JudikaturJustiz2Ob81/99x

2Ob81/99x – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. A*****-AG, *****, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder Partner, Rechtsanwälte in Wien, 2. R***** GmbH B*****-KG, *****, vertreten durch Dorda, Brugger Jordis, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, und 3. Wilhelm K***** GmbH, *****, wegen Beweissicherung, infolge Revisionsrekurses der antragstellenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Dezember 1998, GZ 35 R 804/98i-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4. September 1998, GZ 8 Nc 21/98y-24, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß auch die R***** GmbH B*****-KG und die Wilhelm K***** GmbH als weitere Antragsgegner des Beweissicherungsverfahrens zugelassen werden.

Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens hat die antragstellende Partei vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In dem ursprünglich nur gegen die Erstantragsgegnerin eingebrachten Beweissicherungsantrag brachte die Antragstellerin vor, Eigentümerin eines neu errichteten dreistöckigen Gebäudes zu sein. Mit der Befüllung und Bepflanzung der auf der Terrasse des dritten Stockwerkes aufgestellten Blumentröge sei die Antragsgegnerin beauftragt worden. Deren mangelhafte Arbeiten hätten zur Verstopfung der Abläufe und in der Folge zu massiven Wassereintritten geführt. Zur Sicherung des Beweises der mangelhaften Bepflanzung der Blumentröge begehrte die Antragstellerin die Bestellung eines von ihr namhaft gemachten Sachverständigen und die Erstattung eines Befundes durch diesen. Da Gefahr im Verzug bestehe, solle dem Beweissicherungsantrag stattgegeben werden, ohne ihn dem Antragsgegner zuzustellen und ohne diesen zu vernehmen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Beweissicherung.

Der von ihm bestellte Sachverständige führte in der Zusammenfassung seines Befundes aus, es sei ein Zusammenhang zwischen dem Wassereintritt und der Bepflanzung der Blumentröge nicht nachzuweisen. Vielmehr habe sich gezeigt, daß die vom Planverfasser (Drittantragsgegnerin) in Zusammenarbeit mit dem Bauführer (Zweitantragsgegnerin) gewählte Konstruktion der Blumentröge nicht einwandfrei funktioniere.

Mit ergänzendem Beweissicherungsantrag vom 21. 7. 1998 begehrte die Antragstellerin zur Sicherung des Beweises der mangelhaften Rohrverlegung und des mangelhaften Gefälles den bereits bestellten Sachverständigen nochmals zu bestellen und ihm eine ergänzende Befundaufnahme aufzutragen. Auch diesem Beweissicherungsantrag solle stattgegeben werden, ohne ihn dem Antragsgegner zuzustellen und diesen zu vernehmen, weil Gefahr im Verzug bestehe. Die Antragstellerin brachte dazu vor, im Zuge der Gutachtenserstellung und der in die Wege geleiteten Mängelbehebung hätte durch teilweises Freilegen der Rohrleitungen festgestellt werden können, daß die Rohrverlegung unsachgemäß erfolgt sei, weiters sei auch das Gefälle der Terrasse zu begutachten.

Auch diesem Antrag gab das Erstgericht statt.

Mit Antrag vom 27. 7. 1998 begehrte die Antragstellerin die Zweit- und Drittantragsgegnerinnen als weitere Antragsgegner zuzulassen. Sie begründete diesen Antrag damit, daß die Zweitantragsgegnerin die Tröge sowie die Rohrverlegung als Bauführer verlegt habe, das Gefälle sei von der Drittantragsgegnerin geplant und von der Zweitantragsgegnerin hergestellt worden.

