JudikaturJustiz4Ob283/01y

4Ob283/01y – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Walter S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Walter Strigl, Dr. Gerhard Horak OEG in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Lattenmayer, Luks Enzinger, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 150.632,90 S (= 10.946,92 EUR) sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. August 2001, GZ 38 R 141/01v-14, mit dem infolge Berufung des Klägers das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 13. April 2001, GZ 3 C 564/00x-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 10.946,92 EUR samt 4 % Zinsen aus je 185,54 EUR ab 10. 8. 1995 und ab jedem folgenden Monatszehnten - das sind Zinsen in Höhe von 1.094,63 EUR bis einschließlich 9. 7. 2000 - sowie zuzüglich 4 % Zinsen aus 10.946,92 EUR ab 10. 7. 2000 und die mit 5.220,50 EUR (darin enthalten 481,28 EUR Umsatzsteuer und 2.332,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu zahlen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger schloss am 15. 6. 1965 mit den seinerzeitigen Miteigentümern der Bestandliegenschaft einen Mietvertrag über eine Wohnung in Wien (Beilage A). In Punkt IV. des Vertrags wurde ein Mietzins vereinbart, der sich aus dem Hauptmietzins von 330 S pm samt einem gemäß § 16 Abs 2 Mietengesetz (folgend: MG) vereinbarten Zuschlag von 330 S pm und einem näher bezeichneten Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zusammensetzte. Weiters wurde festgehalten:

"Eine Erhöhung des Mietzinses aufgrund gesetzlicher, behördlicher oder gerichtlicher Bestimmungen oder Verfügungen - ausgenommen ein den Vermietern gemäß § 7 Mietengesetz wegen notwendiger Erhaltungsarbeiten allenfalls erwachsendes Recht zur Erhöhung des Mietzinses - wird erst ab 30. 6. 1975 auf das gegenständliche Mietverhältnis anwendbar; Mietzinsforderungen, die auf derartige Erhöhungen zurückgehen, können von den Vermietern erst für die Zeit nach dem 30. 6. 1975 geltend gemacht werden, sodass sich der Mietzins, wenn überhaupt, erst nach dem 30. 6. 1975 erhöht, ohne dass Nachzahlungen für die Zeiträume vor diesem Zeitpunkt zu entrichten sind.

Sollte jedoch eine gesetzliche Bestimmung schon vor dem 30. 6. 1975 vorsehen, dass Hauseigentümer derartige Mietzinserhöhungsbeträge an einen staatlichen oder sonstigen öffentlichen, jedenfalls nicht von den Hauseigentümern verwalteten Fonds oder eine sonstige öffentliche Stelle abführen müssen (wobei Zuweisungen von solchen Erhöhungsbeträgen an eine Mietzinsreserve oder sonstige steuerlich oder mietengesetzlich für Hauserhaltungszwecke oder dergleichen besonders gewidmete, aber in der Verfügungsgewalt der Hauseigentümer verbleibende Zweckmittel ausgenommen bleiben) und sollte jedoch eine solche gesetzliche Bestimmung eine derartige Abführungspflicht auch dann für Hauseigentümer vorsehen, wenn sie sich wie zum Beispiel im gegenständlichen Mietvertrag, gegenüber dem Mieter vertraglich verpflichtet haben, auf eine Mietzinserhöhung befristet zu verzichten, so hat der Mieter jenen Betrag zusätzlich zum oben vereinbarten Mietzins zu bezahlen, den die Hauseigentümer ansonsten aus eigenen Mitteln in den staatlichen Fonds oder der öffentlichen Stelle abführen müssten.

Bei jeder Art von Mietzinserhöhungen, aus welchen Gründen immer, wird vom Friedenskronenzins, das sind monatlich Kr 330 = S 330,-- ausgegangen; gesetzlich zulässigerweise erfolgende Mietzinserhöhungsbeträge sind erst dann und erst ab jenem Betrag auf den vertraglichen Mietzins (Hauptmietzins + Zuschlag S 330,--) anwendbar, wenn diese Erhöhungsbeträge den Zuschlag von S 330,-- übersteigen."

Mit schriftlichem Nachtrag vom 6. 3. 1973 vereinbarten die Parteien in Ergänzung bzw Abänderung des Mietvertrags vom 15. 6. 1965 ua:

"Der in (Punkt) IV. des Mietvertrages mehrfach erwähnte Termin 30. Juni 1975, bis zu welchem Mietzinserhöhungen auf das gegenständliche Mietverhältnis nicht anzuwenden sind, wird um 25 Jahre, das ist bis 30. Juni 2000 verlängert."

