JudikaturJustiz4Ob585/95

4Ob585/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Dezember 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Christine B*****, vertreten durch Dr.Herwig Anderle, Rechtsanwalt in Linz, wider den Antragsgegner Othmar K*****, vertreten durch Dr.Eckhard Tasler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 17.August 1995, GZ 13 R 248/95-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 9.Juni 1995, GZ 6 N 38/94f-31, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die am 11.7.1957 geborene Antragstellerin ist die uneheliche Tochter des in zweiter Ehe verheirateten Antragsgegners, welcher nunmehr für eine am 15.2.1982 geborene eheliche Tochter sorgepflichtig ist. Die Antragstellerin hat sich am 27.5.1978 ohne Wissen ihres Vaters mit Sigismund W***** verehelicht; die Ehegatten haben den Familiennamen der Frau als gemeinsamen Familiennamen bestimmt. Die damals vermögenslose Antragstellerin hat zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung als kaufmännische Angestellte im Monatsdurchschnitt rund 5.000 S (14 x jährlich), ihr Ehegatte hat als Hilfsarbeiter geringfügig mehr verdient. Das Jahreseinkommen des Antragsgegners als Kriminalbeamter hat 1978 168.552,40 S betragen; er hatte damals noch keine Sorgepflichten.

Im Jahre 1994 bezog er ein Monatseinkommen von zumindest 30.000 S, im April 1994 ein solches von ca 130.000 S.

Dem von der Tochter am 16.6.1994 erhobenen Antrag auf Bestellung eines Heiratsgutes von - zuletzt (ON 27, S 119) - 85.600 S begegnet der Vater (ua) mit dem Einwand, daß sie ohne sein Wissen geheiratet hat und er zureichende Gründe gehabt hätte, die Eheschließung zu mißbilligen, da ihr Bräutigam mehrmals gerichtlich vorbestraft war und die Annahme des Familiennamens der Frau der "Verschleierung" dieser Vorstrafen dienen sollte.

Das Erstgericht erkannte den Antragsgegner im zweiten Rechtsgang schuldig, der Antragstellerin ein Heiratsgut von 66.000 S zu leisten und wies das Mehrbegehren von weiteren 19.600 S - insoweit rechtskräftig - ab. Der Ehegatte der Antragstellerin sei zwar vor der Eheschließung mehrmals strafgerichtlich verurteilt worden - nämlich von 1969 bis 1976 insgesamt viermal wegen Eigentumsdelikten und je einmal wegen "Vagabundage" und wegen "Suchtgiftschmuggels" -, doch sei er nach der Eheschließung - abgesehen von einer Verurteilung wegen eines Verkehrsunfalles - nicht mehr straffällig geworden; die Antragstellerin und ihr Ehegatte hielten seit der Heirat zueinander. Der zum Zeitpunkt der Eheschließung gegebene Mißbilligungsgrund sei daher in der Zwischenzeit weggefallen, weshalb der Ausstattungsanspruch der Antragstellerin zu Recht bestehe.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Tochter zur Gänze ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei; es traf folgende ergänzende Tatsachenfeststellungen über die zum Zeitpunkt der Eheschließung vorgelegenen gerichtlichen Vorstrafen des Ehegatten der Antragstellerin:

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, daß auch gerichtliche Vorstrafen ein zureichender Grund für die Mißbilligung der Heirat im Sinne des § 1222 ABGB sein könnten. Die insgesamt 12 gerichtlichen Vorstrafen des Ehegatten der Antragstellerin im In- und Ausland, derentwegen er zum Zeitpunkt der Eheschließung insgesamt zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, sieben Monaten und 10 Tagen und zu einer Geldstrafe von 800 S verurteilt worden war, hätten neben Vermögensdelikten auch strafbare Handlungen gegen Leib und Leben sowie Suchtgiftdelikte betroffen, sodaß sie die objektive Besorgnis eines schweren Charaktermangels des Bräutigams der Antragstellerin rechtfertigten. Die zahlreichen und schweren Vorstrafen seien daher ein zureichender Grund für die Mißbilligung der Eheschließung durch den Antragsgegner. Daran ändere es auch nichts, daß der Ehegatte der Tochter seither - mit Ausnahme einer Verurteilung wegen eines Verkehrsunfalls - nicht mehr straffällig geworden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt:

