JudikaturJustiz3Ob67/69

3Ob67/69 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 1969

Kopf

SZ 42/102

Spruch

Wurden innerhalb der gesetzten Frist Versteigerungsbedingungen vorgelegt, so ist für die Einstellung des Exekutionsverfahrens auf Grund des § 145 (1) EO. kein Raum mehr. Enthalten die vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen Bestimmungen, die von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen in unzulässiger Weise abweichen, so sind diese unzulässigen Bestimmungen zu eliminieren.

Entscheidung vom 2. Juli 1969, 3 Ob 67/69.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Im gegenständlichen Versteigerungsverfahren wurden die Schätzwerte der zu versteigernden Liegenschaftsanteile bzw. Liegenschaft wie folgt festgestellt: Ein Drittel Anteil der EZ. 55 KG. S. mit

69.316.25 S, Liegenschaft EZ. 684 KG. S. mit 378.320 S.

Über Aufforderung des Gerichts legte die betreibende Gläubigerin Versteigerungsbedingungen vor, in denen sie als geringstes Gebot für den Liegenschaftsanteil EZ. 55 33.158 S als "Hälfte" des Schätzwertes und für die Liegenschaft EZ. 684 226.992 S als 60% des Schätzwertes beantragte.

Darauf stellte der Erstrichter das Versteigerungsverfahren gemäß § 200 Z. 3 EO. ein, weil es sich bei der Liegenschaft EZ. 55 um eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft, bei der EZ. 684 um ein unverbautes Grundstück handle. Das geringste Gebot hätte daher zwei Drittel des Schätzwertes zu betragen gehabt. Der Antrag der betreibenden Gläubigerin, das geringste Gebot mit der Hälfte bzw. 60% des Schätzwertes festzusetzen, widerspreche der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 151 (1) EO. Diese ungesetzliche Abweichung habe die Einstellung des Verfahrens zur Folge.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens auf. Richtig sei, daß die von der betreibenden Gläubigerin beantragten Versteigerungsbedingungen hinsichtlich des geringsten Gebotes den gesetzlichen Bedingungen widersprechen. Derartige gesetzwidrige Bedingungen seien jedoch ohne Anordnung einer Tagsatzung von Amts wegen zu ändern. Eine Einstellung des Versteigerungsverfahrens in diesem Falle widerspreche dem Gesetz.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 145 (1) EO. darf die Einstellung des Versteigerungsverfahrens nur für den Fall angedroht werden, daß innerhalb der gesetzten Frist keine Versteigerungsbedingungen vorgelegt werden. Wurden aber innerhalb der gesetzten Frist Versteigerungsbedingungen vorgelegt, so ist für die Einstellung des Exekutionsverfahrens auf Grund des § 145 (1) EO. kein Raum mehr (Neumann - Lichtblau Kommentar[3] S. 520, Lehmann, Die Zwangsversteigerung S. 185, GlUNF. 442). Enthalten die vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen Bestimmungen, die von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen in unzulässiger Weise abweichen, so sind diese unzulässigen Bestimmungen zu eliminieren. Es hat sodann entweder die Feststellung der Versteigerungsbedingungen unter Ausschaltung des verbotenen Inhalts und dessen Ersetzung durch die vom Gesetz gestatteten Bestimmungen zu erfolgen oder, falls zulässige Änderungen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen beantragt wurden, die Anberaumung einer Tagsatzung zur Festsetzung der übrigen Versteigerungsbedingungen (GlUNF. 442, Pollak System[2] S. 977, Petschek - Hämmerle - Ludwig Österr. Zwangsvollstreckungsrecht S. 112, Neumann - Lichtblau Komm.[3] S. 520).

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die vom Erstrichter verfügte Einstellung des Versteigerungsverfahrens dem Gesetze nicht entspricht, der Erstrichter das Verfahren vielmehr fortzusetzen haben wird, ist daher durch Lehre und Rechtsprechung, von der abzugehen sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt sieht, gerechtfertigt.