JudikaturJustiz5Ob1078/91

5Ob1078/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max R*****, Kaufmann, ***** Wien, K*****gasse 6/12, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Irene S*****, Angestellte, ***** Wien, S*****straße 91, vertreten durch Dr. Günther Dallinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Beseitigung eines Daches (Streitwert S 80.000,--) infolge ao. Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Juli 1991, GZ 13 R 70/91-22, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Daß vom Berufungsgericht über ein dem Klagsvorbringen nicht zu entnehmendes "Begehren" entschieden worden wäre, trifft nicht zu. Tatsächlich zielt der Vorwurf der Revisionswerberin auf die Verwertung überschießender Feststellungen, doch ist auch ein solcher Verfahrensmangel nicht zu erkennen. Überschießende Feststellungen sind nach ständiger Judikatur zu berücksichtigen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes halten (E 15 zu § 266 ZPO, MGA14). Hier wurde vom Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe für die Zusage des Zeugen Dipl.Ing. Dr. S***** einzustehen, es werde auf dem Zubau eine begehbare Terrasse errichtet. Dieses Vorbringen deckt die Annahme eines Vollmachtsverhältnisses, auch wenn in der Klage nur auf Gespräche zwischen dem Zeugen Dipl.Ing. Dr. S***** und dem Vater der Beklagten Bezug genommen wurde. Die Möglichkeit einer anderen Auslegung des Klagsvorbringens wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil die Entscheidung auf die konkreten, nur für diesen Fall charakteristischen Prozeßbehauptungen abstellen müßte (vgl. 4 Ob 1009/88; 1 Ob 666/90; 6 Ob 1550/91).

Rechtliche Beurteilung

Die Argumente der Revisionswerberin zum Problem der Aktivlegitimation setzen sich über die vom Berufungsgericht richtig erkannte Tatsache hinweg, daß der Kläger seinen Beseitigungsanspruch auf eine Vereinbarung stützt. Ansonsten wäre nach der bisher bekannten Sachlage wohl nicht an die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft, sondern an eine Eigentumsfreiheitsklage zu denken, wie sie jedem einzelnen Wohnungseigentümer zusteht (vgl. Gamerith in Rummel I2, Rz 4 zu § 829 ABGB und Rz 13 zu § 835 ABGB; WoBl 1991, 64 mit Anmerkung von Call ua).

Die Rechtsausführungen der Revisionswerberin zur Frage der Stellvertretung beziehen sich auf die Vollmacht kraft äußeren Tatbestandes (insbesondere der Hinweis auf Strasser in Rummel I2, Rz 49 zu § 1002 ABGB) und stellen daher die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das von einer vertraglichen Bevollmächtigung des Zeugen Dipl.Ing. Dr. S***** durch die Beklagte ausgegangen ist, nicht in Frage. Entscheidend war allein das Auslegungsproblem, wie weit die Vollmacht des Zeugen Dipl.Ing. Dr. S***** reichte, der die Zustimmung der anderen Miteigentümer zu seinem und der Beklagten Bauvorhaben einholen und die behördliche Baubewilligung beschaffen sollte. Die hiefür maßgebliche Vorschrift des § 1029 ABGB besagt, daß der Umfang einer mündlich erteilten Vollmacht aus dem Gegenstand und der Natur des Geschäftes zu beurteilen ist (vgl. VersR 1966, 840; SZ 42/88). Eine solche Entscheidung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Stanzl in Klang2 IV/1, 882) und ist daher vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. 7 Ob 701/86 uva, darunter VersRdSch 1989, 60).

Die tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Wiedergabe des Prozeßvorbringens einer Partei im angefochtenen Urteil ist für die Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung ohne Bedeutung (3 Ob 66/74 uva, zuletzt 4 Ob 136/89). Schon deshalb würde der dem Berufungsgericht vorgeworfene Begründungsmangel keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs.1 ZPO aufwerfen. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs.1 Z 9 ZPO setzt darüber hinaus einen Widerspruch im Urteilstenor oder eine so mangelhafte Begründung voraus, daß sich die Entscheidung gar nicht überprüfen läßt (JBl.1950, 214 uva; siehe auch E 111 und 112 zu § 477 ZPO, MGA14). Von derartigen Entscheidungsfehlern kann keine Rede sein.