3Ob130/95 – OGH Entscheidung
3Ob130/95 – OGH Entscheidung
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A*****, vertreten durch Dr.Walter Lattenmayer ua, Rechtsanwälte Wien, wider die verpflichteten Parteien 1.) Anton F***** und 2.) Günther F*****, vertreten durch Dr.Engelhart, Dr.Reininger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Versteigerung von gemeinschaftlichen Liegenschaften, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 22. September 1995, GZ 47 R 176/95-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.Mai 1995, GZ 50 E 49/94x-37, aufgehoben wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei gegen die beiden Verpflichteten zum Zweck der Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft die gerichtliche Versteigerung zweier Liegenschaften, die zu insgesamt 9/10 im Eigentum der betreibenden Partei und zu je 1/20 im Eigentum der Verpflichteten stehen. Sowohl die Anteile der betreibenden Partei als auch jene der Verpflichteten sind mit Pfandrechten belastet.
Da sich die Parteien über die Höhe des Ausrufspreises nicht einigten, bestellte das Erstgericht einen Sachverständigen, der die eine Liegenschaft mit S 23,400.000,- und die andere mit S 39,700.000,-
bewertete. Die Parteien waren zwar damit einverstanden, daß der Schätzwert mit den vom Sachverständigen angenommenen Beträgen festgesetzt wird, einigten sich aber neuerlich über den Ausrufspreis nicht. Während die betreibende Partei vorschlug, den Ausrufspreis in der Höhe von 3/4 des Schätzwertes festzusetzen, waren die Verpflichteten der Meinungen, daß bei der Festsetzung des Ausrufspreises die auf den Liegenschaftsanteilen haftenden Lasten berücksichtigt werden müßten. Beide Parteien beantragten, dem Gegner einen Depurierungsauftrag zu erteilen.
Das Erstgericht erteilte hierauf der betreibenden Partei den Auftrag, binnen 3 Monaten die Liegenschaften (gemeint: ihre Liegenschaftsanteile) derart lastenfrei zu stellen, daß im Ergebnis nur Pfandrechte mit Kapitalbeträgen oder Höchstbetragspfandrechte eingetragen sind, die bei der einen Liegenschaft S 35,730.000,- und bei der anderen S 21,060.000,- nicht übersteigen. Den Verpflichteten wurde aufgetragen, binnen 3 Monaten die Liegenschaften (gemeint wieder: ihre Liegenschaftsanteile) derart lastenfrei zu stellen, daß im Ergebnis nur Pfandrechte mit Kapitalbeträgen oder Höchstbetragspfandrechte eingetragen sind, die bei der einen Liegenschaft S 3,970.000,- und bei der anderen S 2,340.000,- nicht übersteigen. Beiden Parteien wurde überdies ausdrücklich aufgetragen, eine vollständige Freistellung von Belastungen mit Zinsen, Verzugszinsen und Nebengebühren vorzunehmen. Das Erstgericht war rechtlich der Meinung, daß bei einem Ausrufspreis, der unter Berücksichtigung der Belastungen festgesetzt würde, voraussichtlich kein Gebot abgegeben würde. Es müsse daher den Parteien der Auftrag erteilt werden, die notwendigen Tilgungen und Löschungen zu veranlassen. Bei der Höhe der Depurierungsaufträge sei vom Ergebnis des Sachverständigengutachtens auszugehen und als Höchstgrenze der Belastungen der auf die Anteile der Parteien entfallende Betrag festzulegen.
Das Rekursgericht trug dem Erstgericht infolge Rekurses der Verpflichteten die neuerliche Entscheidung nach rechtskräftiger Festsetzung des Ausrufspreises auf und sprach aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft seines Beschlusses fortzusetzen (gemeint gemäß § 78 EO iVm § 527 Abs 2 ZPO idF der WGN 1989: daß der Rekurs zulässig) sei. Über die Depurierungsanträge könne erst entschieden werden, wenn der Ausrufspreis feststehe, zumal die betreibende Partei die Festsetzung des Ausrufspreises in einer Höhe beantragt habe, die deutlich unter den Schätzwerten liege. Dem Verpflichteten könnte ein Schaden entstehen, wenn das Erstgericht die Ausrufspreise in dieser Höhe festsetzt und die Liegenschaften jeweils zum geringsten Gebot zugeschlagen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Das Rekursgericht hat zu Recht auf die Entscheidung 3 Ob 38/93 (=
RdW 1994, 11 = RPflE 1993/120) hingewiesen, aus der sich ergibt,
daß über den Auftrag zur Depurierung der zu versteigernden
Liegenschaft erst entschieden werden darf, wenn die
Versteigerungsbedingungen festgestellt wurden und damit vor allem
über den Ausrufspreis entschieden wurde. Nach der Rechtsprechung ist
der Ausrufspreis zwar mangels Einigung der Parteien in der Höhe des
Schätzwertes festzusetzen (RZ 1990/14; SZ 48/41, SZ 39/90). Ohne
daß damit die Richtigkeit dieser Ansicht in Zweifel gezogen werden
soll, ist hiezu jedoch zu bemerken, daß es sich eben nur um eine
Rechtsprechung handelt und daß eine abweichende Auffassung denkbar
ist. Da der Inhalt des Depurierungsauftrags von der Höhe des
Ausrufspreises abhängt, ist daran festzuhalten, daß über diesen
Auftrag erst entschieden werden darf, wenn die
Versteigerungsbedingungen und damit vor allem der Ausrufspreis
festgestellt sind. Dabei kann entweder die Rechtskraft des die
Versteigerungsbedingungen feststellenden Beschlusses abgewartet oder
es kann der Depurierungsauftrag schon in diesen Beschluß aufgenommen
werden, weil dann derjenige, der sich durch die Feststellung der
Versteigerungsbedingungen und den damit im Zusammenhang stehenden
Depurierungsauftrag beschwert erachtet, die Möglichkeit hat, seine
Interessen dadurch zu wahren, daß er beide Teile des Beschlusses
bekämpft.
Die betreibende Partei hält dem in ihrem Rekurs im wesentlichen nur entgegen, daß die Verpflichteten die Versteigerung der gemeinsamen Liegenschaft verhindern oder zumindest verzögern wollten. Abgesehen davon, daß es sich dabei um einen nicht festgestellte und überdies gegen das Neuerungsgebot verstoßende Behauptung handelt, ist sie auch unwesentlich, weil die Verpflichteten das Recht haben, daß die Versteigerung in der dargelegten Weise vorgenommen wird.
Das Rekursgericht hat dem Erstgericht daher zutreffend aufgetragen, zunächst über den Ausrufspreis zu entscheiden, wobei dieser Auftrag dahin zu ergänzen ist, daß zweckmäßigerweise die gesamten Versteigerungsbedingungen festzustellen sein werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses beruht auf § 78 EO iVm
den §§ 40 und 50 ZPO.