judikatur einen Verzicht des Vermieters auf die Einhebung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen als zulässig und rechtswirksam erachtet (MietSlg 41/10; 4 Ob 504/89 = MietSlg 41.433; vgl auch WoBl 1990, 16/8). Dementsprechend zulässig und rechtswirksam ist auch die Vereinbarung, den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag auf ein bestimmtes Ausmaß zu beschränken. Hier haben die Antragsteller mit dem Voreigentümer des Hauses eine solche Vereinbarung getroffen, an die die Antragsgegner kraft ausdrücklicher Vereinbarung, zumindest aber im Hinblick auf die Anordnung des § 2 Abs 1 vorletzter Satz MRG gebunden sind. Fraglich ist daher nur, ob dies vom Erstrichter bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Vorschreibung höherer Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zu beachten war.

Unzweifelhaft könnte eine rechtskraftfähige Feststellung, daß eine die Parteien bindende Vereinbarung besteht, den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag mit einem bestimmten Betrag zu limitieren, nur im streitigen Verfahren getroffen werden, weil hiefür in § 37 Abs 1 MRG keine Entscheidungskompetenz des Außerstreitrichters vorgesehen ist. Hier wurde jedoch der Außerstreitrichter zur Entscheidung angerufen, die Unzulässigkeit der den Antragstellern ab 1.7.1996 vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge festzustellen. Es geht somit um die Angemessenheit von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen, die gemäß § 37 Abs 1 Z 13 MRG allein der Außerstreitrichter zu prüfen hat (vgl Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 24). Im Zuge eines solchen Verfahrens hat der Außerstreitrichter erforderlichenfalls auch die Vorfrage zu lösen, ob der Einhebung der generell hinsichtlich ihrer Zulässigkeit angezweifelten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge eine Parteienvereinbarung entgegensteht (darauf verweist auch die Entscheidung 7 Ob 668/90 = MietSlg 43.307, die immer als Beleg dafür angeführt wird, über das Bestehen einer solchen Vereinbarung sei im streitigen Rechtsweg abzusprechen). Das wurde für die Überprüfung von Mietzinsvorschreibungen bereits ausgesprochen (Würth aaO Rz 19 zu § 37 MRG mwN) und gilt wegen der Rechtsähnlichkeit von Mietzins und Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen (die insbesondere auf den "neuen" EVB zutrifft: vgl Würth aaO, Rz 11 zu § 45 MRG) auch für Verfahren, in denen über die Zulässigkeit von EVB-Vorschreibungen zu entscheiden ist. Zu Recht hat sich daher das Erstgericht im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung mit dem Argument der Antragsteller befaßt, die Vorschreibung höherer als der bisher eingehobenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge widerspreche einer getroffenen Vereinbarung. Auch in der Frage selbst wurde die Vorfrage richtig gelöst, sodaß wie im Spruch zu entscheiden war.