JudikaturJustiz4Ob88/17w

4Ob88/17w – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien A***** P*****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.000 EUR sA, Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Zahlung (Stufenklage) und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Februar 2017, GZ 6 R 170/16m 57, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen das auf UrhG, UWG und ein Anerkenntnis gestützte Unterlassungsbegehren samt mehreren jeweils geringfügig modifizierten Eventualbegehren ebenso zur Gänze ab wie die weiteren Begehren auf Zahlung von 1.000 EUR sA, Beseitigung, Rechnungslegung und Zahlung (Stufenklage) sowie auf Urteilsveröffentlichung. Ein Eingriff in die vom Kläger behaupteten Alleinverwertungsrechte an einer kybernetischen (Lern )Methode, die der Kläger von H***** D***** ableitet, wurde ebenso verneint wie das Vorliegen von urheberrechtlich geschützten Werken des Genannten. In den Entscheidungen wurde hervorgehoben, dass sich die Veröffentlichungen des beklagten Verlags im Rahmen der Berechtigungen seiner Vertragspartnerin E***** S***** hielten, auf deren Erkenntnissen die streitgegenständliche kybernetische (Lern )Methode vollständig beruhe und der die (weitere) Nutzung ihrer Methode in einem auch mit H***** D***** geschlossenen Vergleich zugestanden worden war.

Die klagende Partei zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Entscheidende Bedeutung kommt hier der Auslegung des Vergleichs zu. Ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, ist eine Frage des Einzelfalls und bildet von Fällen grober Fehlbeurteilung abgesehen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung nach § 502 ZPO (RIS Justiz RS0042776, RS0044358). Das gilt auch für die Beurteilung, ob und wenn ja in welchem Umfang urheberrechtliche Ansprüche eingeräumt wurden (4 Ob 238/08s; 4 Ob 23/15h; RIS Justiz RS0044466 [T2]).

2. Im Vergleich wurde vereinbart, dass E***** S***** berechtigt bleibt, die kybernetische Methode weiter zu entwickeln, zu verwerten und eigenständig unter einer neuen Bezeichnung zu vermarkten. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung des Vergleichs, dass die der E***** S***** eingeräumten Befugnisse auch die Verwertung der von ihr entworfenen (und einen wesentlichen Bestandteil der Methode bildenden) streitgegenständlichen „Mundbilder“-Piktogramme umfassen, ist jedenfalls vertretbar.

3. Aus diesen Erwägungen kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels auch nicht mit den vagen Ausführungen zur „Urheberrechtskette“ begründet werden. Die aus dem Revisionsvorbringen zu erschließende Behauptung, die beklagte Partei sei zur Verwendung des Kybernetik-Materials und der Bilder allein durch die Zustimmung von E***** S***** nicht berechtigt gewesen, wirft auch schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil der Vergleich, insbesondere wegen der darin E***** S***** eingeräumten Befugnis, die Methode „nach ihren Vorstellungen weiter […] zu vermarkten“ vertretbar dahin ausgelegt werden kann, dass er auch die Weitergabe von Nutzungsrechten gestattete (vgl 4 Ob 69/14x). Somit findet die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass sich die Veröffentlichungen der beklagten Partei im Rahmen jener Befugnis halten, die E***** S***** im Vergleich eingeräumt worden ist, Deckung in einer vertretbaren Vertragsauslegung.

4. Bereits wegen der von den Vorinstanzen aus dem Vergleich vertretbar abgeleiteten Befugnis der E***** S***** zur Weiterentwicklung der Mundbilder kann es dahinstehen, ob den Bearbeitungen von H***** D***** überhaupt Werkcharakter zukommt. Eine Revision ist aber nur dann zulässig, wenn der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts konkret aufzeigt, von deren Lösung die Entscheidung im konkreten Anlassfall abhängt (§ 502 Abs 1 ZPO).

5.1 Insoweit die Revision zu zahlreichen Detailfragen (etwa dazu, ob die beklagte Partei durch Änderung von Lippen, Zahnreihen oder Einfärbungen eine Bearbeitung von urheberrechtlich geschützten Werken vorgenommen hat) fehlende Rechtsprechung vermisst, nimmt sie stark auf die Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls Bezug, was aber die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen kann. Die Kasuistik des Einzelfalls schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (RIS Justiz RS0042405).

5.2 Abgesehen vom Umstand, dass sich die Veröffentlichungen nach vertretbarer Auffassung im Rahmen der E***** S***** durch den Vergleich eingeräumten Befugnisse halten, ist die Frage, ob im Plagiatsstreit die Übereinstimmung zwischen dem Original und dem Verletzungsgegenstand im schöpferischen Teil des Originals gegeben ist (vgl RIS Justiz RS0076468), zudem eine Frage des Einzelfalls (4 Ob 118/15d; RIS Justiz RS0122254). In der Bejahung eines ausreichenden Abstands zwischen den Bearbeitungen von H***** D***** und den von E***** S***** für die Publikationen der beklagten Partei gestalteten Bildern liegt keine krasse Fehlbeurteilung.

6. Schließlich zeigt die Revision auch zum behaupteten Anerkenntnis und zum UWG keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 ZPO auf.

7. Die in der außerordentlichen Revision behaupteten erheblichen Rechtsfragen liegen somit nicht vor. Das Rechtsmittel ist daher zurückzuweisen.