JudikaturJustiz4Ob282/99w

4Ob282/99w – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ma***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Mag. Thomas In der Maur, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 440.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 10. September 1999, GZ 4 R 170/99w-13, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Mit der von der Klägerin als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, ob auch "aufgrund spezieller objektiver Kriterien erhobene Studienergebnisse Schutz nach § 1 UrhG genießen", hat sich der Oberste Gerichtshof bisher nicht ausdrücklich befasst; die Lösung dieser Frage ist aber aufgrund der bisher ergangenen Rechtsprechung so eindeutig, dass keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO besteht:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1 Abs 1 UrhG sind Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Geschützt ist das Werk als Ganzes und in seinen Teilen (§ 1 Abs 2 UrhG). Gegenstand des Urheberrechtsschutzes ist immer nur eine bestimmte Formung eines Stoffs (stRsp ua ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt); nicht schutzfähig ist die Methode des Schaffens (ÖBl 1997, 199 - Aids-Kampagne mwN). Ein Werkteil genießt nur dann Urheberrechtsschutz, wenn er als solcher die Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für sich allein die notwendige Individualität als "eigentümliche geistige Schöpfung" aufweist (MR 1996, 111 [Walter] = ÖBl 1996, 251 = ZfRV 1996, 193 - Happy Birthday II mwN).

Die Klägerin sieht den Werkcharakter der F*****-Studie in dem von F***** angewandten objektiven Verfahren, "durch die Beobachtung der in vielen nach bestimmten Kriterien ausgewählten Medien erschienenen Werbeeinschaltungen die für die Erstellung der Rangliste der Werbeagenturen relevanten Daten zu gewinnen und daraus die Rangliste zu erstellen". Ihrem Vorbringen nach will sie damit nicht urheberrechtlichen Schutz einer bestimmten Methode des Schaffens oder neuer Typen des Schaffens erreichen, sondern den Schutz der dabei gewonnenen objektiven Ergebnisse.

Für die Ergebnisse an sich ist aber ein Urheberrechtsschutz von vornherein ausgeschlossen. Eine Studie, wie die von der Klägerin ihrem Ranking zugrunde gelegte F*****-Studie, könnte nur als wissenschaftliches Sprachwerk schutzfähig sein. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, müsste es sich dabei um "eine sich durch individuelle Darstellung auszeichnende sprachliche Schöpfung auf wissenschaftlichem Gebiet handeln, deren äußere Form und/oder inhaltliche Gestaltung sich von vergleichbaren Werken deutlich abhebt" (ecolex 1996, 931 = ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel).

Dass die F*****-Studie diesen Kriterien gerecht würde, wird von der Klägerin nicht einmal behauptet. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, wären die von der Beklagten übernommenen Kennzahlen für sich allein keineswegs schutzfähig. Sie sind kein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, weil ihre Originalität selbst nach dem Vorbringen der Klägerin allein darin liegt, dass sie auf eine bestimmte Weise gewonnen wurde. Die Methode des Schaffens ist aber nie schutzfähig.

Die von der Beklagten übernommenen Studienergebnisse können weder einem wissenschaftlichen Gutachten noch einem Computerprogramm gleichgehalten werden. Auch bei einem Computerprogramm ist nicht ein durch seine Anwendung erzieltes Arbeitsergebnis geschützt, sondern die durch die Kombination vieler Programmschritte erreichte und damit individuell geprägte Problemlösung.

Die von der Beklagten als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, "ab wann die Behauptung eines Urheberrechts irreführend im Sinne des § 1 und § 2 UWG ist", ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Gegenstand der Entscheidung ist das an die Beklagte gerichtete Verbot, "die Ranking-List und die Werbe-Etats in Österreich tätiger Werbeagenturen" ... zu veröffentlichen. Die Entscheidung darüber hängt in keiner Weise davon ab, ob die Beklagte bei der von ihr veröffentlichten Rangliste zu Unrecht das Copyrightzeichen angebracht hat.