JudikaturJustiz3Ob98/92

3Ob98/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Konrad SCH*****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Gustav H*****, wegen S 59.647,40 s.A. , infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30.7.1992, GZ 46 R 352/92-20 , womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 2.3.1992, GZ E 31.031/91-17, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Zur Hereinbringung ihrer Forderung wurde der betreibenden Partei die Zwangsversteigerung von dem Verpflichteten gehörigen Liegenschaftsanteilen bewilligt. In den von der betreibenden Partei in der Folge vorgelegten Versteigerungsbedingungen heißt es in Punkt 3 unter anderem:

"Vom Ersteher sind ohne Anrechnung auf das Meistbot nachfolgende Dienstbarkeiten, Ausgedinge, Reallasten bzw. sonstige Lasten zu übernehmen:

1. ......

Darüber hinaus sind von ihm ohne Anrechnung auf das Meistbot die Kosten der Schätzung und Versteigerung der beiden Liegenschaftsanteile (insbesondere Sachverständigengebühren, Einschaltungskosten des Versteigerungsedikts, Gerichtskosten) zu tragen und an die betreibende Partei binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Zuschlages zu bezahlen ...".

Nach Durchführung einer Tagsatzung - in der die betreibende Partei ihren Vorschlag damit begründete, daß wegen bestehender Vorpfandrechte nicht sicher sei, ob sie aus dem Meistbot zum Zuge komme, und der Verpflichtete sich gegen diese Bedingung aussprach - genehmigte das Erstgericht die von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Genehmigung der von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen in dem oben wiedergegebenen Teil (Punkt 3 Abs 1, zweiter Satz) ab und sprach (abweichend von der gesetzlich aufgetragenen Formulierung) aus, daß "der Revisionsrekurs" gegen seine Entscheidung "unzulässig" sei. Bestimmungen, durch die die Versteigerungskosten auf den Ersteher überwälzt werden sollen, zählten zu den unzulässigen Abweichungen von den Normativbedingungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil eine Rechtsprechung zu der strittigen Frage fehlt. Er ist aber nicht berechtigt.

Die zweite Instanz gründet ihre Rechtsansicht auf einen bei Heller-Berger-Stix 1277 ff auszugsweise abgedruckten Justizministerialerlaß vom 9.6.1899. Danach seien Versteigerungsbedingungen mit Überwälzung der Versteigerungskosten auf den Ersteher unzulässig; das Gesetz gestatte den Parteien nur insoweit eine Einflußnahme, als auf Antrag vom Richter mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers ein höherer Betrag als der gesetzlich bestimmte als geringstes Gebot festgestellt werden könne, immer müsse es sich aber um einen ziffernmäßig genau bestimmten Betrag handeln. Die Versteigerungskosten seien aus dem Meistbot, nicht daneben zu berichtigen; solche Versteigerungsbedingungen seien auch unzweckmäßig, weil der Ersteher bei seinem Anbot den Betrag, den er aus dem Titel Kosten zu zahlen hätte, und den er nicht kenne, so veranschlagen werde, daß er im ungünstigsten Fall nicht mehr im ganzen zu zahlen habe als nach seiner Meinung dem Wert der Liegenschaft entspreche (1279 f). Heller-Berger-Stix haben sich diesem Standpunkt ansgeschlossen und vertreten ihn auch an anderer Stelle (1170).

Auch der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an. Anders als bei der Verteilung des Erlöses von Fahrnissen, bei der gemäß § 286 Abs 2 EO aus der Verteilungsmasse zunächst die Kosten der Schätzung und der Versteigerung zu berichtigen sind (auch hier sind demnach diese Kosten nicht zusätzlich vom Ersteher zu tragen), genießen bei der Verteilung der Verteilungsmasse im Zwangsversteigerungsverfahren die gerichtlich bestimmten Prozeß- und Exekutionskosten, die durch die Geltendmachung eines der in § 216 Abs 1 Z 2 bis 4 EO angeführten Ansprüche - wie im vorliegenden Fall der nicht pfandrechtlich sichergestellten Forderung des betreibenden Gläubigers - entstanden sind, gemäß § 216 Abs 2 EO den gleichen Rang mit dem Kapital (vgl. auch Heller-Berger-Stix 1489 f sowie SZ 17/117). Wohl ist dann, wenn eine Mehrheit von Berechtigten vorhanden ist, deren Ansprüche aus dem Meistbot zu befriedigen sind, für die Verteilung gemäß § 214 Abs 2 EO in erster Linie ein etwa vorhandenes Einverständnis aller Beteiligten maßgebend (Heller-Berger-Stix 1450 und 1465). Doch müßte ein derartiges Einverständnis bei der Verteilungstagsatzung erzielt werden; eine Änderung der Verteilungsgrundsätze der §§ 216 ff EO kann nicht bereits in den Versteigerungsbedingungen vorgenommen werden. Aber auch im Fall eines solchen Einverständnisses könnten die Kosten des Versteigerungsverfahrens nur (wie bei der Verteilung des Erlöses von Fahrnissen) - wenn auch vorweg - aus dem Meistbot (bzw. der Verteilungsmasse) berichtigt werden; sie wären nicht etwa vom Ersteher zusätzlich von diesem zu tragen.

Die von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen wären darüber hinaus, wie es auch in dem zitierten - wenn auch nicht verbindlichen - Justizministerialerlaß zum Ausdruck kommt, mit der Bestimmung des § 151 Abs 2 EO nicht vereinbar, wonach in den Versteigerungsbedingungen das geringste Gebot ziffernmäßig anzugeben ist; denn zu dem "geringsten Gebot" kämen die dem Bieter zunächst nicht bekannten Kosten des Versteigerungsverfahrens.

Das gegenteilige Interesse eines nachrangigen betreibenden Gläubigers kann daran nichts ändern.