In Punkt 7. der Nachtragsvereinbarung wurde festgehalten, dass Catherine F***** Hausverwalterin des Hauses ist und erklärt, von den Mieteigentümern Dr. Franz F*****, Dipl. Ing. Hans F***** und Georgina S***** zu der diesem Nachtrag entsprechenden Vereinbarung ausdrücklich ermächtigt und bevollmächtigt zu sein, sowie dass der Vermieter Dr. Heinrich H***** sich derzeit in Moskau befinde. Die Unterfertigung dieser Nachtragsvereinbarung erfogte auf Vermieterseite erfolgte durch Catherine F***** namens der F*****-H*****`schen Verwaltung, Georgine S***** und Dr. Franz F*****. Mit Kaufvertrag vom 26. 9. 1973 erwarb die Beklagte die Bestandliegenschaft. Beginnend mit 1. 8. 1995 schrieb die Beklagte dem Kläger zusätzlich zum Hauptmietzins die Zahlung des "neuen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags" (folgend: EVB neu) gemäß § 45 MRG idF des 3. WÄG in der Höhe von 2.321 S zuzüglich 10 % USt, insgesamt sohin 2.553,10 S monatlich vor. Der Kläger zahlte vom 1. 8. 1995 bis 30. 6. 2000 spätestens am 9. jedes Monats diesen EVB neu unter dem Vorbehalt der Einstellung der Zahlungen und der Rückforderung.

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des von ihm an EVB neu entrichteten Betrags samt Zinsen. Die befristete Mietzinserhöhungsverzichtsvereinbarung betreffe die "Hauptabrede - Mietzins". Die Beklagte sei daran als Einzelrechtsnachfolger der seinerzeitigen Vermieter (nunmehr gemäß § 2 Abs 1 Satz 3 MRG) unabhängig davon gebunden, ob sie davon Kenntnis gehabt habe oder haben hätte müssen (überdies brachte der Kläger mit entsprechendem Beweisanbot vor, dass ein namentlich genanntes Mitglied des Vorstands der Beklagten alle Mietverträge studiert und demnach auch gekannt habe [ON 6 AS 28]). Die Wohnung sei bei Abschluss des Mietvertrags in unbrauchbarem Zustand gewesen; der Kläger habe hohe Ablösen gezahlt und aufwendige Investitionen vorgenommen. Da der EVB neu wirtschaftlich und rechtlich einer allgemeinen Erhöhung des Altmietzinses gleichkomme, erfasse der Verzicht auf jede Erhöhung des Mietzinses auch diesen EVB neu. Dieser teile, ohne formell ein Teil des Hauptmietzinses zu werden, vollständig dessen Schicksal. Er müsse nicht der Erhaltung und Verbesserung des Hauses zugute kommen und sei bloß eine Mietzinserhöhung unter einem "falschen (anderen)" Namen. Die Vorschreibung und Einforderung des EVB neu sei vertragswidrig und damit ohne Rechtsgrund erfolgt. Das - schon wegen des stets erklärten Rückforderungsvorbehalts - keineswegs gegen Treu und Glauben verstoßende Zahlungsbegehren werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf die §§ 1431 ff ABGB gestützt. Es sei auch keineswegs verjährt, weil die allgemeine Verjährungsfrist des § 1479 ABGB gelte.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Beim Abschluss des Nachtrags zum Mietvertrag sei nicht auf die Möglichkeit der Mietzinsanhebung verzichtet worden. Die "Hausverwaltung" wäre hiezu, da es sich um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung gehandelt habe, gar nicht berechtigt gewesen. Die Rechtswirksamkeit dieser Nachtragsvereinbarung werde daher bestritten. Durch die in Punkt IV. des Mietvertrags vereinbarte Ausnahme einer Mietzinserhöhung gemäß § 7 MG hätten die Parteien des Mietvertrags die Möglichkeit, eine Mietzinsanhebung für Erhaltungsarbeiten zu verlangen, bestehen lassen wollen. Der erst nach Abschluss des Mietvertrags "eingeführte" EVB neu habe die Funktion, die Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten sicherzustellen, die sonst im Wege des § 18 MRG bzw vorher im Wege des § 7 MG finanziert hätten werden können. Der Verzicht beziehe sich daher nicht auf den EVB neu, wozu noch komme, dass auf zur Zeit des Vertragsabschlusses noch gar nicht existente Ansprüche auch nicht im vorhinein wirksam verzichtet werden könne. Auch liege eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhalts vor, an die die Beklagte nicht gebunden sei, weil sie diese weder gekannt habe noch hätte kennen müssen. Die Rückforderung des vom Kläger seit 1995 - wenn auch unter Vorbehalt - geleisteten EVB neu verstoße gegen Treu und Glauben, weil vom Kläger als Rechtsanwalt erwartet werden könne, die ihm vermeintlich zustehenden Rechte unverzüglich und nicht erst nach Jahren geltend zu machen. Auch sei die Rückforderung einer wissentlich gezahlten Nichtschuld nicht möglich. Die länger als drei Jahre zurückliegenden Forderungen seien überdies verjährt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Verzichtserklärungen seien nicht ausdehnend, sondern eng auszulegen. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 6 Ob 736/88 (= MietSlg 41/10) ausgesprochen, die ausdrückliche Ausnahme von Mietzinserhöhungen nach den §§ 7 und 8 MG habe nach ergänzender Vertragsauslegung auch für Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (EVB alt) zu gelten, weil diese Bestimmungen Fälle einer Hauptmietzinserhöhung erfassten, die zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses oder in gewissen Fällen und unter gewissen Voraussetzungen auch dessen Verbesserung erforderlich seien; solche seien nicht nur gemäß §§ 6, 18 und 19 MRG vorgesehen; ihnen diene vielmehr auch die für Altverträge geltende Bestimmung des § 45 MRG, weil die EVB (alt) nur zur Deckung der Kosten von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten verwendet werden dürften; der klar erkennbare Zweck der vereinbarten Ausnahme vom Mietzinserhöhungsverzicht liege darin, dass er nicht zum Tragen kommen solle, wenn auch künftige gesetzliche Erhöhungen ausschließlich der Erhaltung und Verbesserung des Hauses zugute kämen.

