JudikaturJustiz4Fsc1/15g

4Fsc1/15g – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI A*****, vertreten durch Dr. Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, *****, vertreten durch Dr. Georg Angermaier, Rechtsanwalt in Wien, wegen 31.560 EUR sA, über den Fristsetzungsantrag der klagenden Partei wegen (behaupteter) Säumnis des Oberlandesgerichts Wien in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Das Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 16. Oktober 2012, GZ 25 Nc 2/12g 23, die Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ZPO zur Einbringung einer Klage gegen die Stadt Wien. In Entsprechung dieses Beschlusses bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien mit Bescheid vom 18. Oktober 2012 eine Rechtsanwältin zum Vertreter des Klägers.

Die in weiterer Folge eingebrachte Klage wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Urteil vom 2. April 2015, GZ 24 Cg 224/12f 103, zur Gänze ab. Gegen dieses Urteil erhob der Kläger, vertreten durch den mittlerweile umbestellten Verfahrenshelfer, Berufung an das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht.

Am 2. September 2015 erklärte der Kläger sowohl gegenüber dem Erst also auch dem Berufungsgericht, „dem bestellten Verfahrenshelfer und seiner Substitutin die Vollmacht zur Vertretung mit dem heutigen Tag aufgrund keiner zweckentsprechenden Vertretung in der gegenständlichen Rechtssache“ zu entziehen. Er beantragte die „Umbestellung von Amts wegen durch das Gericht“ und begründete dies näher mit der seiner Ansicht nach ungenügenden Vertretungstätigkeit des Verfahrenshelfers.

Das Oberlandesgericht Wien übermittelte der Rechtsanwaltskammer Wien eine Kopie dieses Antrags zur Kenntnis. Die Rechtsanwaltskammer Wien sah sich nicht veranlasst, eine Umbestellung des Verfahrenshelfers vorzunehmen.

Mit Urteil vom 30. September 2015 gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Dieses Urteil wurde den Vertretern der Verfahrensparteien am 13. Oktober 2015 zugestellt.

Am 16. Oktober 2015 stellte der Kläger einen Fristsetzungsantrag gemäß § 91 GOG, weil das Oberlandesgericht Wien mit der Entscheidung über seinen Umbestellungsantrag betreffend die Person des Verfahrenshelfers säumig sei. Das Oberlandesgericht Wien hätte nicht nur über seinen Umbestellungsantrag entscheiden und dem Kläger diese Entscheidung mitteilen müssen, sondern darüber hinaus auch das Verfahren unterbrechen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der Fristsetzungsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 91 Abs 1 GOG kann eine Partei den an den übergeordneten Gerichtshof gerichteten Antrag stellen, er möge dem Gericht für die Vornahme der Verfahrenshandlung eine angemessene Frist setzen, wenn ein Gericht mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung, etwa der Anberaumung oder Durchführung einer Tagsatzung oder Verhandlung, der Einholung eines Sachverständigengutachtens oder der Ausfertigung einer Entscheidung säumig ist.

Der zur Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwalt bedarf keiner Vollmacht. Das Rechtsverhältnis zwischen Partei und Verfahrenshilfeanwalt beruht nicht auf einem privatrechtlichen Bevollmächtigungsvertrag, es ist vielmehr ausschließlich öffentlich rechtlicher Natur und wird durch die Normen des Prozessrechts einschließlich der Vorschriften der RAO über die Verfahrenshilfevertretung geregelt ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny ZPG 3 § 64 ZPO Rz 17). Ein vom Kläger offenbar angestrebter Widerruf oder die Kündigung der Prozessvollmacht ist daher nicht möglich. Die Bestellung, aber auch die Umbestellung des im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalts obliegt der Rechtsanwaltskammer und nicht dem Gericht. Eine vom Kläger offenbar angestrebte amtswegige Umbestellung oder Enthebung des Verfahrenshelfers durch das Berufungsgericht kommt daher von vornherein nicht in Betracht.

Da sowohl dem Erst als auch dem Berufungsgericht lediglich obliegt, die für eine allfällige Umbestellung des Verfahrenshelfers allein zuständige Rechtsanwaltskammer vom Umbestellungswunsch des Klägers zu informieren und dies das Berufungsgericht auch veranlasst hat, war das Berufungsgericht nicht mit einer Verfahrenshandlung säumig.

Liegt keine Säumnis des Gerichts vor, ist der Fristsetzungsantrag abzuweisen (§ 91 Abs 3 GOG).