Gemäß § 1222 ABGB sind Eltern (also auch der hier allein in Anspruch genommene Vater), wenn die Tochter ohne Wissen oder gegen den Willen ihrer Eltern (des Vaters) sich verehelicht hat und das Gericht die Ursache der Mißbilligung gegründet findet, selbst in dem Falle, daß sie in der Folge die Ehe genehmigten, nicht schuldig, ihr ein Heiratsgut zu geben. Der Ausstattungsanspruch ist demnach auch bei Heirat der Tochter ohne Wissen der Eltern (des Vaters) davon abhängig, daß der Dotierungspflichtige nicht zureichende Gründe für eine Mißbilligung der Ehe gehabt hätte (Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1222; SZ 65/119 = ÖA 1993, 74 mwN). Die Vorschriften des ABGB über das der Braut zu bestellende Heiratsgut geben keinen unmittelbaren Aufschluß darüber, welche Gründe für eine Mißbilligung der Eheschließung zureichend sind. Jedenfalls ist dabei wesentlich, daß die Bestimmung der Verhinderung leichtfertiger Ehen dient (Petrasch aaO; SZ 37/142; EvBl 1976/153 = EFSlg 24.803) und daher nur solche Gründe als triftig anerkannt werden können, die sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse, Vermögen und Einkünfte des Bräutigams sowie auf die reifliche Überlegung des Entschlusses beider Brautleute beziehen; dabei hat nicht das Interesse der Eltern, sondern das Kindeswohl im Vordergrund zu stehen (Petrasch aaO Rz 2 zu § 1222; EFSlg 20.201, 54.213, 56.964; SZ 65/119 = ÖA 1993, 74 uva; zuletzt etwa 2 Ob 576/93). In diesem Sinn ist bereits ausgesprochen worden, daß auch gerichtliche Vorstrafen des Bräutigams grundsätzlich als zureichender Grund für die Mißbilligung der Eheschließung in Betracht kommen (5 Ob 234/75, teilweise veröffentlicht in EvBl 1976/153 und EFSlg 24.803; 2 Ob 576/93). Wenn der Oberste Gerichtshof in diesen Entscheidungen dennoch zum Ergebnis kam, daß die auf die gerichtlichen Vorstrafen des Bräutigams gegründete Ablehnung der Eheschließung nicht gerechtfertigt war, so geschah dies nur deshalb, weil aufgrund der jeweiligen Fallkonstellation die Vorstrafen schon zum Zeitpunkt der Eheschließung keine objektive Besorgnis einer Beeinträchtigung des Wohles der Tochter mehr zu begründen vermochten. Maßgebend ist nämlich nach allen Richtungen, ob der den Mißbilligungsgrund bildende Tatbestand im Zeitpunkt der Eheschließung vorlag, bleiben doch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung die Wirkungen der Mißbilligung auch umgekehrt sogar dann bestehen, wenn die Eltern "in der Folge" die mißbilligte Ehe genehmigen (Weiß in Klang2 V 746). Auch wenn sich daher nach der Eheschließung die dagegen sprechenden objektiven Gründe für eine Mißbilligung wegen einer zureichenden Besorgnis in Bezug auf das Wohl der Tochter nicht bewahrheiten, kann dies nicht mehr dazu führen, daß ihr Ausstattungsanspruch gegen den Vater, ohne dessen Wissen sie die Ehe geschlossen hat, wieder auflebt.

Das Rekursgericht hat auch zutreffend erkannt, daß zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung im Hinblick auf die zahlreichen und schweren gerichtlichen Vorstrafen des Bräutigams der Tochter gerechtfertigte Mißbilligungsgründe im Sinne einer objektiven Besorgnis für ihr Wohlergehen in der von ihr ohne Wissen des Vaters eingegangenen ehelichen Gemeinschaft vorlagen.

Diese Erwägungen führen bereits dazu, daß dem Revisionsrekurs der Tochter kein Erfolg beschieden sein kann.

Rechtssätze
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