JudikaturJustiz4Ob28/84

4Ob28/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 1984

Kopf

SZ 57/49

Spruch

Ob ein Verbrauch des Urlaubs während der Kündigungsfrist zumutbar ist (§ 9 Abs. 1 Z 4 UrlaubsG), ist unter Bedachtnahme auf die gesamte Kündigungsfrist zu prüfen, auch wenn während dieser Frist ein neues Urlaubsjahr beginnt

Ein Verfall von Urlaubsansprüchen ist - abgesehen von der Möglichkeit ihrer Verjährung nach § 4 Abs. 5 UrlaubsG - ausgeschlossen

OGH 13. 3. 1984, 4 Ob 28/84 (LG Klagenfurt 3 Cg 23/83; ArbG Spittal an der Drau Cr 42/83)

Text

Der Kläger begehrt von der Beklagten, seiner ehemaligen Arbeitgeberin, die Zahlung einer der Höhe nach außer Streit stehenden Urlaubsentschädigung im Betrag von insgesamt 86 066.90 S sA. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, er sei vom 15. 12. 1981 bis zum 31. 12. 1982 als Leiter der chirurgischen Abteilung des Privatkrankenhauses der Beklagten angestellt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei von der Beklagten am 29. 9. 1982 zum 31. 12. 1982 ordnungsgemäß gekundigt worden. Der Kläger habe im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Anspruch auf einen offenen Urlaubsrest von 13 Tagen aus dem ersten Urlaubsjahr (15. 12. 1981 bis 14. 12. 1982) sowie auf einen "Sonderurlaub" im Ausmaß von 6 Tagen aus dem am 15. 12. 1982 beginnenden zweiten Urlaubsjahr gehabt. Diese restlichen Urlaubstage habe er im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr verbrauchen können. Die Beklagte habe ihm zwar vorgeschlagen, den erstgenannten Urlaubsrest in der Zeit vom 29. 11. bis 13. 12. 1982 zu verbrauchen, doch sei ihm dies wegen der zu dieser Zeit ungünstigen Witterung und weil er ohnehin in der Zeit vom 7. bis 14. 11. und vom 15. bis 31. 12. 1982 Urlaubsreste verbraucht habe, nicht zuzumuten gewesen; er habe während der Kündigungsfrist überdies seine Dienstwohnung bis 31. 12. 1982 räumen müssen, eine andere Wohnung gesucht, diese instand gesetzt und die Übersiedlung organisiert.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Dem Kläger wäre der Verbrauch des Resturlaubes von 13 Tagen während der Kündigungsfrist zumutbar gewesen, zumal er auf Grund seiner eigenen Urlaubswünsche damit habe rechnen müssen, daß er den verbleibenden Resturlaub im Spätherbst zu verbrauchen haben werde. Die Beklagte habe den Kläger am 7. 11. 1982 dienstfrei gestellt. Der "Sonderurlaub" von 6 Tagen sei dem Kläger auf Grund des Arbeitsvertrages zum Zweck der wissenschaftlichen Fortbildung im In- und Ausland zugestanden; aus diesem Grund sei eine Inanspruchnahme nur in natura in Betracht gekommen, sodaß dem Kläger ein Entschädigungsbetrag nicht zustehe.

Die Parteien stellten vor dem Erstgericht außer Streit, daß der Kläger den ihm für das zweite Urlaubsjahr im Ausmaß von 30 Tagen zustehenden Urlaub zur Hälfte in der Zeit vom 15. 12. bis 31. 12. 1982 verbraucht hat und ihm für die zweite Hälfte die Urlaubsentschädigung ausgezahlt worden ist; im Zeitpunkt der Kündigung stand dem Kläger ein Anspruch auf 18 Urlaubstage zu; davon hat er 5 Tage in der Zeit vom 7. bis 14. 11. 1982 einvernehmlich verbraucht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Kläger sei unter Bedachtnahme auf den Erholungszweck des Urlaubs ein Verbrauch der 13 restlichen Urlaubstage während der Kündigungsfrist ungeachtet der Jahreszeit zumutbar gewesen. Auf den im Arbeitsvertrag vereinbarten "Sonderurlaub" komme das Urlaubsgesetz nicht zur Anwendung, sodaß dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nicht zustehe.

