JudikaturJustiz3Ob149/93

3Ob149/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die verpflichtete Partei Doris W*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 825.144,-- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 9.Juli 1993, GZ R 114, 144/93-9, womit 1.) der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 28.Jänner 1993, GZ E 2857/93-2 (TZ 465/93), zurückgewiesen und 2.) der Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 26.April 1993, GZ E 2857/93-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs zu Punkt 1.) wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs zu Punkt 2.) wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Finanzamt für den 1. Bezirk Wien beantragte am 10.10.1991 (eingelangt am 14.10.1991) beim Erstgericht unter Berufung auf § 38 lit c GBG aufgrund seines Schreibens vom 10.10.1991, Steuernummer 015/1389, lautend auf Doris W*****, zur Sicherstellung der Forderung der Republik Österreich gegen Doris W***** an Abgaben im Betrag von S 825.144,-- die Vormerkung des Pfandrechts auf deren Liegenschaft EZ ***** KG W*****.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 14.10.1991 zu TZ 7931/91 diesen Antrag. Einem dagegen vom Doris W*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, der sich auf die Vollmachtserteilung berief, erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge (R 198/91). Es vertrat in dieser Entscheidung die Auffassung, daß nach gesicherter Rechtsprechung ein Antrag nach § 38 lit c GBG eine reine Grundbuchssache sei, die antragstellende Behörde einem solchen Antrag keine Urkunden anschließen müsse sowie daß gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 38 lit c BGB keine Bedenken - in der im Rekurs geltend gemachten Richtung der Verletzung des Eigentumsrechtes - bestünden.

Mit Antrag vom 20.1.1993 begehrte die Republik Österreich (vertreten durch die Finanzprokuratur, diese vertreten durch das Finanzamt für den 1. Bezirk Wien) als betreibende Partei gegen Doris W***** als verpflichtete Partei aufgrund des Rückstandsausweises des Finanzamtes für den 1. Bezirk Wien vom 18.9.1992, Steuernummer 015/1389, zur Einbringung der vollstreckbaren Forderung von S 825.144,-- zuzüglich der mit S 10.503,-- verzeichneten Kosten des Antrags die Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Anmerkung der Rechtfertigung und der Vollstreckbarkeit der oben bezeichneten Forderung, für welche ..... ob der Liegenschaft EZ ***** KG W***** das Pfandrecht im Betrag von S 825.144,-- vorgemerkt ist.

Dieser Antrag wurde vom Erstgericht (zunächst) als Grundbuchssache behandelt (TZ 465/93) und vom Rechtspfleger in der Form erledigt, daß "die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Anmerkung der Rechtfertigung und der Vollstreckbarkeit der Forderung, für die ...... das Pfandrecht vorgemerkt ist bewilligt wurde"; lediglich das Kostenbegehren wurde unter Hinweis darauf, daß im Grundbuchsverfahren keine Kostenersatzpflicht bestehe, "abgelehnt". Der Beschluß wurde der verpflichteten Partei persönlich am 17.3.1993 zugestellt. Gegen die Abweisung des Kostenbegehrens erhob die Republik Österreich Rekurs, welchem der zuständige Richter des Erstgerichtes gemäß § 11 Abs 3 RPflG mit Beschluß vom 26.4.1993 (ON 6) unter Zuspruch von Rekurskosten mit der Begründung stattgab, der "Rechtfertigungsantrag" sei als Exekutionsantrag anzusehen und daher unter Kostenzuspruch zu erledigen gewesen, wegen der eingetretenen Rechtskraft der Exekutionsbewilligung sei die Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 2 ZPO (Entscheidung durch den Rechtspfleger in Grundbuchssachen statt durch den für Exekutionssachen zuständigen Rechtspfleger oder Richter) saniert. Dieser Beschluß wurde der verpflichteten Partei am 30.4.1993 eigenhändig zugestellt.

Mit dem am 10.5.1993 zur Post gegebenen Rekurs bekämpfte die verpflichtete Partei, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, der sich auf die erteilte Vollmacht berief, sowohl den "Exekutionsbewilligungsbeschluß" ON 2, als auch den Beschluß ON 6 des Erstgerichtes. Die Rechtzeitigkeit des Rekurses gegen den Beschluß ON 2 wurde damit begründet, dem Erstgericht sei aufgrund des Rekurses und der Rekursentscheidung zu R 198/91 des Landesgerichtes Eisenstadt bekannt gewesen, daß Doris W***** dem einschreitenden Rechtsanwalt Vollmacht erteilt habe, der Beschluß ON 2 hätte daher nicht ihr selbst, sondern dem ausgewiesenen Anwalt zugestellt werden müssen. Diesem sei der Beschluß von seiner Mandantin erst am 7.5.1993 zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschluß ON 2 sei nichtig, weil er nicht von dem in Grundbuchssachen, sondern von dem in Exekutionssachen tätigen Rechtspfleger behandelt hätte werden müssen, im Beschluß ON 6 seien der Republik Österreich unzutreffend Kosten zugesprochen worden, weil der im Vormerkungsverfahren gemäß § 38 lit c GBG gewählte und für die Rechtfertigung beizubehaltende Weg des Grundbuchsverfahrens keinen Kostenersatz kenne.

Das Gericht zweiter Instanz wies mit dem angefochtenen Beschluß - Punkt 1.) den Rekurs gegen den Beschluß ON 2 als verspätet zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei; in Punkt

2.) seiner Entscheidung gab es dem Rekurs gegen den Beschluß ON 6 nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs dagegen jedenfalls unzulässig sei.

Es äußerte folgende Rechtsansichten:

Die Pfandrechtsvormerkung (Pränotation) nach § 38 lit c GBG sei als grundbücherliche Abgabensicherungsmöglichkeit nach dem GBG 1871 durch das Inkrafttreten der Exekutionsordnung nicht beseitigt worden. Die Rechtfertigung einer solchen Pfandrechtsvormerkung könne schon aufgrund des § 40 (wohl: 41) lit b GBG im Grundbuchsverfahren, aber auch in analoger Anwendung des § 89 Abs 1 EO durch die Umwandlung des vorgemerkten Pfandrechtes in ein zwangsweises Pfandrecht durch Anmerkung der Rechtfertigung und der Vollstreckbarkeit erfolgen. Im vorliegenden Fall habe die Republik Österreich sich als betreibende Partei und die Abgabenschuldnerin als verpflichtete Partei bezeichnet und die Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch Anmerkung der Rechtfertigung und der Vollstreckbarkeit begehrt, sohin die Zuständigkeit des Erstgerichtes als Exekutionsgericht in Anspruch genommen. Der Antrag konnte daher trotz der Bezeichnung als Grundbuchseingabe auch nur als Exekutionsantrag angesehen und nach den Vorschriften über Exekutionssachen behandelt werden. Auf eine "allfällige" Nichtigkeit der Antragsbewilligung (Exekutionsbewilligung) durch den Grundbuchsrechtspfleger des Erstgerichtes müsse wegen der eingetretenen Teilrechtskraft der Exekutionsbewilligung nicht eingegangen werden. Der nunmehr einschreitende Rechtsvertreter der verpflichteten Partei sei jedenfalls im Exekutionsverfahren nicht ausgewiesen, die Entscheidung ON 2 sei daher ihm nicht zuzustellen gewesen. Der nach Ablauf der vierzehntägigen Rekursfrist erhobene Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß ON 2 sei daher verspätet. Da zur Antragsalternative für die Rechtfertigung von nach § 38 lit c GBG vorgemerkten Pfandrechten im Grundbuchs- oder im Exekutionsverfahren Rechtsprechung fehle, sei hier der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.

Der Rekurs gegen den Beschluß ON 6, mit welchem der betreibenden Partei vom Erstrichter in Abänderung der Entscheidung des Rechtspflegers Exekutions- und Rekurskosten zugesprochen worden seien, sei nicht gerechtfertigt, weil im hier anzunehmenden Exekutionsverfahren der betreibenden Partei die - der Höhe nach gar nicht bekämpften - Kosten zustünden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen Punkt 1.) der rekursgerichtlichen Entscheidung ist nicht berechtigt, jener gegen dessen Punkt 2.) ist nicht zulässig.

Erfolgte die Vormerkung aufgrund des Einschreitens einer öffentlichen Behörde nach § 38 lit c BGB, handelt es sich zwar nach der nunmehr herrschenden Rechtsprechung (ZfRV 1989, 215; SZ 49/141 ua; entgegen Pichler (JBl 1963, 462 ff) und Hoyer (FN 3 in ZfRV 1989, 218) um eine reine Grundbuchssache; die öffentliche Behörde kann aber die Rechtfertigung nicht nur nach § 41 lit b GBG im Grundbuchsverfahren, sondern auch mittels Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch Anmerkung der Rechtfertigung des vorgemerkten Pfandrechtes erreichen (Heller-Berger-Stix 919; RPflSlgG 2251-LGZ Graz; 3 Ob 28/95). Anders als im Fall der Rechtfertigung eines durch das Exekutionsgericht mit Exekutionsbewilligung vorgemerkten Pfandrechtes (JUS 1990/347; Feil GBG2 Rz 5 zu § 41 GBG; GBG-MGA4 Anm 2 zu § 41) handelt es sich dann aber um das erste Einschreiten eines Exekutionsgerichtes, sodaß eine formelle Bewilligung der Exekution erforderlich ist. Ebenso wie es der öffentlichen Behörde freisteht, die Vormerkung im Grundbuchs- oder im Exekutionsverfahren zu erwirken, steht ihr auch für die Rechtfertigung der im Grundbuchsverfahren erwirkten Vormerkung dieses Wahlrecht offen.

Im vorliegenden Fall hat die Republik Österreich nach der Art der Antragstellung und dessen Forumulierung eindeutig den Weg des Exekutionsverfahrens im Sinn des § 89 Abs 1 EO gewählt, sodaß nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz die Grundsätze des Exekutionsverfahrens (und über § 78 EO auch die Vorschriften der ZPO über Parteien und deren Vertreter) zur Anwendung kommen. Danach ist aber dem Gericht zweiter Instanz beizupflichten, daß der Rechtsvertreter der verpflichteten Partei zu Beginn des vorliegenden Exekutionsverfahrens nicht als bevollmächtigter Vertreter der verpflichteten Partei ausgewiesen war, sodaß auch die Exekutions(antrags)bewilligung zutreffend nur der verpflichteten Partei zugestellt wurde. Der Umstand, daß über diesen Antrag der für Exekutionssachen funktionell unzuständige Rechtspfleger in Grundbuchssachen entschied, ist mangels rechtzeitiger Anfechtung und wegen der damit eingetretenen Teilrechtskraft der Exekutionsbewilligung nicht mehr von Bedeutung. Die Zurückweisung des von der verpflichteten Partei durch ihren Rechtsvertreter nach Ablauf der von der Zustellung des Beschlusses ON 2 an die Verpflichtete laufenden vierzehntägigen Rekursfrist erhobenen Rekurses durch das Gericht zweiter Instanz erfolgte somit zu Recht.

Punkt 2.) der rekursgerichtlichen Entscheidung betrifft hingegen allein den Kostenpunkt, sodaß der dagegen gerichtete Revisionsrekurs gemäß § 78 EO, § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 78 EO, §§ 50, 40 ZPO.