JudikaturJustiz54R130/97z

54R130/97z – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
03. April 1997

Kopf

Das Landesgericht hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie Dr. Hemetsberger und Dr. Purkhart in der Rechtssache der klagenden Partei O***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Viktor Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, gegen die Beklagte A***** H***** ***** wegen S 1.965,40 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 18.2.1997, 4 C 158/97m-2, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

B e g r ü n d u n g:

Text

Die klagende Partei hat gegen die beklagte Partei die Erlassung eines Zahlungsbefehles über den Kapitalsbetrag von S 1.965,40 s.A. beantragt und vorgebracht, daß in dem auf Zahlung des Kaufpreises gelieferter Waren gegründeten Klagsbetrag für die außergerichtliche Forderungseintreibung S 944,40 enthalten seien, zu deren Tragung sich die beklagte Partei vertraglich verpflichtet habe.

Das Erstgericht hat über den für die Warenlieferung selbst geltend gemachten Betrag von S 1.021,-- s.A. den Zahlungsbefehl laut Klage erlassen und bezüglich der Inkassospesen in Höhe von S 944,40 die Klage zurückgewiesen. Für Inkassospesen sei, selbst wenn diesbezüglich eine Vereinbarung bestehe, der Rechtsweg unzulässig (54 R 81/96 des LG Salzburg).

Gegen diese Klagszurückweisung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Begehren, sie ersatzlos zu beheben und dem Erstgericht die Erlassung eines bedingten Zahlungsbefehles auch hinsichtlich der geltend gemachten Inkassokosten von S 944,-- s.A. aufzutragen.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin gründet ihr Rechtsmittel darauf, da sie bereits in ihrer Klage vorgebracht habe, die Beklagte schulde die Inkassokosten aufgrund der vereinbarten Bestell- und Lieferbedingungen; sie seien daher keine vorprozessualen Kosten, sondern aufgrund der Vereinbarung ihrer öffentlich-rechtlichen Natur entkleidet und daher als Hauptforderung zu qualifizieren (JBl. 1954, 568). Die von der Judikatur für die eigenständige Geltendmachung von Nebenkosten geforderte Voraussetzung des Nichtbestehens einer Akzessorietät zwischen Haupt- und Nebenforderung sei nämlich ausschließlich auf jenen Fall anwendbar, daß über die Tragung der Nebenkosten keine Verinbarung bestehe. Hier beruhe der Anspruch auf Bezahlung der Nebenkosten jedoch auf dem Titel "Vertrag", welcher aufgrund der Vertragsfreiheit der Parteien ohne irgendwelche Einschränkungen für sich alleine als Anspruchsgrundlage ausreiche. Da die Zulässigkeit des Rechtsweges einzig und allein anhand des Klagebegehrens und der Klagsbehauptungen zu prüfen sei, und die klagende Partei einen privatrechtlichen Anspruch geltend gemacht habe, hätte daher das Klagebegehren nicht zurückgewiesen werden dürfen.

Damit gesteht der Rekurs jedenfalls zu, daß es sich bei dem Betrag von S 944,40 um Kosten von Eintreibungsmaßnahmen handelt, die vor Beginn des Rechtsstreites aufgelaufen sind. Es handelt somit um vorprozessuale Kosten, die der Einleitung bzw. Vorbereitung des Prozesses dienten. Auch diese Kosten sind Prozeßkosten im Sinne des § 41 ZPO, allerdings, wie sich aus dieser Gesetzesstelle ergibt, nur unter der Voraussetzung, daß es in der Folge überhaupt zur Prozeßführung kommt (Fasching, Kommentar II, 302). Auch schon die ältere Lehre hat alle sogenannten Gestehungs- und Produktionskosten des Rechtsschutzes immer zu den Prozeßkosten gezählt (Pollak, System, 54; Sperl, Lehrbuch, 721).

In der Judikatur werden vorprozessuale Kosten ebenfalls immer als Teil der Prozeßkosten behandelt; all diese Kosten gebühren daher nur im Falle des Obsiegens und sind fast ausschließlich vom Erfolg in der Hauptsache abhängig, bilden also einen öffentlich-rechtlichen Annex derselben und begründen sohin keinen eigenen selbständigen Anspruch (vgl. MGA-ZPO14, § 41 ZPO/19-23). Solche Kosten teilen daher grundsätzlich das Schicksal der Prozeßkosten, sind also in die Kostennote aufzunehmen und werden nach den allgemeinen Regeln über den Prozeßkostenersatz behandelt. Werden sie dennoch nicht in der Kostennote verzeichnet, sondern als Hauptforderung geltend gemacht, ist insoweit der Rechtsweg unzulässig (vgl. Fucik in Rechberger, Rz 5 vor § 40 ZPO unter Hinweis auf EvBl 1988/99; WR 71; WR 224; u.v.a.).

