JudikaturJustiz5Ob1/96

5Ob1/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Karl R*****, vertreten durch Dr.Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die Antragsgegnerin G*****, vertreten durch Dr.Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Mietzinsanhebung gemäß §§ 12 a, 46a MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgericht vom 23.Oktober 1995, GZ 13 R 189/95-20, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 27.Juli 1995, GZ 2 Msch 153/94p-15, abgeändert wurde, den

S a c h b e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Sachbeschluß wird abgeändert, daß der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Eigentümer des Hauses E*****. Im Erdgeschoß dieses Hauses befinden sich Geschäftsräumlichkeiten, die mit Mietvertrag vom 19.10.1977 vom Antragsteller an den Einzelkaufmann Karl G***** vermietet wurde. Karl G***** verstarb am 7.11.1993. Sein Nachlaß wurde seinen Kindern Elfriede S*****, Wolfgang G***** und Gabriele G***** mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 20.4.1994, 1 A 405/93z-17, aufgrund des Gesetzes zu je einem Drittel eingeantwortet.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11.4.1994 errichteten Wolfgang G*****, Elfriede S***** und Gabriele G***** eine Offene Handelsgesellschaft mit der Firma "G***** OHG". Nach § 3 Z 4 des Gesellschaftsvertrages wurde das Unternehmen zur Fortführung der protokollierten Einzelfirma nach Karl G***** durch die Erben gegründet.

Im Mietvertrag vom 19.10.1977 war ein Mietzins von S 100 je Quadratmeter wertgesichert vereinbart; zuletzt betrug der Mietzins brutto 4.700 S monatlich. Der angemessene Mietzins für das Geschäftslokal mit 114 m2 Nutzfläche beträgt S 225 netto je Quadratmeter (= S 25.650).

Der Antragsteller begehrte gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG mit Antrag vom 8.9.1994, für diese Geschäftsräumlichkeiten ab 1.1.1995 einen monatlichen Hauptmietzins von S 400 netto/m2 als angemessen festzusetzen. Es liege eine Einzelrechtsnachfolge im Sinne einer Unternehmensveräußerung nach § 12 a Abs 1 MRG vor, die den Vermieter berechtige, eine Anhebung des Mietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag zu begehren.

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen den Antrag aus. Es liege eine Gesamtrechtsnachfolge nach dem verstorbenen Karl G***** vor. Es komme daher nicht § 12 a Abs 1 MRG, sondern allenfalls § 46 a Abs 2 MRG zur Anwendung. Auf den vorliegenden Fall seien jedoch primär die vor Inkrafttreten des nunmehr geltenden Mietrechtsgesetzes anzuwendenden Bestimmungen, insbesondere § 1116 a ABGB anzuwenden. Dem Vermieter stehe daher kein Erhöhungsrecht zu. Im übrigen wurde die Angemessenheit des begehrten Mietzinses von S 400 netto pro Quadratmeter bestritten.

Das Erstgericht gab dem Antrag teilweise statt. Es setzte ab 1.1.1995 einen monatlichen Hauptmietzins von S 25.650 (wertgesichert) als angemessen und zulässig fest.

Dem gegen diesen Sachbeschluß erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin gab das Rekursgericht Folge; es änderte ihn dahin ab, daß es den Antrag auf Festsetzung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 400 je Quadratmeter netto ab 1.1.1995 für das Geschäftslokal abwies. § 12 Abs 1 und 2 MRG in der Fassung des 3.WÄG gelte - so wie schon vor Inkrafttreten des 3.WÄG die Bestimmung des § 12 MRG - nicht für eine erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge. Die für den Erwerb des von Todes wegen in Form der Universalsukzession maßgebliche Bestimmung des § 46 a Abs 2 MRG gestatte eine jährliche Fünfzehntelanhebung eines Hauptmietzinses bis zur Höhe des angemessenen Mietzinses nur dann, wenn der (frühere) Hauptmieter nach dem 1.3.1994 (dem Inkrafttreten des 3.WÄG) verstorben sei. Durch die Fortführung eines Vollhandelsgewerbes durch mehrere Erben entstehe eine offene Handelsgesellschaft; durch die Einbringung eines anderen Unternehmens und anderer Betriebsliegenschaften werde der Tatbestand des § 12 a Abs 3 MRG nicht erfüllt; diese Gesetzesstelle erfasse nur Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeit innerhalb der Gesellschaft.

Schließlich sprach das Gericht zweiter Instanz aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei und begründete dies mit dem Fehlen einer Entscheidung, die ausdrücklich zur Mietzinserhöhung im Falle des Fortbetriebes eines erblasserischen Unternehmens durch mehrere Erben in Form einer OHG Stellung nehme und der Ablehnung der Entscheidung 1 Ob 512-514/95.

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des Sachbeschlusses erster Instanz abzuändern. Der Antragsteller könne sich der Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht anschließen. Es werde nicht ein Einzelunternehmen weitergeführt, sondern eine durch die Erben neu errichtete OHG, in die überdies - wie sich aus § 19 des Gesellschaftsvertrages ergäbe - mehrere betrieblich genutzte Liegenschaften und Liegenschaftsanteile eingebracht worden seien. Aus dieser Einbringung ergebe sich, daß die Gründung der OHG nicht allein der Unternehmensfortführung diene.

