JudikaturJustiz2Ob174/98x

2Ob174/98x – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der kündigenden Partei S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Neudorfer, Griensteidl, Hahnkamper Stapf Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die gekündigten Parteien 1. Nissen L***** und 2. Jehudit L*****, beide ***** vertreten durch Dr.Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Aufkündigung, infolge "außerordentlicher Revision" der gekündigten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5.März 1998, GZ 39 R 31/98t-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 29.Dezember 1997, GZ 6 C 926/97t-12, behoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der "außerordentlichen Revision" wird nicht Folge gegeben.

Die gekündigten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der am 3.6.1997 beim Erstgericht eingelangten Aufkündigung beantragte die kündigende Bestandnehmerin die Erlassung eines Übernahmsauftrages, mit dem den gekündigten Bestandnehmern aufgetragen werde, das näher bezeichnete Mietobjekt geräumt zu übernehmen. Sie brachte dazu vor, ein bestimmtes Bestandobjekt auf unbestimmte Zeit gemietet zu haben, es sei vereinbart worden, daß das Bestandverhältnis unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 30.6. oder 31.12. eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden könne. Aufgrund dieser Vereinbarung werde das Mietverhältnis unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 31.12.1997 gekündigt.

Mit Beschluß vom 4.6.1997 erließ das Erstgericht den beantragten Übernahmsauftrag. Er wurde den gekündigten Parteien am 9.6.1997 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit dem am 27.8.1997 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 6 teilten die gekündigten Parteien mit, am 9.6.1997 im Ausland gewesen zu sein, die Hinterlegung des Übernahmsauftrages habe keine Wirksamkeit entfalten können.

Mit Beschluß vom 29.12.1997 wies das Erstgericht die Aufkündigung als verspätet zurück, weil die Vermieter zum Zeitpunkte der Hinterlegung ortsabwesend gewesen seien.

Das von der kündigenden Partei angerufene Rekursgericht gab dem Rechtsmittel Folge und "behob" den angefochtenen Beschluß ersatzlos. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige 260.000 S, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, die an sich rechtsunwirksame Zustellung vom 9.6.1997 sei dadurch gemäß § 17 Abs 3 ZustG geheilt worden, daß die gekündigten Parteien am 16.6.1997 an die Abgabestelle zurückkehrten.

Dagegen richtet sich die "außerordentliche Revision" (richtig: außerordentlicher Revisionsrekurs) der gekündigten Parteien mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und die Rechtssache allenfalls zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß die Aufkündigung als verspätet zurückgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht beachtet hat, er ist aber nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben nämlich nicht berücksichtigt, daß das Erstgericht bereits einen Übernahmsauftrag erlassen hat. Nach Erlassung eines solchen kann aber die Aufkündigung nicht mehr wegen Verspätung zurückgewiesen werden; der Übernahmsauftrag kann gemäß § 572 ZPO nur nach mündlicher Verhandlung aufgrund von Einwendungen durch Urteil aufgehoben werden (vgl Miet 19.552, 37.790; SZ 59/171; 4 Ob 25/97y).

Das Rekursgericht hat daher (wenngleich aus nicht wesentlichen Erwägungen und somit im Ergebnis) zu Recht den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben, weil er nicht dem Gesetz entspricht.

Ob im Schriftsatz ON 6 Einwendungen zu erblicken sind und ob diese rechtzeitig erhoben wurden, bleibt der Beurteilung durch die Vorinstanzen vorbehalten.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.