JudikaturJustiz3Ob234/23t

3Ob234/23t – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am * verstorbenen L* V*, vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, Rechtsanwalt in Hallein, und deren Nebenintervenientin F. * Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Ing. Mag. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei K* V*, vertreten durch Dr. Mag. Silvia Maus, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Herausgabe und Einverleibung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2023, GZ 2 R 139/23h 31, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 29. Juni 2023, GZ 7 Cg 39/22d 23, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.051,32 EUR (darin enthalten 675,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 9.023,30 EUR (darin enthalten 486,55 EUR USt und 6.104 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision sowie der Nebenintervenientin der Klägerin die mit 4.051,32 EUR (darin enthalten 675,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Mit Notariatsakt vom 15./22. 12. 1976 schlossen der Rechtsvorgänger der klagenden Verlassenschaft und die Beklagte im Hinblick auf deren bevorstehende Eheschließung einen Übergabsvertrag und einen Erbvertrag mit Testament. Dadurch erwarb die Beklagte von ihrem späteren Mann den Hälfteanteil am „O*gut *“ in H*. Dabei handelte es sich um eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft, auf der auch ein Wohnhaus errichtet wurde, das als spätere Ehewohnung diente. Die spätere Eheschließung der Genannten wurde ausdrücklich als Bedingung für die Übereignung des Hälfteanteils vereinbart. Die Beklagte übernahm bestimmte finanzielle Verbindlichkeiten und sonstige Verpflichtungen und brachte auch gewisse finanzielle Mittel und ihre persönliche Arbeitskraft ein. Diese Investitionen bezogen sich ausschließlich auf die Ehewohnung. Die Übertragung des (hier gegenständlichen) landwirtschaftlichen Teils der Liegenschaft an die Beklagte erfolgte unentgeltlich.

[2] Die in der Folge am 3. 6. 1978 geschlossene Ehe wurde am 10. 11. 2017 aus dem beiderseitigen, gleichteiligen Verschulden der Eheleute geschieden.

[3] Am 16. 1. 2018 beantragte der Mann beim zuständigen Bezirksgericht die Aufteilung des ehelichen Vermögens einschließlich der Landwirtschaft. In diesem Antrag erklärte er, die erwähnte Schenkung des Hälfteanteils an die Beklagte zu widerrufen. Mit Beschluss vom 11. 1. 2022 bewilligte das Bezirksgericht im Aufteilungsverfahren die grundbücherliche Abschreibung jenes im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Liegenschaftsteils, auf dem sich das Einfamilienhaus mit der ehemaligen Ehewohnung befindet, und ordnete dessen Übertragung in das Alleineigentum des Mannes an. Der hier Beklagten wurde an einer baulich zu trennenden Wohnung ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt; zudem wurde eine Ausgleichszahlung festgesetzt. Im Übrigen nahm das Aufteilungsgericht das O*gut als landwirtschaftliches Unternehmen aus dem Aufteilungsverfahren aus. Diese Entscheidung wurde im Rechtsmittelverfahren bestätigt (siehe dazu 1 Ob 139/22f).

[4] Die vom Mann bereits am 17. 4. 2019 eingebrachte Klage auf Rückübertragung des Hälfteanteils der Frau am O*gut bzw auf Ersatz des Interesses wurde vom Erstgericht wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs „abgewiesen“ (richtig: zurückgewiesen). Das vom Mann gegen diese Entscheidung erhobene Rechtsmittel wurde vom Rekursgericht als verspätet zurückgewiesen.

[5] Im vorliegenden Verfahren begehrte der – zwischenzeitlich verstorbene – Mann ( Rechtsvorgänger der Klägerin ) nach rechtskräftigem Abschluss des Aufteilungsverfahrens die Rückübertragung des restlichen (nach Abschreibung der vormaligen Ehewohnung im Aufteilungsverfahren verbleibenden) Hälfteanteils der Frau am O*gut durch Übertragung des Eigentumsrechts im Weg der bücherlichen Einverleibung. Die schenkungsweise Zuwendung an die Beklagte sei in Erwartung des Zustandekommens und des Fortbestands der Ehe erfolgt. Nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe habe er die Schenkung mit seinem Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens widerrufen.

[6] Die Beklagte entgegnete, dass es sich um keine unentgeltliche Vermögensübertragung gehandelt habe, weil sie finanzielle Verbindlichkeiten und sonstige Leistungsverpflichtungen übernommen und finanzielle Mittel und ihre Arbeitskraft eingebracht habe. Ob der Fortbestand der Ehe eine Voraussetzung für die Schenkung gewesen sei, könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit gesagt werden. Außerdem sei im Fall einer Rückübertragung des Liegenschaftsanteils ein wertmäßiger Ausgleich erforderlich. Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche verjährt, weil der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Vorliegen des Scheidungsurteils begonnen habe.