Im Berufungsverfahren widerrief der Kläger die Außerstreitstellung hinsichtlich des Verbrauches von 15 Urlaubstagen des zweiten Urlaubsjahres ab 15. 12. 1982 und brachte dazu vor, daß auf diesen Urlaub die 13 aus dem ersten Urlaubsjahr stammenden restlichen Urlaubstage anzurechnen seien; der Klageteilbetrag von 58 888.05 S stehe dem Kläger unabhängig davon zu, ob man diese Urlaubstage dem ersten oder zweiten Urlaubsjahr zuordne.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es führte das Verfahren gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende wesentliche Feststellungen: In Punkt VIII des Arbeitsvertrages vom 4. 1. 1982 wurde ua. vereinbart: "Urlaub, der bis 30. 4. des folgenden Kalenderjahres nicht verbraucht wird, verfällt ohne Anspruch auf Geldentschädigung. Der Verfall tritt erst am 31. 12. ein, wenn der Urlaub wegen Unabkömmlichkeit nicht gewährt werden konnte. In diesem Fall hat Herr Dr. Wilfried R (Kläger) Anspruch auf eine Geldentschädigung. Der Krankenhauserhalter gewährt Herrn Dr. Wilfried R zur wissenschaftlichen Fortbildung im In- und Ausland einen Sonderurlaub von jährlich mindestens 6 Tagen unter Fortzahlung des vollen Entgelts." Da der ärztliche Leiter des Krankenhauses der Beklagten, Dr. L, die Absicht hatte, vom 4. bis 9. 10. 1982 auf Urlaub zu gehen, ersuchte er am 29. 9. 1982 den Kläger, er möge den ihm für dieselbe Zeit bewilligten Urlaub verschieben, damit er, Dr. L, zu dieser Zeit Urlaub nehmen könne. Der Kläger erklärte sich damit einverstanden. Die Beklagte wurde von dieser Änderung der Urlaubseinteilung nicht verständigt. Nach Erhalt des Kündigungsschreibens vom 29. 9. 1982 hat der Kläger aus kollegialer Rücksichtnahme auf Dr. L seine Zusage bezüglich der Urlaubsverschiebung nicht zurückgenommen. Die Beklagte hatte im Kündigungsschreiben auf ihre Absicht hingewiesen, eine einvernehmliche Regelung der noch offenen Urlaubsansprüche des Klägers herbeizuführen. Mitte Oktober 1982 gab der Kläger der Beklagten seinen Urlaubswunsch für die Zeit vom 7. bis 14. 11. 1982 bekannt. Die Beklagte war damit einverstanden und erklärte dem Kläger, er könne seinen noch offenen Urlaub in Anspruch nehmen, wann er wolle. Der Kläger meldete bei dieser Gelegenheit keine weiteren Urlaubswünsche an. Die Beklagte schlug ihm hierauf vor, er möge den ihm noch zustehenden Urlaub vom 29. 11. bis 31. 12. 1982 verbrauchen. Der Kläger war mit diesem Vorschlag nicht einverstanden und holte einige Tage später bei seinem Anwalt eine Rechtsauskunft ein. Mit Schreiben vom 21. 10. 1982 teilte dieser der Beklagten mit, der Kläger beabsichtige, in der Zeit vom 7. 11. bis 14. 11. und vom 17. 12. bis 31. 12. 1982 Urlaub zu nehmen und die für das erste Urlaubsjahr noch offenen drei Tage "Sonderurlaub" für den Besuch eines medizinischen Kongresses in Graz zu verwenden. Der Beklagtenvertreter erstattete in einem Schreiben vom 29. 10. 1982 dem Kläger den Vorschlag, dieser solle den ihm zustehenden Resturlaub von 18 Tagen vom 7. 11. bis 14. 11. 1982 und vom 29. 11. bis 13. 12. 1982 sowie den restlichen "Sonderurlaub" von drei Tagen (für das erste Urlaubsjahr) vom 25. bis 27. 11. 1982 verbrauchen; am 28. 11. 1982 werde der Kläger dienstfrei haben; weitere 15 Urlaubstage des zweiten Urlaubsjahres solle er im Dezember 1982 konsumieren. Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 9. 