JudikaturJustiz4Ob228/22s

4Ob228/22s – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen E*, geboren * 2019, in Pflege und Erziehung der Mutter E*, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters R*, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 6. September 2022, GZ 23 R 298/22d-58, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen setzten die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters für seine Tochter beginnend mit 1. 8. 2022 mit 1.035 EUR fest und verpflichteten den Vater weiters, für den Zeitraum vom 1. 9. 2020 bis 31. 7. 2020 einen Gesamtunterhaltsrückstand in Höhe von 8.657,19 EUR zu bezahlen.

[2] Der Vater beantragt mit seinem als außerordentlichen Revisionsrekurs zu wertenden Rechtsmittel, die Unterhaltsanträge der Minderjährigen abzuweisen. Die von den Vorinstanzen der Unterhaltsbemessung zugrunde gelegten Ausschüttungen seiner Gesellschaft in den Jahren 2018 bis 2020 seien verbraucht worden. Dies führe zu einer nicht zu rechtfertigenden doppelten Berücksichtigung. Überdies seien unzulässigerweise thesaurierte Gewinne der Gesellschaft in die Unterhaltsbemessung einbezogen worden, obwohl keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung bestünden.

Rechtliche Beurteilung

[3] Damit zeigt der Revisionsrekurswerber keine erheblichen Rechtsfragen auf. Der Revisionsrekurs ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

[4] 1. Das Erstgericht ist bei der Einkommensfeststellung des selbstständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen vom Durchschnittseinkommen aus den letzten drei der Beschlussfassung vorangehenden Wirtschaftsjahren ausgegangen (vgl RS0053251). Es ergibt sich aus dem eingeholten Buchsachverständigengutachten (das die Vorinstanzen ihren Feststellungen zugrunde legten), dass die festgestellte Gewinnausschüttung von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters gedeckt ist. Daraus folgt, dass in den Jahren 2018 bis 2020 nicht zu viele Gewinne entnommen wurden und von einer Bestrafung des Unterhaltsschuldners durch die vorgenommene Unterhaltsfestsetzung nicht die Rede sein kann. Der von den Vorinstanzen bemessene Unterhalt erscheint damit nicht unbillig und korrekturbedürftig.

[5] 2.1. Der Revisionsrekurswerber beruft sich auf die Entscheidung 1 Ob 211/21t, wonach eine Einbeziehung thesaurierter Beträge zu unterbleiben hat, wenn keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Vorgangsweise bestehen. Diese Entscheidung erging jedoch in einem Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG, wobei darauf hingewiesen wurde, dass sich weder aus dem Wortlaut von § 94 ABGB noch aus § 83 EheG eine Pflicht zur Anspannung eines Ehegatten auf Bildung von ehelichen Ersparnissen aus thesaurierten Gewinnen seines Unternehmens ergibt.

[6] 2.2. Im vorliegenden Fall konnten sich die Vorinstanzen jedoch auf die – aus dem (hier anwendbaren) Anspannungsgrundsatz resultierende – Pflicht des Unterhaltsschuldners stützen, eine ihm mögliche Gewinnentnahme nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten zu unterlassen (vgl RS0047686 [T28]). Damit zeigt der Revisionsrekurs auch zu diesem Punkt keine (grobe) Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf.