JudikaturJustiz33R44/23t

33R44/23t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, den Richter Mag. Schmoliner sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Lager-Süß in der Markenschutzsache der Antragstellerin C*** , vertreten durch die Burgstaller Partner Rechtsanwälte in Linz, wider den Antragsgegner M*** , vertreten durch Dr. Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Übertragung der Marke AT 300806 über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 19.12.2022, AM 61993/2018-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und der Rechtsabteilung die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Wortbildm. Arke AT 300806

wurde vom Antragsgegner am 6.12.2018 zur Eintragung im Markenregister angemeldet und am 10.12.2018 registriert.

Die Antragstellerin beantragte die Umschreibung der Marke. Sie legte dazu einen Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrag samt Zusammenschlussbilanz vor, mit welchem das protokollierte Einzelunternehmen des Antragsgegners in die OG der Antragstellerin eingebracht wurde.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab die Rechtsabteilung dem Antrag ohne weitere Begründung statt.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners aus den Rekursgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss im antragsabweisenden Sinn abzuändern, hilfsweise ihn aufzuheben und der Rechtsabteilung die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Antragstellerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Nach dem gemäß § 35 Abs 5 MSchG auch im markenrechtlichen Verfahren anzuwendenden § 64 Abs 2 PatG sind die Entscheidungen des Patentamts mit Gründen zu versehen. Die Begründung kann entfallen, wenn im einseitigen Verfahren vor einer Technischen Abteilung oder der Rechtsabteilung einem Antrag vollinhaltlich stattgegeben wird.

Als einseitig verstanden werden auch Verfahren auf Übertragung von Rechten an Patenten oder Marken, bei denen der Antrag entweder einvernehmlich oder nur von einer beteiligten Partei gestellt wird und die andere Partei dem Antrag jedoch ausdrücklich zustimmt ( Stadler/Gehring in Stadler/Koller , PatG § 64 Rz 8). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, hat doch nur die Antragstellerin den Antrag auf Umschreibung der Marke gestellt und der Antragsgegner der Antragstellung nicht zugestimmt.

Nach den dargelegten Grundsätzen ist die Entscheidung der Rechtsabteilung daher zu begründen.

2. Das Fehlen einer Begründung bewirkt nach § 57 Z 1 AußStrG (der gemäß § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG auch im gegenständlichen Rekursverfahren anzuwenden ist) keine Nichtigkeit, sondern nur einen – auch von Amts wegen wahrzunehmenden – Verfahrensmangel ( G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I 2 § 57 Rz 13 f [Stand 1.6.2019, rdb.at]).

Zwar sieht § 57 AußStrG grundsätzlich einen Vorrang der meritorischen Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht und nur ausnahmsweise die Möglichkeit einer Aufhebung vor. Hat aber das Erstgericht wie im vorliegenden Fall überhaupt keine Entscheidungsgrundlage geschaffen, kommt eine Verfahrensergänzung durch das Rechtsmittelgericht nur in Ausnahmefällen, etwa bei besonderer Dringlichkeit, in Frage ( G. Kodek aaO Rz 11; die Möglichkeit einer Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht beim Fehlen einer Begründung überhaupt verneinend: Fucik/Kloiber , AußStrG § 57 Rz 1; EFSlg 133.076).

3. Da weder eine besondere Dringlichkeit noch ein sonstiger Ausnahmefall vorliegt, war dem Rekurs Folge zu geben und die Entscheidung aufzuheben. Die Rechtsabteilung wird im fortgesetzten Verfahren darzulegen haben, von welcher Sachverhaltsgrundlage sie ausgeht und aus welchen rechtlichen Erwägungen sie die Voraussetzungen für eine Umschreibung der Marke nach § 28 MSchG ohne Zustimmung des Antragsgegners als gegeben erachtet. Erst damit wird eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung durch das Rekursgericht möglich sein.

4. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

Da keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegt, war der ordentliche Revisionsrekurs – der im außerstreitigen Verfahren auch bei aufhebenden Beschlüssen möglich ist ( Schramm in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 62 Rz 8) – nicht zuzulassen.