JudikaturJustiz2Ob2/22s

2Ob2/22s – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. März 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*, vertreten durch Dr. Robert Mogy, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei G*, vertreten durch Dr. Paul Wachschütz, Rechtsanwalt in Villach, und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. C*, und 2. S*, beide vertreten durch Holzer Kofler Mikosch Kaspar Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 441.124,06 EUR sA und Eigentumsübertragung (Streitwert 35.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. Oktober 2021, GZ 7 R 10/21a 64, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 17. März 2021, GZ 28 Cg 4/19b 58, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.232,93 EUR (darin 538,82 EUR USt) sowie den Nebenintervenienten jeweils die mit 1.788,02 EUR (darin jeweils 296,34 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der klagenden Partei nicht zulässig. Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Rechtliche Beurteilung

[2] 1. Nach § 579 ABGB sowohl in der hier aufgrund des Errichtungszeitpunkts der letztwilligen Verfügung (§ 1503 Abs 7 Z 5 ABGB) anzuwendenden Fassung vor dem ErbRÄG 2015 als auch in jener des ErbRÄG 2015 müssen die Zeugen ein fremdhändiges Testament mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeuge hinweisenden Zusatz unterschreiben.

[3] 2. Die Identität der Zeugen muss nach § 579 Abs 2 Satz 1 ABGB idF des ErbRÄG 2015 aus der Urkunde selbst hervorgehen. Dieses Erfordernis sah die alte Rechtslage nicht vor. Zu dieser wurden sogar unleserliche Unterschriften als ausreichend für eine Zeugenunterschrift angesehen (vgl 2 Ob 139/20k; Tschugguel in Klang³ § 579 Rz 10 mwN).

[4] 3. Nach den Materialien zum ErbRÄG 2015 (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 9 f) muss aus der letztwilligen Verfügung insbesondere der Vor- und Familienname sowie das Geburtsdatum oder die (Berufs )Adresse der Zeugen, hervorgehen, um sie identifizierbar und damit ihre Eignung überprüfbar zu machen.

[5] 4. Zur neuen Rechtslage hat der erkennende Fachsenat bereits ausgesprochen (2 Ob 86/21t; 2 Ob 139/20k), dass selbst die Nichtanführung der in den Materialien zu § 579 Abs 2 Satz 1 ABGB genannten Kriterien zur Identifizierbarkeit der Testamentszeugen („Geburtsdatum, [Berufs-]Adresse“) noch nicht automatisch zur Ungültigkeit des Testaments führt, sondern das Gesetz nur vorschreibt, dass die Identität der Zeugen nunmehr aus der Urkunde hervorgehen muss. Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (2 Ob 86/21t).

[6] 5. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die lesbare Unterschrift einer völlig unbestrittenen Testamentszeugin – einer langjährigen Mitarbeiterin in der Kanzlei der Testamentsverfasser – mit ihrem Vornamen und einem Familiennamen, den sie nach einem laufenden Scheidungsverfahren erst kurze Zeit später wieder annehmen sollte, das Testament nicht nach § 579 ABGB iVm § 601 ABGB ungültig macht, entspricht der früheren Rechtslage, weil die Identifizierbarkeit in keiner Weise beeinträchtigt wurde. Dass der Oberste Gerichtshof zu dieser besonderen Fallkonstellation noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat, begründet noch keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042656).

[7] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da der Beklagte und die Nebenintervenienten in ihre n Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, dienten ihre Schriftsätze jeweils der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.