Dies - so folgerte das Erstgericht - sei auch bei dem mit dem 3. WÄG eingeführten EVB neu der Fall: In § 45 Abs 2 MRG sei ausdrücklich festgehalten, dass der EVB dem Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung und Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten diene. Der Vermieter müsse sein Verlangen dem Hauptmieter schriftlich mit der Verpflichtung bekannt geben, den geforderten EVB zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt sind, zu verwenden. Sowohl der alte, als auch der neue EVB seien formal nicht Bestandteile des Hauptmietzinses. Sie würden nicht vereinbart, sondern könnten vom Vermieter eigenverantwortlich unter der einzigen materiell-rechtlichen Voraussetzung, dass hinsichtlich des Hauses weder ein Abbruchsauftrag noch eine Abbruchsbewilligung vorliegt, eingehoben werden. Vom alten EVB unterscheide sich der neue vor allem dadurch, dass er, ohne formell Teil des Hauptmietzinses zu werden, vollständig dessen rechtliches Schicksal teile, also nicht (wie vorher der alte EVB) bei nicht widmungsgemäßer Verwendung nach zehn Jahren zurückzuzahlen und nicht mehr weiter zu verrechnen sei. Dies möge zwar wirtschaftlich einer Erhöhung der Hauptmietzinse für Altmietverträge entsprechen, doch dürfe nicht übersehen werden, dass der ausdrücklich im Gesetz festgehaltene Zweck des EVB gleich geblieben sei. Es müsse daher unterstellt werden, dass redliche und vernünftige Parteien für den Fall der Kenntnis und des Bedenkens einer solchen künftigen Gesetzesänderung vereinbart hätten, dass auch der EVB neu vom Verzicht auf jedwede Erhöhung des vereinbarten Hauptmietzinses ausgenommen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Schon die einfache Vertragsauslegung nach dem Wortsinn des Punktes IV. des Mietvertrags vom 5. 6. 1965 lasse die Absicht der vertragsschließenden Parteien erkennen, den vereinbarten Mietzins für den Zeitraum vom Vertragsbeginn zunächst bis 30. 6. 1975, späterhin bis 30. 6. 2000, auch für den Fall der geänderten Gesetzeslage mit Ausnahme der die Hauseigentümer treffenden, auf den Mieter im gewissen Umfang überwälzbaren Abführpflichten an staatliche bzw öffentliche Stellen festzusetzen. Ausdrücklich sei die gesetzlich zulässige Mietzinserhöhung nach § 7 MG vom vereinbarten Verzicht ausgenommen worden. Dies seien nach der damaligen Rechtslage jene Fälle gewesen, in denen die Mietzinserhöhung zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses oder in gewissen Fällen und unter gewissen Voraussetzungen auch zu dessen Verbesserung erforderlich waren. Daraus sei ersichtlich, dass die Parteien die für die Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten gedachten Mietzinserhöhungen vom Verzicht ausnehmen wollten. Das durch § 45 MRG (ab 1. 1. 1982) neu geschaffene Institut der Erhaltungsbeiträge (seit 1. 1. 1986 idF der Novelle BGBl 1985/559 "Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge"), die der Deckung der Kosten von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten dienen, komme wirtschaftlich einer allgemeinen Erhöhung der Hauptmietzinse von Altmietverträgen gleich. Ob eine derartige "Mietzinserhöhung" vom Erhöhungsverzicht ausgenommen sei, könne dem erklärten Vertragswillen der Parteien nicht entnommen werden. Es sei daher die objektive "ergänzende" Vertragsauslegung geboten und unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Zum EVB alt habe der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (MietSlg 41/10), dass eine Ausnahme von Mietzinserhöhungen nach den §§ 7 und 8 MG von einem allgemeinen Mietzinserhöhungsverzicht nach ergänzender Vertragsauslegung auch für den EVB gelte. Wenn nun auch für die den EVB neu betreffende Verpflichtungserklärung des Vermieters keine Verwendungsfrist genannt und der (vorher) die Rückzahlung nicht verbrauchter EVB betreffende Absatz weggefallen sei, bestehe nach wie vor die Verpflichtung des Vermieters, die eingehobenen EVB zur Finanzierung von Arbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt seien, zu verwenden. Der erkennbare Zweck der vereinbarten Ausnahme vom Mietzinserhöhungsverzicht liege darin, dass er nicht zum Tragen kommen solle, wenn auch (künftige) gesetzliche Erhöhungen der Erhaltung und Verbesserung des Hauses zugute kommen sollten. Diese Voraussetzung treffe auch auf den EVB neu zu. Im Übrigen habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung WoBl 1997/37 ausgesprochen, die durch Vorschreibung des EVB neu gegebene Möglichkeit der Mietzinsanhebung greife zwar in bestehende Mietverträge ein, die Beseitigung des Rückforderungstatbestands nach § 45 Abs 7 MRG alter Fassung bedeute jedoch nicht, dass Rückforderungsansprüche des Mieters wegen Vertragsverletzung oder Wegfalls des Rechtsgrunds ihre Klagbarkeit verlören. Ein auf die Vereinbarung vom 15. 6. 1965 (mit Nachtrag vom 6. 3. 1973) gegründeter Anspruch des Klägers auf Rückforderung des gezahlten EVB neu sei daher nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete Revision des Klägers ist zulässig und auch berechtigt:

Dem vom Kläger unter Hinweis auf die Rechtsmeinungen namhafter Mietrechtsexperten vorgetragenen Argument, der mit dem dritten Wohnrechtsänderungsgesetz (3. WÄG - BGBl 1993/800) "geänderte" Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 45 MRG sei in Wirklichkeit eine versteckte Mietzinserhöhungsmöglichkeit für Altverträge, ist zu folgen: Der mit dem 3. WÄG erneuerte EVB erfuhr durch den gesetzlichen Entfall der befristeten Rückforderbarkeit (bei Nichtverwendung zum gesetzlichen Zweck) und der weiteren Verrechnungspflichtigkeit gegenüber dem vorher geltenden EVB alt eine derart weitgehende Loslösung von seinem (ohne gesetzliche Sanktionen) verbliebenen Zweckgehalt, dass er - wie dies unter anderem die "Legisten" Tades und Stabentheiner in ÖJZ 1994, Heft 1A, 1* ff insbesondere 19*), aber auch Würth/Zingher (Miet- und Wohnrecht20 § 45 Rz 1 und 11) bezeichnen - als eine "faktische" oder "dissimulierte" Anhebung der Mietzinse für Altverträge angesehen werden kann, mit dem alten EVB nur mehr "Namen und gewisse Förmlichkeiten" gemeinsam hat und sich faktisch vom Mietzins nicht mehr unterscheidet. Dazu kommt auch, dass für den EVB neu gemäß § 45 Abs 4 MRG die sonstigen Bestimmungen über die Mietzinse gelten (Gleichstellung). Zwar muss der Vermieter immer noch die in § 45 Abs 1 letzter Satz MRG vorgesehene Voraussetzung einhalten und bei der erstmaligen Vorschreibung des EVB die in § 45 Abs 2 MRG verbliebenen Verpflichtungserklärungen abgeben. Dies kann aber mit einer für den dringenden Zweck der Erhaltung und Verbesserung des Hauses vorgesehen gewesenen gerichtlich zu bewirkenden Maßnahme iSd § 7 MG (später § 18 MRG) oder auch mit dem in Bezug auf die Durchführung von notwendigen Arbeiten und deren Verrechnung mit Sanktionen versehenen EVB alt iSd § 45 MRG idF vor dem 3. WÄG nicht gleichgesetzt werden. Nach diesen Darlegungen ist der im vorliegenden Verfahren von der Vermieterseite erklärte Mietzinserhöhungsverzicht (bis 30. 6. 2000) im Zusammenhang mit dem von der Beklagten ab 1. 8. 1995 vom Kläger verlangten und von diesem nur unter Vorbehalt der Rückforderung (oder Einstellung der Zahlungen) geleisteten EVB doch anders zu beurteilen, als dies die Vorinstanzen taten. Da der EVB neu den Parteien des Mietvertrags vom 15. 6. 1965 und der Nachtragsvereinbarung vom 6. 3. 1973 nicht bekannt war, ist zu fragen, ob sie als redliche und vernünftige Vertragspartner für den Fall der Kenntnis und Einbeziehung dieser künftigen Gesetzesänderung (EVB neu) vereinbart hätten, dass auch dieser EVB vom Verzicht auf jede Erhöhung des vereinbarten Mietzinses ausgenommen werde oder nicht. Beurteilt man im Sinne der obigen Ausführungen den EVB neu praktisch als Erhöhung des Mietzinses, so muss man zum Ergebnis kommen, dass redliche Parteien auch diesen EVB neu als vom Verzicht auf jedwede Mietzinserhöhung umfasst und nicht der Ausnahme (vom Erhöhungsverzicht) "Mietzinserhöhung nach § 7 MG" zugeordnet hätten. Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, dass der Mietvertrag vom 15. 6. 1965 oder auch die Nachtragsvereinbarung vom 6. 3. 1973 nicht von den zum Vertragsabschluss berechtigten Personen abgeschlossen worden wären, wie dies die Beklagte entgegen der Aktenlage (siehe Beilagen A und B) behauptet hat; vielmehr kann aus den genannten Verträgen deutlich entnommen werden, dass diese von den dazu berechtigten oder bevollmächtigten (Hausverwaltung) Personen auf Vermieterseite geschlossen wurden.

