JudikaturJustiz2Ob197/77

2Ob197/77 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. November 1977

Kopf

SZ 50/135

Spruch

Der Klage auf Geltendmachung der durch außergerichtliche Schadensliquidierung aufgelaufenen Kosten eines Versicherungsberaters steht die Bestimmung des § 42 Abs. 2 ZPO entgegen

OGH 3. November 1977, 2 Ob 197/77 (LG Klagenfurt 1 R 476/76; BG Klagenfurt 4 C 555/76)

Text

Am 27. Juni 1973 wurde der PKW des Klägers aus dem Verschulden des Lenkers eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges beschädigt. Im Auftrag des Klägers verhandelte der Versicherungsberater J mit der Beklagten über die Schadensliquidierung. Er erreichte, daß die Beklagte dem Kläger den gesamten Schaden in der Höhe von 63 519 S ersetzte. J stellte dem Kläger die Kosten seines Einschreitens mit 11 479.36 S in Rechnung. Hievon ersetzte die Beklagte dem Kläger nur einen Teilbetrag von 3000 S.

Gestützt auf diesen unbestrittenen Sachverhalt und die Behauptung, daß der Kläger dem Versicherungsberater J das in Rechnung gestellte Honorar bezahlt habe, verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der verbleibenden Differenz von 8479.36 S samt Anhang.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, es habe keine Notwendigkeit zur Inanspruchnahme eines Versicherungsberaters bestanden, weil die Schadensliquidierung relativ einfach gewesen sei; der Kläger könne nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten ersetzt verlangen. Diese hätten keinesfalls mehr als 3000 S betragen, welchen Betrag die Beklagte ohnehin ersetzt habe; im übrigen sei J nach dem Inhalt seiner Gewerbeberechtigung zu einem Einschreiten nur in Versicherungssachen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung befugt, nicht aber in Schadenersatzangelegenheiten aus Versicherungsverträgen dritter Personen.

Das Erstgericht sprach dem Kläger 6755 S samt Anhang zu und wies das Mehrbegehren von 1724.36 S samt Anhang ab. Es traf Feststellungen über die Tätigkeit J, die dieser im einzelnen zur Liquidierung des Schadens gegenüber der Beklagten und dem Kaskoversicherer des Klägers und zum Ankauf eines neuen Autos durch den Kläger entfaltet hatte, wobei es ein Honorar des J von insgesamt 9755 S (einschließlich Umsatzsteuer) als angemessen ansah.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer ganzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da mit der vorliegenden Klage ein Kostenersatzanspruch geltend gemacht wird, und da nach § 528 Abs. 1 ZPO gegen die Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt ein Rechtsmittel unzulässig ist, sei zunächst auf die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Revision eingegangen. Geltend gemacht werden die Kosten einer außergerichtlichen Verfolgung eines Schadenersatzanspruches, über dessen Erfüllung mit der Beklagten eine Einigung erzielt, und der in der Folge auch voll erfüllt wurde. Damit besteht keine Akzessorietät des Kostenersatzanspruches zum Hauptanspruch, denn es kommt nunmehr eine gerichtliche Durchsetzung des Hauptanspruches und damit eine Geltendmachung des Kostenersatzanspruches im Rahmen eines Verfahrens über den Hauptanspruch nicht mehr in Betracht. Der Kostenersatzanspruch kann daher gesondert mit Klage verfolgt werden (SZ 27/115; EvBl. 1958/350, SZ 46/103 u. a.; Fasching II, 303). Er ist nicht nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über den Kostenersatzanspruch zu beurteilen. Eine Entscheidung hierüber stellt daher auch keine Entscheidung im Kostenpunkt im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO dar, so daß die dort normierte Rechtsmittelbeschränkung hier nicht Platz greift (6 Ob 556/77).

Die Revision ist somit zulässig, sie ist aber nicht gerechtfertigt.

Die Rechtsrüge wird dahin ausgeführt, daß der vom Kläger geltend gemachte Anspruch seine Grundlage in den Bestimmungen der §§ 1293 ff. ABGB über den Schadenersatz habe. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Schädigers und der Kosten verursachenden Inanspruchnahme eines Versicherungsberaters sei zu bejahen, weshalb dem Kläger auch der Anspruch auf Ersatz des ihm daraus entstandenen Vermögensschadens zustehe. Die Inanspruchnahme eines Versicherungsberaters sei notwendig gewesen, weil die Beklagte mit der Schadensgutmachung im Verzug gewesen sei. Dabei müsse es gleichgültig sein, ob sich der Kläger bei der Verfolgung seines Schadenersatzanspruches eines Rechtsanwaltes oder eines als Sachverständigen anzusehenden Versicherungsberaters bedient habe.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Dahingestellt kann bleiben, ob das Klagsvorbringen tatsächlich unschlüssig ist, oder ob es nicht doch dahin aufzufassen ist, daß die Beklagte nicht unverzüglich volle Schadensgutmachung geleistet und damit das Heranziehen eines in Versicherungsangelegenheiten versierten Vertreters veranlaßt hat. Dem Klagsanspruch steht, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, die Bestimmung des § 42 Abs. 2 ZPO entgegen, nach der der Partei, die nicht durch Bevollmächtigte aus dem Rechtsanwalts- oder Notariatsstande vertreten ist, vom unterlegenen Gegner nur die Stempel- und anderen Staatsgebühren und die durch die Prozeßführung verursachten notwendigen Barauslagen zu ersetzen - sind. Diese Bestimmung stellt sich zwar ihrem Wortlaut nach als eine Vorschrift über den Prozeßkostenersatz dar, ihr Sinn und Zweck erfordert aber auch eine Anwendung auf außerprozessuale Vertretungskosten. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 ZPO richtet sich deutlich dagegen, daß Personen, die nicht Rechtsanwälte oder Notare sind mit der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche gegen Entgelt betraut werden (Pollak, System des österr. Zivilprozeßrechtes[2] I, 66; Sperl, Lehrbuch, 734; vgl. dazu auch Fasching II, 328). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Kläger im Falle der Nichteinigung mit der Beklagten und einer Prozeßführung allfällige Kosten einer Vertretung durch J nur als vorprozessuale Kosten hätte geltend machen können und daß in diesem Falle einem Zuspruch dieser Kosten die Bestimmung des § 42 Abs. 2 ZPO entgegengestanden wäre. Die Folgerung, daß deswegen, weil es nicht zum Prozeß gekommen ist und hinsichtlich der Hauptforderung Einigkeit erzielt wurde, bezüglich der Kostenersatzpflicht der Kläger nicht besser und die Beklagte nicht schlechter gestellt werden dürfe, ist überzeugend.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sind in dem Klagsbetrag Gebühren und Barauslagen nicht enthalten, so daß darauf § 42 Abs. 2 ZPO volle Anwendung findet. Demzufolge wurde das Klagebegehren mit Recht abgewiesen.