11. 1982 wurde dem Klagevertreter mitgeteilt, daß die Beklagte zu einer Änderung ihres dem Kläger mit Schreiben vom 29. 10. 1982 übermittelten Standpunktes nicht bereit sei und daß auf die weitere Arbeitsleistung des Klägers für die Zeit vom 15. 11. bis einschließlich 24. 11. 1982 verzichtet werde. Mit Schreiben vom 9. 11. 1982 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, der Kläger sei nicht bereit, seinen Resturlaub von 18 Werktagen zu anderen als den im Schreiben vom 21. 10. 1982 genannten Terminen anzutreten; er wies auf die Unzumutbarkeit des ihm von der Beklagten vorgeschlagenen Urlaubsverbrauches aus den näher angeführten Gründen hin. In dem mit 15. 11. 1982 datierten Antwortschreiben des Beklagtenvertreters bejahte dieser die Zumutbarkeit des vorgeschlagenen Urlaubsverbrauches und teilte dem Klagevertreter mit, daß die Dienste des Klägers während dieser Zeit (also während der von der Beklagten vorgeschlagenen Urlaubszeiten) nicht in Anspruch genommen würden, weil er sich nach der Auffassung der Beklagten in Urlaub befinde. Der Nachfolger des Klägers hat seinen Dienst Anfang oder Mitte November 1982 angetreten. Dem Kläger wäre es auf Grund der Diensteinteilung während der Kündigungsfrist jederzeit möglich gewesen, seinen Resturlaub zu verbrauchen. Die Ehegattin des Klägers war im Jahre 1982 in dessen Privatordination angestellt. Die beiden 5 und 6 Jahre alten Kinder waren noch nicht schulpflichtig. Der Kläger war vom 15. 11. bis einschließlich 24. 11. 1982 unter Fortzahlung des Entgelts dienstfrei gestellt. Am 28. 11. 1982 hatte er auf Grund der Diensteinteilung dienstfrei. Da seine Dienste von der Beklagten nicht mehr in Anspruch genommen wurden, verrichtete er ab 29. 11. 1982 keine Arbeit mehr. Er verbrauchte vom 15. 12. bis 31. 12. 1982 15 Urlaubstage; für weitere 15 Urlaubstage wurde ihm die Urlaubsentschädigung ausgezahlt. Der Kläger verbrachte den Urlaub vom 7. 11. bis 14. 11. 1982 gemeinsam mit seiner Familie auf einer Almhütte und in Graz.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die gemäß § 9 Abs. 1 Z 4 UrlG vorzunehmende Prüfung der Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches während der (dreimonatigen) Kündigungsfrist sei nicht auf den im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. 12. 1982) offenen Urlaubsanspruch des zweiten Urlaubsjahres zu beschränken; sie sei vielmehr auch hinsichtlich des aus dem ersten Urlaubsjahr noch offenen Urlaubsanspruches vorzunehmen. In der oben zitierten Gesetzesbestimmung werde nämlich nicht zwischen den Urlaubsansprüchen des laufenden Urlaubsjahres und den nicht verjährten Urlaubsansprüchen aus vorangegangenen Urlaubsjahren unterschieden. Hinsichtlich der Zumutbarkeit des Verbrauches der aus dem ersten Urlaubsjahr stammenden 13 Werktage und der Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des Urlaubsgesetzes auf den "Sonderurlaub" von 6 Tagen trat das Berufungsgericht der Auffassung des Erstgerichtes bei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers teilweise Folge; er verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 58 888.05 S brutto sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 27 178.85 S brutto sA ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zum Anspruch auf Urlaubsentschädigung hinsichtlich der 13 Urlaubstage:

Dem Berufungsgericht ist entgegen der Meinung des Revisionswerbers zunächst darin beizustimmen, daß die gemäß § 9 Abs. 1 Z 4 UrlG mit Rücksicht auf die hier vereinbarte dreimonatige Kündigungsfrist vorzunehmende Prüfung der Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches während der Kündigungsfrist - ein Fall der fehlenden Möglichkeit des Urlaubsverbrauches scheidet hier aus - in bezug auf die gesamte Kündigungsfrist vorzunehmen ist. Daß während des Laufes dieser Frist am 15. 12. 1982 ein neues Urlaubsjahr begonnen hat und daher für den Kläger ein neuer Urlaubsanspruch entstanden ist, bleibt auf den Umfang dieser Prüfung ohne Einfluß. Wenn auch gemäß § 4 Abs. 1 UrlG der Urlaub möglichst bis zum Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verbraucht werden soll, so wird der Urlaubsanspruch, wenn der Verbrauch des Urlaubs während des Urlaubsjahres - aus welchen Gründen immer - ganz oder teilweise unterblieben ist, ohne daß es einer diesbezüglichen Vereinbarung oder der Abgabe einer Erklärung bedürfte, von selbst auf das folgende Urlaubsjahr übertragen. Eine Schranke besteht nur in der - hier nicht in Betracht kommenden - Verjährungsbestimmung des § 4 Abs. 5 UrlG (EvBl. 1982/189; Cerny, Urlaubsrecht 57 f.; Klein-Martinek, Urlaubsrecht 72 ff.; für die eine solche Übertragung an bestimmte Voraussetzungen knüpfende abweichende Auffassung von Mayr, enthalten in dem vom Wirtschaftsverlag herausgegebenen Komm. z UrlaubsG 95 f.; fehlt jede gesetzliche Grundlage). Die im Arbeitsvertrag der Parteien enthaltene Bestimmung, wonach ein Urlaubsanspruch, der bis zum 30. 4. des folgenden Kalenderjahres nicht verbraucht ist, verfällt - es sei denn, der Urlaub habe aus dienstlichen Gründen nicht gewährt werden können -, steht mit der unabdingbaren Bestimmung des § 4 Abs. 5 UrlG über die Verjährung des Urlaubsanspruches in Widerspruch und ist daher rechtsunwirksam (§ 12 UrlG). Ein Verfall von Urlaubsansprüchen kommt außerhalb der Verjährung grundsätzlich nicht in Betracht (Cerny aaO 74 f.; Klein-Martinek aaO 75).