Durch bloße Vereinbarung der Parteien kann dieser öffentlich-rechtliche Anspruch nicht ein privatrechtlicher werden, wie sich aus § 40 Abs. 2 ZPO ergibt, der die Anwendung materiellen Rechtes in Beurteilung der Prozeßkostenersatzpflicht ablehnt (EvBl 1937/338). Weder die Tatbestände, aus denen die Kosten erwachsen, noch der Grund, warum sie zu tragen und zu ersetzen sind, entspringen dem Privatrecht (Sperl, 726). In diesem Zusammenhang betont daher Fasching nochmals, daß das besondere Kriterium dieses öffentlichen rechtlichen Anspruches auch seine Akzessorietät sei. So lange dessen Verbindung zur Hauptsache nicht gelöst werde, können daher Prozeßkosten nur nach den §§ 41 ff ZPO geltend gemacht werden. Nach Aufhebung der Akzessorietät sind jedoch die prozessualen Kostenregeln kein Maßstab mehr. Dann können solche Kosten nur auf Basis des materiellen Rechtes (z. B. Schadenersatz oder privatrechtliche Vereinbarung) zustehen. Nur in diesem Fall handelt es sich um einen solchen Privatrechtstitel, für den dann die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht werden muß (Fasching, Kommentar II, 303).

Auch der OGH vertritt keine andere Rechtsansicht. Zu Unrecht berufen sich nämlich der Rekurs wie auch die Judikatur z. B. der Landesgerichte Linz, Ried, Steyr, und Wels und zuletzt auch des OLG Linz (vgl. 1 R 54/97k) nämlich darauf, daß der OGH in der in JBl 1954, 568 veröffentlichten Entscheidung (der Rekurswerber bezieht sich auf die Veröffentlichung in SZ 27/115) ausgesprochen habe, daß es zur Entkleidung des öffentlich-rechtlichen Charakters eines Kostenersatzanspruches genüge, daß die Parteien darüber eine Vereinbarung getroffen hätten. In dieser Fundstelle ist nämlich die Entscheidung naturgemäß nur verkürzt wiedergegeben. Aus dem Volltext des Beschlusses 3 Ob 264/54 kann aber ebenso wie der umfangreicheren Veröffentlichung derselben Entscheidung in SZ 27/115 hinreichend deutlich entnommen werden, daß der OGH es in dieser Entscheidung mit einer Vereinbarung zu tun hatte, in welcher bereits entstandene Kosten nachträglich vereinbarungsgemäß pauschaliert worden waren. Daher faßt der Leitsatz in der amtlichen Sammlung SZ 27/115 den Entscheidungsinhalt auch wie folgt zusammen: "Zulässigkeit des Rechtsweges zur Geltendmachung verglichener vorprozessualer Kosten".

Auch Michelmayr betont in seiner Besprechung gerade dieser Entscheidung in JBl 1954, 568, daß damit der OGH keinesfalls vom Grundsatz der Akzessorietät des Kostenersatzanspruches abgegangen ist, sondern vielmehr die Verselbständigung der Kostenforderung als Folge der Aufhebung der Akzessorietät ebenfalls tragendes Element dieser Entscheidung ist.

Daß jedoch dann, wenn die Abhängigkeit des Nebenanspruches vom Hauptanspruch etwa durch Anerkenntnis, Vergleich, etc. aufgehoben worden ist, der Anspruch selbständig einklagbar wird, entspricht auch der Judikatur des Rekursgerichtes (vgl. hg. 54 R 497/96v).

Wenn nun aber nicht jede privatrechtliche Vereinbarung den öffentlich-rechtlichen Charakter des Kostenersatzanspruches aufhebt, sondern nur eine solche, mit welcher ein bereits bestehender Zusammenhang zur Hauptsache gelöst wurde, dann kann es aber auch nicht genügen, wenn sich ein Kläger in seinem Vorbringen lediglich darauf beruft, daß sich die beklagte Partei verpflichtet habe, die Inkassokosten aufgrund der vereinbarten Bestell- und Lieferbedingungen zu ersetzen, weil damit nämlich noch keinesfalls die Auflösung des Zusammenhanges zwischen Haupt- und Nebenanspruch schlüssig dargetan wird. Erst wenn konkret vorgebracht werden kann, daß mit der Vereinbarung, auf die sich die klagende Partei beruft, der Annex der Nebensache zur Hauptsache gelöst worden ist (z. B., weil eben bereits entstandene vorprozessuale Kosten verglichen worden sind: SZ 27/115 = JBl 1954/568) kann der Anspruch auch im ordentlichen Rechtsweg als Hauptsache geltend gemacht werden.

Es besteht daher nach nochmaliger eingehender Prüfung der vom Rekurs aufgeworfenen Fragen unter Rückgriff auf den Volltext des Judikates 3 Ob 264/54 kein Grund, von der ständigen Judikatur des Rekursgerichtes oder auch der Rechtsprechung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen in Wien (36 R 557/96w u.v.a.) abzuweichen.

Da die klagende Partei nicht, und schon gar nicht in der erforderlichen Schlüssigkeit, vorgebracht hat, daß mit der privatrechtlichen Vereinbarung auch der Zusammenhang der Nebenforderung mit dem Hauptanspruch gelöst worden wäre, steht der selbständigen Geltendmachung der vorprozessualen Betreibungskosten die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen, weshalb das Erstgericht zu Recht die Klage zurückgewiesen hat.

Die Erfolglosigkeit des Rekurses führt dazu, daß die klagende Partei ihre Rekurskosten selbst zu tragen hat (§§ 40 und 50 ZPO).

Ein weiterer Rechtszug ist § 528 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 ZPO ausgeschlossen.