Die Zweitantragsgegnerin sprach sich dagegen mit der Begründung aus, es könne nicht dem Sinn des Beweissicherungsverfahrens entsprechen, ursprünglich nur einen Antragsgegner zu nennen und erst kurz vor Ende des Beweissicherungsverfahrens weitere Antragsgegner in das Beweissicherungsverfahren miteinzubeziehen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, daß die Zweit- und Drittantragsgegnerinnen bei der Aufnahme der Beweise im Rahmen der ursprünglichen Beweissicherung und deren Ergänzung keine Parteistellung gehabt hätten und diese Beweise gegen sie nunmehr verwendet werden könnten. Es wäre Sache der Antragstellerin gewesen, durch Stellung eines neuen Beweissicherungsantrages, die Zweit- und Drittantragsgegnerinnen als Antragsgegner namhaft zu machen, damit diese dem Beweissicherungsverfahren beigezogen werden könnten.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 260.000,--, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Das Rekursgericht führte aus, daß dann, wenn das ursprünglich gegen die Erstantragsgegnerin gerichtete Beweissicherungsverfahren ergeben habe, daß nicht deren Tätigkeit die Ursache für den Wassereintritt gewesen sei, dieses Beweissicherungsverfahren auch beendet sei. Wenn die Antragstellerin nunmehr andere Antragsgegner und andere Ursachen des behaupteten Schadenseintrittes vorbringe, könne dies nur Grundlage eines neuen Beweissicherungsantrages gegen die nunmehr bekannten Antragsgegner sein. Eine Ausdehnung des ursprünglichen Beweissicherungsverfahrens auf andere Themen und andere Antragsgegner sei der ZPO fremd.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob nachträglich andere Antragsgegner in das Beweissicherungsverfahren eingeführt werden könnten, nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die angefochtenen Entscheidungen dahin abzuändern, daß Zweit- und Drittantragsgegnerin als weitere Beweissicherungsgegner zugelassen werden.

Die Antragstellerin bringt in ihrem Rechtsmittel vor, ein Beweissicherungsverfahren könnte auch gegen "unbekannte Antragsgegner" eingeleitet werden. Die "unbekannten Antragsgegner" könnten daher keinesfalls Parteistellung haben und zwar unabhängig davon, ob das Beweissicherungsverfahren noch anhängig bzw bereits abgeschlossen sei. Umsomehr müsse es rechtlich zulässig sein, im Zuge des Beweissicherungsverfahrens noch weitere Antragsgegner namhaft zu machen. Der Antragstellerin seien die tatsächlichen Antragsgegner erst anläßlich der Befundaufnahme bekanntgegeben worden, sie habe umgehend die Erweiterung der Antragsgegner beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Zutreffend ist die Ansicht des Rekursgerichtes, daß das ursprünglich gegen die Erstantragsgegnerin geführte Beweissicherungsverfahren mit der Erstattung des ersten Befundes des Sachverständigen (wenngleich nicht im Sinne der Antragstellerin) beendet war. Bei dem Antrag auf "ergänzende" Beweissicherung handelt es sich in Wahrheit um einen neuen Beweissicherungsantrag. Während nämlich der ursprüngliche Beweissicherungsantrag zur Sicherung des Beweises der mangelhaften Bepflanzung diente, sollte durch den "ergänzenden" Beweissicherungsantrag der Beweis der mangelhaften Rohrverlegung und des mangelhaften Gefälles gesichert werden. Antragsgegner dieses Beweissicherungsverfahrens waren aber (wenngleich sie im Beweissicherungsantrag als solche nicht bezeichnet wurden) auch die Zweit- und Drittantragsgegnerin. Im Beweissicherungsverfahren findet nämlich der formelle Parteibegriff keine Anwendung, da es häufig gar nicht möglich ist, den Gegner schon aus dem Antrag zu erkennen oder zu bestimmen. Im Beweissicherungsverfahren ist nicht nur derjenige als "Gegner" und damit als Partei anzusehen, der vom Antragsteller als solcher bezeichnet wird, sondern auch derjenige, dessen materielle Stellung als Anspruchsgegner sich aus den Behauptungen des Antrags im Zusammenhang mit den Behauptungen des später oder erstmalig im Rechtsmittel einschreitenden "Gegners" ergibt. Für die Parteistellung ist es daher nicht erforderlich, daß der "Gegner" tatsächlich im Verfahren auch bereits formell als Partei bezeichnet oder als solcher einbezogen worden ist (Fasching III 534).

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kommt daher auch den Zweit- und Drittantragsgegnerinnen Parteistellung zu. Die Unterlassung der Beiziehung der Antragsgegnerinnen zu den Befundaufnahmen wird bei der Verwertung der sicherungsweise aufgenommenen Beweise gemäß § 389 Abs 2 ZPO nach § 272 ZPO zu würdigen sein (Fasching III 540; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 389).

Es war daher dem Revisionsrekurs stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden. Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens hat die antragstellende Partei gemäß § 388 Abs 3 ZPO vorläufig selbst zu tragen (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 388 mwN).