JudikaturJustiz2Ob593/95

2Ob593/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Corporation, ***** Florida 33433, USA, vertreten durch Dr.Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H***** AG, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen US-Dollar 400.000 sA (Streitwert S 4,600.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 16.Juni 1995, GZ 1 R 114/95-15, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19.April 1995, GZ 11 Cg 182/94s-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

21.375 (darin enthalten S 3.542,40) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei mit dem Sitz in Florida, USA, begehrt von der beklagten Partei im Zusammenhang mit einem am 2.9.1993 abgeschlossenen Anteilskaufvertrag die Bezahlung eines Betrages von US-Dollar 400.000 sA.

In der Klagebeantwortung erhob die beklagte Partei die Einreden der mangelnden Zuständigkeit sowie der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und beantragte außerdem, der klagenden Partei eine Prozeßkostensicherheit in der Höhe von S 1,102.873 aufzuerlegen und bestritt darüber hinaus das Klagebegehren. Zur Begründung ihres Antrages auf Sicherheitsleistung führte sie aus, daß es sich bei der klagenden Partei um eine nach den Bestimmungen des Staates Delaware, USA, gegründete und registrierte Gesellschaft mit dem Sitz in Boca Raton, Florida, handle. Damit sei die grundsätzliche Voraussetzung des § 57 ZPO erfüllt, um der klagenden Partei eine Sicherheitsleistung für die der beklagten Partei allenfalls entstehenden und zuzusprechenden Prozeßkosten aufzuerlegen. Staatsverträge mit den USA, die anderes festsetzten, existierten nicht; es gebe auch keine Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung, die der klagenden Partei den Ersatz von Prozeßkosten an die beklagte Partei auferlegte, in den USA zu vollstrecken. Die klagende Partei habe auch kein zur Deckung von Prozeßkosten hinreichendes Vermögen in Österreich.

Die klagende Partei erwiderte hierauf, daß die beklagte Partei ihren Antrag auf Sicherheitsleistung nur für denn Fall gestellt habe, daß ihre Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit bzw der Unzuständigkeit zurückgewiesen werden. Eine Prozeßkostenentscheidung des angerufenen Gerichtes sei auch in Florida vollstreckbar.

Das Erstgericht verpflichtete die klagende Partei zum Erlag einer Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten der beklagten Partei in Höhe von S 500.000 innerhalb einer Frist von zwölf Wochen.

Es führte dazu aus, daß die Voraussetzungen für den Erlag einer Sicherheitsleistung nach § 57 Abs 1 ZPO vorlägen. Ein Ausnahmetatbestand nach § 57 Abs 2 ZPO sei nicht gegeben.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Erlag einer Sicherheitsleistung ab. Es erörterte rechtlich, daß kautionspflichtig nur diejenigen Ausländer seien, auf die die Ausnahmebestimmungen des § 57 Abs 2 ZPO nicht zuträfen. Das Erstgericht habe übersehen, daß auf Geld lautende österreichische Urteile ungeachtet der Gegenseitigkeit in Florida vollstreckbar seien. Der klagenden Partei komme daher der Ausnahmetatbestand des § 57 Abs 2 Z 1 a ZPO zugute.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zu.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Nach § 57 Abs 1 ZPO haben Ausländer, die vor einem im Geltungsgebiet dieses Gesetzes gelegenen Gericht als Kläger auftreten, dem Beklagten auf dessen Verlangen für die Prozeßkosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist. Diese Bestimmung soll die vor inländischen Gerichten Beklagten vor mißbräuchlicher oder kostenverursachender Rechtsanmaßung durch ausländische Kläger schützen. Sie trifft Kläger, die Ausländer sind und im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben (Fasching ZPR2 Rz 475 f). Nach § 57 Abs 2 ZPO tritt eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung ua nicht ein, wenn eine gerichtliche Entscheidung, die dem Kläger den Ersatz von Prozeßkosten an den Beklagten auferlegt, im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers vollstreckt würde. Dem an sich kautionspflichtigen Kläger steht auch noch die Möglichkeit offen, seine Unfähigkeit zum Erlag der Prozeßkostensicherheit eidlich zu bekräftigen.

Außer Streit steht, daß es mit den Vereinigten Staaten bzw dem Bundesstaat Florida kein Übereinkommen gibt, das die Vollstreckung einer Kostenentscheidung gegen die klagende Partei in diesem Verfahren ermöglichen würde (vgl § 37 des Erlasses vom 21.10.1986 über die internationale Rechtshilfe und andere Rechtsbeziehungen mit dem Ausland in Zivilsachen, JABl 1986/53 und die dort angeführte Länderübersicht).

Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits ausgesprochen, daß einem im Bundesstaat Florida, USA, ansässigen Kläger mangels Vorliegens eines internationalen Übereinkommens über die Vollstreckbarkeit von Kostenentscheidungen grundsätzlich der Erlag einer Prozeßkostensicherheit im Sinn des § 57 Abs 1 ZPO aufzuerlegen ist (9 ObA 225/94 = EvBl 1995/116 = RdW 1995, 220). Von dieser Rechtsprechung abzugehen bieten auch die vom Rekursgericht aufgegriffenen Ausführungen von Czernich in WBl 1995, 10, 11) keinen Anlaß.

Auch dieser Autor verweist zunächst darauf, daß mit den Vereinigten Staaten von Amerika weder ein bilaterales noch ein multilaterales Übereinkommen über die wechselseitige Anerkennung von Zivilurteilen besteht und daher der Rechtsverkehr zwischen Österreich und den USA, namentlich auf dem Gebiet der wechselseitigen Vollstreckung von Zivilurteilen, noch von einer Anzahl von Unwägbarkeiten und Unsicherheiten geprägt ist. Amerikanische Urteile seien in Österreich derzeit nicht vollstreckbar, dies sei aber von Bedeutung, weil manche Bundesstaaten Gegenseitigkeit für die Vollstreckung forderten. Der Bundesstaat Florida habe jedenfalls den Uniform Foreign Money-Judgments Recognition Act nicht verabschiedet, sondern folge den Prinzipien, wie sie im Restatement Second of Conflict of Laws und im Restatement Third of Foreign Relations Law niedergelegt seien Czernich aaO 14). Das Restatement Second of Conflict of Laws stellte eine Privatkodifikation ohne Bindungswirkung dar, die aber großen Einfluß auf die Rechtsprechung vor allem in jenen Staaten, die über keine akzentuierte Judikatur zu dieser Frage verfügten, ausübe. Daraus erhellt, daß aber hinsichtlich des Bundesstaates Florida keine höchstgerichtliche Judikatur zitiert werden kann, die über eine Anerkennung österreichischer Entscheidungen in diesem Bundesstaat abspricht. Dazu kommt, daß im amerikanischen Recht die Anwaltsgebühren der obsiegenden Partei, wenn überhaupt so nur im beschränkten Umfang, erstattet werden (vgl EvBl 1965/26) und daher nicht sicher ist, ob auch eine Prozeßkostenentscheidung eines österreichischen Gerichtes nach den Grundsätzen des Restatement Second of Conflict of Laws, das nur die Entscheidung in der Hauptsache betrifft, vollstreckbar wäre.

Da, wie bereits festgehalten, amerkanische Urteile in Österreich nicht vollstreckt werden können und es daher grundsätzlich am Erfordernis der Gegenseitigkeit mangelt, der beklagten Partei eine rechtlich gesicherte Position, ein österreichisches Urteil in Florida vollstrecken zu lassen, nicht zukommt, war in Stattgebung des außerordentlichen Revisionsrekurses die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO.