JudikaturJustiz2Ob724/52

2Ob724/52 – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Oktober 1952

Kopf

SZ 25/253

Spruch

Auch derjenige Dritte, der die Rechte beider Parteien verneint, kann ein rechtliches Interesse am Obsiegen einer Partei haben und auf deren Seite dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beitreten.

Entscheidung vom 1. Oktober 1952, 2 Ob 724/52.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Der Kläger erwarb von der französischen Besatzungsmacht durch Kauf einen Personenkraftwagen, der nach seiner Behauptung im Eigentum des früheren Ortsgruppenleiters der NSDAP. Franz W. gestanden sei. Mit Urteil des Volksgerichtes wurde der Verfall des Vermögens des Franz W. ausgesprochen. Der Kraftwagen wurde von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sichergestellt und der Marktgemeinde R. in Verwahrung gegeben. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Republik Österreich zur Herausgabe des Kraftwagens. Im Zuge des Verfahrens erster Instanz erklärte Cäcilie W., die Gattin des Franz W., ihren Beitritt zu dem Verfahren als Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei. Sie behauptet, zu zwei Dritteln Miteigentümerin des Kraftwagens zu sein und ein Interesse daran zu haben, daß die beklagte Partei obsiegt, da sie in diesem Falle ihre Miteigentumsansprüche gegen die beklagte Partei geltend machen könnte, während im Falle eines Obsiegens der klagenden Partei festgestellt sei, daß die klagende Partei originäres Eigentum erworben habe und ihr die weitere Geltendmachung ihrer Ansprüche versagt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und sprach mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß aus, daß der Antrag der Cäcilie W. auf Zulassung der Nebenintervention auf Seite der beklagten Partei zurückgewiesen werde. Cäcilie W. habe keinerlei rechtliches Interesse an dem Obsiegen der beklagten Partei, da sie auch dieser gegenüber ihr angebliches Miteigentumsrecht an dem Personenkraftwagen geltend machen müsse. Das von ihr behauptete Miteigentum lasse eine Hauptintervention als zulässig erscheinen, nicht aber eine Nebenintervention.

Das Rekursgericht erklärte die Nebenintervention der Cäcilie W. auf Seite der beklagten Partei als zulässig und gab der Berufung gegen das erstgerichtliche Urteil nicht Folge. Es sprach aus, daß der Streitwert, über den es entschieden hat, den Betrag von 10.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof vermag sich der von Sperl (Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege I/1, S. 183, und von Pollak, System I, S. 125 u. 195) vertretene Rechtsansicht, daß der Interventionskläger nicht in den Erstprozeß als Nebenintervenient eintreten könne, weil er das Recht beider Parteien verneine und bezüglich keiner das rechtliche Interesse habe, daß sie obsiege, nicht anzuschließen. Wenn auch der Nebenintervenient die Rechte beider Parteien verneint, so kann er doch ein Interesse haben, daß eine der beiden Parteien zunächst obsiege, weil seine prozeßrechtliche Stellung im Zivilprozeß im Falle des Obsiegens dieser Partei eine günstigere ist. Der Nebenintervenient hat sein rechtliches Interesse zutreffenderweise damit begrundet, daß er im Falle des Obsiegens der beklagten Partei gegen diese seinen Anspruch nicht geltend machen könne, während er im Falle des Obsiegens der klagenden Partei damit rechnen müsse, daß ihm der originäre Rechtserwerb der klagenden Partei eingewendet werde.