Die Antragsgegnerin erstattete keine Rechtsmittelbeantwortung.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß Art II Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG gelten die mietrechtlichen Änderungen zwar auch für Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten mit 1.3.1994 geschlossen wurden. Dies ändert aber nichts daran, daß die neuen Rechtsvorschriften, soweit nicht besondere Übergangsregelungen etwas anderes vorsehen, nur auf nach Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sind (Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 356 Anm 1). § 46a Abs 2 MRG stellt auf den Tod des Geschäftsraummieters ab. Mit dem Tod verwirklicht sich der maßgebende Sachverhalt endgültig und abschließend (vgl 5 Ob 2056/96f = RdW 1996, 358). Wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, ist für die Anwendung der zitierten Gesetzesstelle nicht maßgeblich, weil diese tatbestandsmäßig an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlaß auf den Erben nicht anknüpft, sondern lediglich den Tod des Geschäftsraummieters voraussetzt. Ist daher der Hauptmieter - wie hier - vor dem 1.3.1994 verstorben, kann § 46a Abs 2 MRG nicht angewendet werden.

An dieser Rechtsansicht hat der erkennende Senat in 5 Ob 2316/96s, 5 Ob 2424/96y und 5 Ob 146/97z festgehalten.

Hingegen sind die Voraussetzungen einer Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a MRG nach dem 1.3.1994 gegeben.

Bis zur Einantwortung (vom 20.4.1994) standen Unternehmen und Mietrecht der Verlassenschaft zu. Eine allfällige Unternehmensfortführung der Erben während dieser Zeit geschah namens der Verlassenschaft, sodaß hiedurch keine OHG entstand (vgl JBl 1967, 371, 372 u). Mit der Rechtskraft der Einantwortung trat die Universalsukzession der Erben nach dem Erblasser ein; der Zustand des ruhenden Nachlasses ist beendet (Welser in Rummel ABGB2 Rz 5 zu §§ 787, 798). Wird das eingeantwortete und daher im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergegangene Unternehmen von diesen fortgeführt, so entsteht entweder durch ausdrücklichen Vertrag (hier Gesellschaftsvertrag vom 11.4.1994) oder schlüssig durch die Unternehmensfortführung eine OHG (Aicher/Ostheim, OHG und Erbengemeinschaft, ÖJZ 1981, 253, 256; SZ 53/64). Die von den Erben zur Unternehmensfortführung vorgenommene Einbringung ihrer ererbten Unternehmensanteile in die OHG bewirkt den Übergang des Unternehmens in eine andere Form der Gesamthandgemeinschaft: die OHG ist nicht eine bloße Fortsetzung der Erbengemeinschaft, was sich schon daraus ergibt, daß die Miterbengemeinschaft in aller Regel auch noch sonstiges Vermögen umfaßt (Huek, Das Recht der OHG4, 71). Es tritt daher auch kein ipso-iure-Erwerb des Unternehmens bzw seiner Vermögensbestandteile ein, sondern es bedarf entsprechender Übertragungsakte (Huek, aaO; Koppensteiner in Straube, HGB2, Rz 20 zu § 124 HGB mwN). Dies zeigt, daß der Unternehmensübergang auf die OHG keine Gesamtrechtsnachfolge ist, sondern ein von den Erben nach der Einantwortung vorgenommener (oder - wie hier - wirksam gewordener) Übertragungsakt, also eine den Regeln der Einzelrechtsnachfolge unterliegende Unternehmensveräußerung iSd § 12 Abs 3 MRG aF oder - wie hier - iSd § 12a Abs 1 MRG idF des 3. WÄG. So hat die Rechtsprechung die Einbringung eines Unternehmens in eine Gesellschaft als Sacheinlage oder die Fortführung des Unternehmens als OHG oder KG als Veräußerungsakt iSd genannten Gesetzesstellen angesehen (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 20 zu § 12a MRG mit Judikaturnachweisen, insbes MietSlg 47.224).

Ob die Auslegung des § 12a Abs 1 MRG im Lichte des § 46a Abs 2 MRG (s Würth/Zingher, aaO, Rz 11 zu § 12a MRG) im Falle der Fortführung eines Vollhandelsgewerbes durch eine Erbengemeinschaft zu einem anderen Ergebnis führen müßte, braucht hier nicht untersucht werden, weil - wie schon gesagt wurde - § 46 Abs 2 MRG wegen des Todes des Hauptmieters vor dem 1.3.1994 nicht anzuwenden ist. Eine so weitgehende Wirkung des § 46a Abs 2 MRG, daß diese Bestimmung wegen der eng zusammenhängenden Systematik der Bestimmungen des § 12a MRG und des § 46a Abs 2 MRG die Annahme es erforderte, § 12a Abs 1 MRG auch dann, wenn § 46a Abs 2 MRG auf einen bestimmten Sachverhalt gar nicht anzuwenden ist, so zu verstehen, daß § 12a Abs 1 MRG nunmehr - entgegen der früheren Rechtslage - die Einbringung der Anteile mehrerer Personen an einem Unternehmen in eine handelsrechtliche Gesellschaft keinen die Mietzinsanhebung rechtfertigenden Vorgang mehr darstelle, ist nicht angebracht. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß § 46a Abs 2 MRG primär eine sonst bei Gesamtrechtsnachfolge nach dem Grundtatbestand des § 12a Abs 1 MRG überhaupt nicht vorgesehene Mietzinsanhebung wenigstens stufenweise ermöglichen, nicht aber bisher und nach dem Grundtatbestand zulässige Mietzinsanhebungen ausschließen will. Es darf die Bestimmung des § 46a Abs 2 MRG nicht schon dann, wenn sie unmittelbar wegen des Todes des Hauptmieters vor ihrem Inkrafttreten gar nicht anwendbar ist, schon zu solchen Wirkungen führen, die selbst im unmittelbaren Anwendungsbereich bei der jedenfalls im Bestandrecht im allgemeinen gebotenen Auslegung möglichst eng am Wortlaut nicht zwingend sind.

Aus diesen Erwägungen ist daher der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederherzustellen.

Rechtssätze
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