[7] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dass die Schenkung in Erwartung des Zustandekommens und Fortbestands der Ehe erfolgt sei, habe bereits der Oberste Gerichtshof im Aufteilungsverfahren bestätigt. Aus diesem Grund sei der Schenkungswiderruf gemäß § 1266 ABGB analog berechtigt. Die Beklagte habe daher den Hälfteanteil am O*gut an die Klägerin rückzuübertragen. Nach der Rechtsprechung werde dem seinerzeit beschenkten Ehegatten für die Rückübertragung des geschenkten Anteils kein wertmäßiger Ausgleich zugebilligt. Die Ansprüche der Klägerin seien auch nicht verjährt. Nach der Rechtsprechung (zu § 1487 iVm § 948 ABGB) könne der Schenkungswiderruf nämlich mittels einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung ausgeübt werden, zur Unterbrechung der dreijährigen Verjährungsfrist sei jedoch eine gerichtliche Geltendmachung erforderlich. Diese Voraussetzung sei im Anlassfall erfüllt. Die Verjährungsfrist habe mit der Scheidung am 10. 11. 2017 zu laufen begonnen. Der mit dem Aufteilungsantrag am 16. 1. 2018 erklärte Widerruf der Schenkung sei demnach rechtzeitig erfolgt.

[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Die Fragen der Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung an die Beklagte und der Erwartungshaltung der Vertragsparteien im Hinblick auf den Fortbestand der Ehe sowie jene des Wertausgleichs müsse nicht geprüft werden, weil der geltend gemachte Anspruch verjährt sei. Nach ständiger Rechtsprechung (zu § 1487 iVm § 948 ABGB) sei zur Unterbrechung der Verjährungsfrist die – erfolgreiche – gerichtliche Geltendmachung notwendig. Der Rechtssatz zu RS0018888, wonach die Verjährung des Rechts zum Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nicht durch eine außergerichtliche Widerrufserklärung unterbrochen werde, stelle darauf ab, dass zwar der Widerruf einer Schenkung mittels einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung ausgeübt werden könne, sich aber aus § 1497 ABGB dennoch ergebe, dass das Gesetz nur der gehörig fortgesetzten Klage und dem Anerkenntnis die Wirkung beimesse, dass damit die Verjährung unterbrochen werde. Auch wenn das Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung in der Lehre auf Kritik stoße, sei daran festzuhalten. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die dreijährige Verjährungsfrist nicht durch den Aufteilungsantrag unterbrochen worden, weil die Unterbrechung der Verjährung nach § 1497 ABGB die gerichtliche Geltendmachung auf dem zulässigen Rechtsweg voraussetze. Auch der (wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs) zurückgewiesenen Klage sei mangels Sachentscheidung keine Unterbrechungswirkung zugekommen, weil dies nur für das dem Kläger günstige Urteil gelte. Der erst mit der vorliegenden Klage am 1. 10. 2022 erfolgte Widerruf sei daher verspätet erfolgt. Die ordentliche Revision sei im Hinblick auf die zur Verjährung des Schenkungswiderrufs in der Literatur geäußerte Kritik zulässig.

[9] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin, die auf eine Wiederherstellung des stattgebenden Urteils des Erstgerichts abzielt.

[10] Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

[12] 1. In der Revision stützt sich die Klägerin vor allem auf die Bestimmung des § 1266 ABGB (analog). Dabei handle es sich um ein eigenes Rechtsinstitut, das nicht mit dem Schenkungswiderruf nach § 948 ABGB gleichzusetzen sei. Im Fall des § 1266 ABGB komme es nur darauf an, ob die Schenkung in Erwartung des Fortbestands der Ehe erfolgt sei. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen wie etwa jene der Dürftigkeit oder des groben Undanks seien nicht erforderlich. Aus diesem Grund gelange auch die Verjährungsvorschrift des § 1487 ABGB nicht zur Anwendung.

[13] Mit diesen Ausführungen ist die Klägerin im Ergebnis im Recht.

[14] 2.1 In der Entscheidung zu 4 Ob 504/84 (siehe dazu RS0022300) hat sich der Oberste Gerichtshof der Ansicht von Rummel (Schenkungen unter Ehegatten und Scheidung, JBl 1976, 626) angeschlossen, wonach in Analogie zu § 1266 ABGB (Sonderregelung für Ehepakte im Sinn des § 1217 ABGB) nach einer Ehescheidung der schuldlose oder gleichschuldige Ehegatte auch Schenkungen zurückfordern könne, die unter der Voraussetzung gemacht wurden, die Ehe werde Bestand haben. Eine entsprechende Motivation werde man insbesondere dann annehmen können, wenn die Schenkung einen bestimmten Einfluss auf die Güterverteilung gehabt habe. Die dann vorliegende Ähnlichkeit mit Ehepakten rechtfertige besonders deutlich die Analogie zu § 1266 ABGB.

[15] In der Folge hat sich diese Rechtsprechung verfestigt. In der – einen vergleichbaren Fall wie dem hier vorliegenden – Entscheidung zu 8 Ob 530/94 wurde ausgeführt:

„Wie der Oberste Gerichtshof seit seiner Entscheidung SZ 48/9 bereits mehrmals dargelegt hat, ist dann, wenn der Schenkung einer Liegenschaft unter Ehegatten die Erwartung zugrunde liegt, es werde die Ehe Bestand haben, im Fall der Scheidung die Bestimmung des § 1266 ABGB analog anzuwenden; der an der Scheidung schuldlose oder gleichschuldige Teil kann daher eine solche Schenkung widerrufen. [...] Wesentlich ist, dass der ausschlaggebende Beweggrund für die Schenkung der Weiterbestand der Ehe war und dass mit der Schenkung ein den Ehepakten vergleichbarer Zweck erreicht werden sollte. Mit der nunmehr einhelligen und von der Lehre gebilligten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist zu folgern, dass im Falle, dass die Schenkung einen ehepaktähnlichen Zweck verfolgte, der Analogie zum Widerruf der Ehepakte (§ 1266 ABGB) gegenüber einer Analogie zum Widerruf von Geschenken zwischen Brautleuten wegen Nichtabschlusses der Ehe (§ 1247 ABGB) als der näherliegenden spezielleren Norm der Vorzug zu geben ist.“

[16] Diese Rechtsprechung wurde auch in jüngerer Zeit, so etwa in den Entscheidungen zu 1 Ob 310/98i und 10 Ob 22/13b aufrechterhalten.

[17] 2.2 Nach der dargelegten Rechtsprechung, von der abzugehen kein Anlass besteht, regelt § 1266 ABGB einen Sonderfall für den Widerruf von Ehepakten. Diese Regelung gilt analog auch für ehepaktähnliche Schenkungen zwischen Ehegatten oder Brautleuten vor oder während der Ehe. In einem solchen Fall handelt es sich um einen gesonderten Schenkungswiderruf („Schenkungswiderruf im weiteren Sinn“; Kellner in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 § 946 ABGB Rz 10).

[18] Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen kann der schuldlose oder gleichschuldige Eheteil nach Auflösung der Ehe die Schenkung widerrufen, wenn der Zweck dieser Zuwendung mit jenem von Ehepakten im Sinn des § 1217 ABGB vergleichbar ist und daher über das Vermögen der (künftigen) Eheleute für die Dauer der Ehe oder den Fall deren Beendigung ein vom gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung abweichende oder ergänzende Regelung – insbesondere zur Versorgung des Ehegatten im Todesfall des anderen – getroffen werden sollte (vgl Fucik in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.06 § 1217 Rz 6), weiters wenn die Schenkung in der Erwartung des aufrechten Bestands der Ehe vorgenommen wurde, und wenn diese nicht der nachehelichen Aufteilung nach §§ 81 ff EheG unterliegt (vgl dazu RS0022390; M. Bydlinski in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 § 1266 ABGB Rz 5; Koch in Bydlinski/Perner/Spitzer 7 § 1266 ABGB Rz 6; Jesser Huß in Schwimann/Kodek 4 § 1266 ABGB Rz 7). Aus der Entscheidung zu 6 Ob 574/93 ergibt sich zudem, dass § 1266 ABGB analog die speziellere Regelung gegenüber der Irrtumsanfechtung, den Wegfall der Geschäftsgrundlage und § 1435 ABGB sowie ebenso gegenüber § 948 ABGB (Widerruf wegen groben Undanks: vgl dazu Fucik in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.04 § 1246) mit eigenen Rechtsfolgen ist.