Im vorliegenden Fall stellt sich aber noch die Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 15. 12. bis 31. 12. 1982 den aus dem ersten Urlaubsjahr stammenden Urlaubsrest von 13 Werktagen oder die Hälfte des am 15. 12. 1982 entstandenen neuen Urlaubsanspruches des zweiten Urlaubsjahres verbraucht hat (s. dazu den Widerruf der diesbezüglichen Außerstreitstellung durch den Kläger im Berufungsverfahren). Da, wie bereits ausgeführt, ein nicht verbrauchter und nicht verjährter Urlaubsrest von selbst auf ein neu beginnendes Urlaubsjahr übertragen wird, ist ein im neuen Urlaubsjahr angetretener Urlaub auf den aus dem vergangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub anzurechnen. Diese an sich schon naheliegende Reihenfolge ergibt sich aus der Bestimmung des § 4 Abs. 1 UrlG, wonach der Urlaub möglichst bis zum Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verbraucht werden soll, sodaß ein "Horten" von Urlaubstagen vermieden werden soll; im übrigen sieht das Gesetz die Möglichkeit einer anderen Reihenfolge nicht vor.

Damit ist aber für den Kläger nichts Entscheidendes gewonnen. Unabhängig von der Zurechnung des Urlaubsrestes auf den ab 15. 12. 1982 verbrauchten Urlaub stellt sich nämlich die Frage, ob nicht dem Kläger dennoch ein Verbrauch dieses Urlaubsrestes und eines Teiles des am 15. 12. 1982 entstandenen neuen Urlaubsanspruches während der gesamten Kündigungsfrist zumutbar gewesen wäre. Da für den Verbrauch des letztgenannten Teiles nur der Zeitraum vom 15. 12. 1982 bis 31. 12. 1982 in Betracht gekommen ist, bleibt zu prüfen, ob dem Kläger vor diesem Zeitraum - aber innerhalb der Kündigungsfrist - ein Verbrauch der 13 Tage iS des § 9 Abs. 1 Z 4 UrlG zumutbar gewesen wäre.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist diese Frage zu verneinen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches während der Kündigungsfrist ist vor allem der Erholungszweck des Urlaubs zu berücksichtigen. Fällt die Kündigungsfrist in einen Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer auf Grund seiner persönlichen und familiären Verhältnisse keine entsprechende Erholungsmöglichkeit hat, ist ihm der Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist nicht zumutbar (Cerny aaO 102; Klein-Martinek aaO 114). Auch die Notwendigkeit, während der Kündigungsfrist einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, kann sich auf die Erreichung des Erholungszweckes hinderlich auswirken (Spielbüchler, Arbeitsrecht I 148).

Im vorliegenden Fall kommt der Monat Oktober für die Prüfung der Zumutbarkeit nicht in Betracht, weil die Parteien auf Vorschlag der Beklagten zunächst eine einvernehmliche Regelung der Urlaubsfrage versucht hatten, der Kläger sich über die Rechtslage informieren mußte und der Antritt eines Urlaubs mit Ehegattin und zwei Kleinkindern nicht zuletzt auch im Hinblick auf die vom Kläger betriebene Privatordination einer entsprechenden Vorbereitung bedurfte. Da der Kläger vor Ausspruch der Kündigung auf Ersuchen des ärztlichen Leiters des Krankenhauses der Beklagten, Dr. L, seinen für die Zeit vom 4. bis 9. 10. 1982 bewilligten Urlaub verschoben hat, um Dr. L einen Urlaub in dieser Zeit zu ermöglichen, kann der Nichtantritt dieses Urlaubs dem Kläger im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit nicht zum Vorwurf gemacht werden. Bedenkt man, daß der Kläger ohnehin in einer für einen Erholungsurlaub mit Kleinkindern in Österreich kaum geeigneten Zeit, vom 7. bis 14. 11. 1982, einen Teil seines Urlaubs verbraucht hat, dann konnte ihm ein weiterer Urlaub in der witterungsmäßig noch ungünstigeren Zeit vom 29. 11. bis 13. 12. 1982 noch weniger zugemutet werden. Es bedarf keiner näheren Erörterung, daß in dieser Jahreszeit, in der auch die Fremdenverkehrsbetriebe in einem nur sehr eingeschränkten Umfang zur Verfügung stehen, alle jene Unternehmungen, die dem Erholungszweck eines Urlaubs dienen, wie insbesondere der Aufenthalt in der freien Natur zum Wandern, Baden, Ausübung von Sport und ähnlichem, vor allem bei einer Familie mit Kleinkindern nicht oder zumindest nur in einem den Erholungswert sehr erheblich beeinträchtigenden Maß in Betracht kommen. Eine Reise in das witterungsbegünstigte Ausland konnte dem Kläger gerade auch im Hinblick auf seine beiden Kinder schon wegen der großen Entfernung und der gesundheitlichen Risken ebenfalls nicht zugemutet werden, wozu noch kommt, daß für eine solche Urlaubsreise ebenfalls eine längere Vorbereitungszeit erforderlich gewesen wäre. Da schon aus diesen Erwägungen ein Verbrauch des restlichen Urlaubs während der hiefür in Betracht kommenden Kündigungszeit dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, muß auf die vom Kläger weiters behaupteten, von den Vorinstanzen in das Beweisverfahren nicht einbezogenen Umstände der Postensuche, der Übersiedlung von der Dienstwohnung in eine neue Wohnung und der durch die Kündigung erforderlich gewordenen Ausgestaltung der Privatordination mit zusätzlichen Geräten nicht mehr eingegangen werden.

