JudikaturJustiz2Ob287/01x

2Ob287/01x – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Klaus B*****, vertreten durch Dr. Max J. Allmayer Beck und Mag. Dr. Johannes Stockert, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Beseitigung und Unterlassung (Streitwert S 80.000, ), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. Juli 2001, GZ 2 R 217/01d 23, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Montafon vom 21. Mai 2001, GZ 1 C 850/00h 19, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.871,68 (darin S 1.145,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der herrschenden Ansicht, dass der Eigentümer der dienenden Liegenschaft auch zugunsten mehrerer herrschender Grundstücke Dienstbarkeiten bestellen kann; sind die Servituten wie hier das Recht des Zuganges und der Zufahrt zum Ferienhaus des Klägers und das Recht der Schiabfahrt der beklagten Seilbahngesellschaft an sich miteinander vereinbar, gelten sie nebeneinander; treten sie in Kollision, so sind sie den billigen Interessen aller Beteiligten entsprechend auszuüben (3 Ob 260/99b = bbl 2001/17 mwN; Hofmann in Rummel3 § 486 ZPO Rz 1).

Im vorliegenden Fall existiert eine zwischen den Streitteilen als Servititutsberechtigten getroffene Vereinbarung, in der dem Kläger von der Beklagten im Bereich der Kreuzung von Zufahrtsweg und Schipiste die Durchgangs und Durchfahrtsmöglichkeit zugesichert wurde. Diese Möglichkeit besteht nach den vorinstanzlichen Feststellungen nicht mehr, seit die Beklagte eine Beschneiungsanlage einsetzt. Es besteht daher kein Zweifel daran, dass die Beklagte vereinbarungswidrig in die Dienstbarkeit des Klägers eingegriffen hat. Im Hinblick auf die klare Rechtslage stellt sich insoweit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO).

Problematisch ist hingegen die Beantwortung der weiteren Rechtsfrage, ob der Kläger auf den ihm von der Eigentümerin der herrschenden Liegenschaft für die Wintersaison angebotenen Ersatzweg verwiesen werden kann. Nach der Rechtsprechung folgt aus § 484 ABGB die Berechtigung des Belasteten, den über sein Grundstück führenden Weg auch ohne Zustimmung des Berechtigten auf eine andere Stelle zu verlegen, wenn der neue Weg dem Zweck der Servitut vollkommen oder im Wesentlichen entspricht (7 Ob 337/97b = JBl 1998, 365 mwN; Hofmann aaO § 484 ABGB Rz 5 mwN). Dass der Belastete die Verlegung weniger im eigenen Interesse als im Interesse eines anderen Dienstbarkeitsberechtigten verlangt, ändert hieran grundsätzlich nichts.

Ob der dem Kläger angebotene Ersatzweg dem Servitutszweck zumindest im Wesentlichen entspricht, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung. Eine erhebliche Rechtsfrage würde daher nur im Falle einer krassen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste, gegeben sein. Im vorliegenden Fall wird der Umstand, dass der Kläger zu seinem Ferienhaus während der Wintersaison um knapp 200 m weiter fahren müsste, dadurch ausgeglichen, dass der Ersatzweg die Schipiste lediglich einmal quert und dass die Sichtverhältnisse besser sind als bei den zwei Kreuzungen der Schipiste mit der bisherigen Zufahrt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, der Ersatzweg müsse vom Kläger nicht akzeptiert werden, ist aber deshalb vertretbar, weil der Ersatzweg (anders als die bisherige Zufahrt) in einer Länge von rund 200 m nicht asphaltiert, sondern lediglich geschottert ist, und es in einer Mulde zu einer größeren Wasseransammlung kommt. Das Berufungsgericht hat daher den ihm bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit zustehenden Spielraum nicht verlassen. Eine andere Beurteilung wäre ceteris paribus freilich dann geboten, wenn der für die Wintersaison angebotene Ersatzweg (nach Auffüllung der Mulde) durchgehend asphaltiert würde.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht bedurfte, war die Revision ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.