[19] Wird die Schenkung (nach materieller Rechtskraft der Scheidung) nach § 1266 ABGB analog widerrufen, so wird der zugrunde liegende Vertrag ex nunc aufgehoben. Wurde das Gut noch nicht geleistet, so ist die Verpflichtung zur Leistung des Geschenks aufgehoben. Wurde die Schenkung hingegen schon vollzogen, so hat der Geschenkgeber einen Rückforderungsanspruch (Rückabwicklung nach § 1266 ABGB). In diesem Fall ist das (vorhandene) Geschenk grundsätzlich in natura zurückzustellen. Sonstige Vermögenswerte (Wertsteigerungen) werden nach eigenen Aufteilungsgrundsätzen geteilt (vgl Fucik in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.06 § 1266 Rz 3). Wertveränderungen, die auf objektive Umstände wie Änderungen des Marktpreises zurückzuführen sind, bleiben unberücksichtigt. Der Gegenstand der Schenkung ist dem schenkenden Ehegatten daher grundsätzlich ohne Ausgleich zurückzustellen. Beruht die Wertsteigerung hingegen auch auf Arbeitsleistungen oder Investitionen der Ehegatten, so ist der Mehrwert grundsätzlich nach dem jeweiligen Beitrag, im Zweifel je zur Hälfte aufzuteilen (vgl Jesser Huß in Schwimann/Kodek 4 § 1266 ABGB Rz 5; Koch in Bydlinski/Perner/Spitzer 7 § 1266 ABGB Rz 5; M. Bydlinski in Rummel/Lukas 4 § 1266 ABGB Rz 3 f; vgl auch RS0113358 [T4 und T5] sowie 2 Ob 25/10f für das Aufteilungsverfahren).

[20] 3.1 Damit stellt sich die Frage der Verjährung des Rechts zum Widerruf der Schenkung nach § 1266 ABGB analog.

[21] 3.2 Bei der Aufhebung des Schenkungsvertrags nach dieser Bestimmung handelt es sich um einen Sonderfall des Schenkungswiderrufs („Schenkungswiderruf im weiteren Sinn“). Da es sich bei diesem Schenkungswiderruf gerade nicht um den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nach § 948 ABGB handelt, also kein Widerruf „im engeren Sinn“ vorliegt, gelangt auch die Verjährungsbestimmung des § 1487 ABGB nicht zur Anwendung. Die Aufzählung in dieser Bestimmung ist taxativ und einschränkend auszulegen (RS0033210). Schon aus diesem Grund verbleibt auch für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung kein Raum.

[22] Für den hier vorliegenden Schenkungswiderruf „im weiteren Sinn“ gilt daher das allgemeine Verjährungsrecht ( Kellner in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 § 946 ABGB Rz 10). Mangels verjährungsrechtlicher Sonderregel hat es bei der allgemeinen Regel des § 1478 ABGB zu bleiben (vgl 2 Ob 175/22g). Rechte etwa aus abgeschlossenen Verträgen (RS0080886) sowie Bereicherungs- und Verwendungsansprüche (RS0033819; RS0020167) verjähren gemäß § 1478 ABGB grundsätzlich erst in 30 Jahren (vgl auch 4 Ob 217/21x). Die Verjährungsfrist beginnt nach dieser Bestimmung mit der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts zu laufen, sodass einer Geltendmachung kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht (RS0034382; RS0034343). Subjektive oder nur in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse haben dagegen auf den Beginn der Verjährungsfrist in der Regel keinen Einfluss (RS0034248; RS0034445).

[23] 3.3 Im Anlassfall ist das Recht zum Widerruf der Schenkung nach § 1266 ABGB analog demnach nicht verjährt. Das Gleiche gilt für den aus § 1266 ABGB unmittelbar resultierenden und daher verjährungsrechtlich gleich zu beurteilenden Rückforderungsanspruch.

[24] Daraus folgt, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts zur Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Rückforderungsanspruchs mit den dargelegten Grundsätzen nicht im Einklang steht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Berufungsgericht die Verjährung in Wirklichkeit auf die nicht anwendbare Bestimmung des § 1487 iVm § 948 ABGB gestützt hat. Da diese Bestimmung hier nicht anwendbar ist, kommt auch der vom Berufungsgericht und von den Parteien diskutierten Kritik der Literatur ( P. Bydlinski , Ausübung und Verjährung des Schenkungswiderrufsrechts ÖJZ 1982, 515; Löcker in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.03 § 946 Rz 3; Kellner in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 § 946 ABGB Rz 11; Parapatits in Schwimann/Kodek 5 § 946 ABGB Rz 6; vgl auch RS0019020) an der bisherigen (alten) Rechtsprechung zur Verhinderung bzw Unterbrechung der Verjährung des Rechts zum Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nach § 1487 iVm § 948 ABGB (Notwendigkeit der gerichtlichen Geltendmachung innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1487 ABGB, obwohl bereits eine außergerichtliche Widerrufserklärung zur Aufhebung des Schenkungsvertrags führt; RS0018888; 1 Ob 503/78), keine Bedeutung zu. Das Gleiche gilt für die weiteren Ausführungen in der Revision der Klägerin, wonach sie den hier zu beurteilenden Rückforderungsanspruch ohnedies im Aufteilungsantrag und damit gerichtlich geltend gemacht habe. Auch der dazu geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Unberechtigt ist auch der Einwand in der Revisionsbeantwortung der Beklagten, dass die Klägerin das Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung des Schenkungswiderrufs innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist in der Berufungsbeantwortung nicht gerügt habe und diese Rüge in der Revision nicht mehr nachholen könne. Zum einen gilt der angesprochene Rechtssatz (RS0043573) nur für das Unterlassen der Rechtsrüge in einem Rechtsmittel (hier in der Berufung), weil für die in erster Instanz siegreiche Partei keine Veranlassung besteht, in der Rechtsmittelbeantwortung ihrerseits eine Rechtsrüge zu erheben. Zum anderen gilt hier die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 iVm § 948 ABGB nicht.

[25] 4.1 Insgesamt hält die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Verjährung der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht Stand. Der von der Klägerin geltend gemachte Rückforderungsanspruch nach § 1266 ABGB analog ist nicht verjährt, weshalb die dafür maßgebenden Voraussetzungen zu prüfen sind.

[26] 4.2 Diese Voraussetzungen sind gegeben.

[27] Den Rechtsvorgänger der Klägerin (früheren Ehemann) traf das gleichteilige Verschulden an der Scheidung. Mit dem der gegenständlichen Vermögensübertragung zugrunde liegenden Übergabsvertrag wurde im Hinblick auf die bevorstehende Eheschließung eine Regelung über das Vermögen des Mannes im Sinn eines gleichteiligen Eigentums der Ehegatten am landwirtschaftlichen Gut vereinbart, was typischer Regelungsinhalt eines Ehepaktes ist. Der Zweck der Schenkung entsprach damit jenem, der typisch mit einem Ehepakt erreicht werden soll.

[28] Im Übergabsvertrag war zudem die Eheschließung der Parteien ausdrücklich als Bedingung für die Übereignung des Hälfteanteils an die Beklagte vereinbart. Die Ehe des Rechtsvorgängers der Klägerin und der Beklagten war demnach Grundlage für die Vereinbarung. Die Auslegung der erwähnten Vereinbarung führt damit zum Ergebnis, dass sich die in Rede stehende Bedingung auch auf den Fortbestand der Ehe bezog, was im Übrigen auch in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Aufteilungsverfahren (1 Ob 139/22f) in diesem Sinn beurteilt wurde.

[29] Nach den bindenden Feststellungen wurde der im vorliegenden Verfahren gegenständliche landwirtschaftliche Teil der Liegenschaft unentgeltlich an die Beklagte übertragen. Die von ihr übernommenen finanziellen Verbindlichkeiten und sonstigen Verpflichtungen sowie auch die von ihr eingebrachten finanziellen Mittel und ihre persönliche Arbeitskraft betrafen ausschließlich die Ehewohnung. Das hier zugrunde liegende Rechtsgeschäft war demnach eine Schenkung.

[30] 4.3 Da der Rechtsvorgänger der Klägerin die Schenkung gemäß § 1266 ABGB analog wirksam widerrufen hat, ist die Beklagte zur Rückstellung des ihr übertragenen Hälfteanteils am landwirtschaftlichen Teil des O*guts durch Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin verpflichtet.

[31] Ein Wertausgleich steht der Beklagten nicht zu. Sie hat sich (in ihrer Berufung) ausdrücklich nur auf Wertsteigerungen ohne eigene Arbeitsleistungen und Investitionen berufen. In solchen Fällen, in denen die behaupteten Wertsteigerungen auf objektive Umstände wie Änderungen der Marktpreise zurückzuführen sind, bleiben diese bei der Aufteilung nach § 1266 ABGB analog unberücksichtigt, weshalb in einem solchen Fall der Gegenstand der Schenkung dem schenkenden Ehegatten grundsätzlich ohne Ausgleich zurückzustellen ist.

[32] Diese Beurteilung führt zum Ergebnis, dass das stattgebende Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederherzustellen ist.

[33] Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.