Da somit dem Kläger ein Verbrauch der 13 restlichen Urlaubstage während der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte, besteht sein Anspruch auf Urlaubsentschädigung insoweit (das ist im Betrage von 58 888.05 S brutto sA) zu Recht.

II. Zum Anspruch auf Urlaubsentschädigung hinsichtlich des Sonderurlaubs:

Rechtsgrundlage des dem Kläger im Ausmaß von mindestens 6 Tagen pro Jahr zustehenden "Sonderurlaubs" ist der Arbeitsvertrag. Dieser "Sonderurlaub" steht dem Kläger "zur wissenschaftlichen Fortbildung im In- und Ausland" zu. Die von den Parteien unterschiedlich beantwortete Frage, ob dem Kläger dieser "Urlaub" nur für den Besuch medizinischer Veranstaltungen zusteht oder auch für das Studium von Fachliteratur, kann hier dahingestellt bleiben. Der sogenannte "Sonderurlaub" ist nämlich kein Urlaub im rechtlichen Sinn, weil er nicht Erholungszwecken, sondern der wissenschaftlichen Fortbildung des Klägers dienen soll. Der Erholungszweck ist aber ein Wesensmerkmal insbesondere des im Urlaubsgesetz geregelten Urlaubs, wie sich aus der Überschrift zu Art. 1 und zu Abschn. 1 dieses Gesetzes, ferner aus § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 UrlaubsG eindeutig ergibt (Cerny aaO 21). Der dem Kläger im Arbeitsvertrag eingeräumte Anspruch ist weder ein Urlaubsanspruch iS des Gesetzes noch überhaupt ein Urlaub im rechtlichen Sinn, weil ihm eine vom Erholungszweck unabhängige Zweckbestimmung zugrunde liegt. Diese Vertragsbestimmung räumt nämlich dem Kläger lediglich das Recht ein, für den genannten Fortbildungszweck gegen Fortzahlung des Entgelts vom Dienst freigestellt zu werden. Voraussetzung hiefür ist, daß der Kläger die Dienstfreistellung zu dem genannten Zweck in Anspruch nimmt und dazu verwendet. Dieser Anspruch kann daher nur in natura erfüllt werden. Infolge des unterschiedlichen Normzwecks der Bestimmungen des Urlaubsgesetzes und der gegenständlichen Vertragsbestimmung können die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Entschädigungsanspruch auch nicht analog angewendet werden. Ob und in welchem Umfang der Besuch medizinischer Veranstaltungen daneben auch Erholungszwecken dienen mag, wie der Kläger behauptet, kann daher dahingestellt bleiben.

Der Revision war somit hinsichtlich des 13 Urlaubstage betreffenden Teiles des Klagsanspruches Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren in diesem Umfang stattgegeben wird. Im übrigen, das ist hinsichtlich der Abweisung des den "Sonderurlaub" betreffenden Teiles des Klagebegehrens im Betrag von 27 178.85 S brutto sA, war das angefochtene Urteil hingegen zu bestätigen.

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