Ob der im Zusammenhang mit der Fixierung des Mietzinses stehende, im gleichen Vertragspunkt geregelte befristete Verzicht der Vermieter auf jedwede Mietzinserhöhung mit Ausnahme einer solchen gemäß § 7 und MG ein Hauptpunkt des Mietvertrags oder nur eine Nebenabrede ist (siehe die zu dieser Frage bei Würth/Zingher aaO § 2 Rz 10 f ersichtlichen Hinweise auf Lehre und Rechtsprechung), muss hier nicht entschieden werden, weil diese Vertragsbestimmung selbst als Nebenabrede im Hinblick darauf, dass die Zahlungen und Aufwendungen des Klägers für Ablöse und Investitionen unbestritten sind, keinen ungewöhnlichen Inhalt aufweist. Die Beklagte ist daher als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Vertragspartner des Klägers an diese Vertragsbestimmungen gebunden, auch wenn es zutreffen sollte, dass sie - entgegen der mangels Durchführung der vom Kläger beantragten Beweise unbewiesen gebliebenen Behauptung des Klägers - von diesen Vertragsbestimmungen keine Kenntnis hatte oder haben hätte müssen.

Da der Kläger den EVB neu stets nur unter Vorbehalt der Rückforderung der von ihm als materiell-rechtlich ungerechtfertigt angesehenen Beträge zahlte, diese Schuld aber nach dem Vorgesagten tatsächlich wegen des gegen sie wirkenden Mietzinserhöhungsverzichts nicht zu Recht bestand, kann er sie von der in diesem Umfang bereicherten Beklagten rechtens zurückfordern (SZ 44/75; SZ 52/98; MietSlg 39.189 ua), zumal seine zutreffend auf § 1431 ABGB gegründeten Ansprüche keineswegs verjährt sind. Die Einwendung, dass sie den vom Kläger eingehobenen EVB neu im Sinn ihrer gemäß § 45 Abs 2 MRG gegebenen Verpflichtungserklärung für die Erhaltung und/oder Verbesserung des Hauses verwendet habe, hat die Beklagte im Verfahren nicht erhoben. Aus diesen Erwägungen ist der Revision Folge zu geben. Auf die weiteren Ausführungen und Anregungen der Revision muss daher nicht mehr eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 bzw 50 und 41 ZPO. Entgegen der Auffassung der Beklagten diente auch der Schriftsatz des Klägers ON 6 der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die Voraussetzungen für einen 50 %igen Zuschlag zum Revisionstarif iSd § 21 Abs 1 RATG liegen hier allerdings nicht vor.