JudikaturJustiz4Ob49/07w

4Ob49/07w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei F***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Wille Brandstätter Scherbaum, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Zahlung, Herausgabe von Dokumenten, Rechnungslegung, Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 20. Dezember 2006, GZ 5 R 215/06h-15, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte hatte von der Klägerin - vorbehaltlich konkret bezeichneter Ausnahmen - sämtliche Werbeflächen an und in Postbussen gemietet. Die Vorinstanzen haben der Beklagten verboten, im geschäftlichen Verkehr den aufrechten Bestand dieses Vertragsverhältnisses zu behaupten. Da die Beklagte das aushaftende Entgelt innerhalb der vertraglich vorgesehenen Nachfrist nicht vollständig bezahlt habe, sei das Vertragsverhältnis durch eine von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung erloschen. Eine innerhalb der Nachfrist abgegebene Aufrechnungserklärung sei nicht ausreichend bestimmt gewesen, sodass es nicht erforderlich sei, die - im Verfahren konkret behaupteten - Gegenforderungen zu prüfen. Als erhebliche Rechtsfrage macht die Beklagte geltend, dass die Vorinstanzen an die Bestimmtheit der außergerichtlichen Aufrechnungserklärung zu strenge Anforderungen gestellt hätten. Diese Frage ist allerdings unerheblich, da die Beklagte ihre Gegenforderungen auf der Grundlage des als bescheinigt angenommenen Vertragsinhalts nicht schlüssig behauptet hat. Punkt 6 Abs 7 des Vertrags (Beilage ./D) lautet auszugsweise wie folgt: „Vertrieb durch Mitarbeiter der Vermieterin namens der Mieterin ist zulässig. Bei diesen Geschäften gelten die Konditionen der Mieterin. Die Vermieterin erhält eine Provision von 15 % des Mietentgelts für die Werbefläche [...]." Die Beklagte bringt vor, die Klägerin habe „im Eigenvertrieb" Mietverträge abgeschlossen und das gesamte Entgelt für sich behalten. Da ihr dafür nur 15 % des nach den Konditionen der Beklagten zu berechnenden Entgelts zustünden, sei die Beklagte verpflichtet, 85 % des danach (fiktiv) berechneten Entgelts an die Beklagte abzuführen.

Da keine Vermietung „namens" der Beklagten erfolgte, können die von ihr geltend gemachten Ansprüche nur als Schadenersatzansprüche wegen Vertragsverletzung gedeutet werden. Denkt man aber das vertragswidrige Verhalten der Klägerin (Vermietung auf eigene Rechnung) weg (vgl dazu 4 Ob 74/05v = ÖBl 2006/15 - Großkunden-Rückvergütung IV; dazu Koziol, Wegdenken und Hinzudenken bei der Kausalitätsprüfung, RdW 2007, 12), dann wären überhaupt keine Mietverträge mit Dritten zustande gekommen. Das hätte nur dazu geführt, dass der Beklagten zusätzliche Flächen für ihre eigene Verwertung zur Verfügung gestanden wären. Weitere Einkünfte hätte sie durch diese bloße Möglichkeit noch nicht gehabt.

Das Verhalten der Klägerin hatte somit nur zur Folge, dass einzelne Werbeflächen für den bedungenen Gebrauch (dh für die Vermietung durch die Beklagte) unbrauchbar wurden. Das hätte die Beklagte (vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen) zur angemessenen Minderung ihres eigenen Mietzinses berechtigt (§ 1096 ABGB). Darüber hinaus könnte sie den entgangenen Gewinn fordern, wenn sie die Flächen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge tatsächlich zu ihren Konditionen hätte vermieten können. Dazu hat sie aber kein Vorbringen erstattet. Die von ihr behaupteten Ansprüche auf fiktives Mietentgelt scheitern daran, dass die Klägerin schon durch Untätigkeit rechtmäßig gehandelt hätte; eine Pflicht, namens der Beklagten Verträge abzuschließen, hatte sie nicht (vgl Koziol, RdW 2007, 13).