JudikaturJustiz2Ob166/19d

2Ob166/19d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj V***** H*****, geboren am ***** 2003, vertreten durch die Mutter L***** H*****, diese vertreten durch Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. G***** H*****, vertreten durch Imre Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, wegen 23.297,21 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. Juli 2019, GZ 4 R 81/19t 23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. März 2019, GZ 44 Cg 66/18v 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.568,52 EUR (darin 261,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die mj Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Nach der Scheidung ihrer Eltern kommt die alleinige Obsorge der Mutter der Klägerin zu. Der im Jahr 2017 verstorbene Großvater der Klägerin und Vater des Beklagten hatte in seinem Testament den Beklagten als Alleinerben eingesetzt und der Klägerin ein Legat zugedacht, wonach sie ab dem Zeitpunkt seines Todes monatlich 1.000 EUR (wertgesichert) bis zum Abschluss ihrer Ausbildung (längstens jedoch bis zu ihrem 30. Lebensjahr) erhalten sollte. Im Verlassenschaftsverfahren war das Legat gemäß § 177 iVm § 176 Abs 2 AußStrG sicherzustellen.

Am 18. 5. 2018 hinterlegte der Beklagte beim Bezirksgericht Graz West den Betrag von 200.000 EUR gemäß § 1425 ABGB, der in etwa der Höhe des der Erlagsgegnerin (der Klägerin) zukommenden Legats entsprechen soll. Erlagsgrund war die Sicherstellung des Legats. In der Folge wurde dem Beklagten die Verlassenschaft nach seinem Vater rechtskräftig eingeantwortet.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren auf Zahlung der seit dem Tod des Erblassers fällig gewordenen Legatsbeträge statt, wobei sie eine schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung verneinten. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision über Antrag des Beklagten nachträglich mit der Begründung zu, dass in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Rechtsfrage divergierend gelöst worden sei, ob auch ein obsorgeberechtigter Elternteil als gesetzlicher Vertreter iSd § 224 ABGB anzusehen sei. Sollte dies der Fall sein, sei zumindest nicht von vornherein auszuschließen, dass zum Zeitpunkt des Erlagsantrags mangels Vorliegens einer pflegschaftsgerichtlichen Ermächtigung zur Entgegennahme einer 10.000 EUR übersteigenden Zahlung durch die Mutter ein ausreichender Hinterlegungsgrund nach § 1425 ABGB vorgelegen sei.

Die Revision des Beklagten ist jedoch entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig . Weder in der Zulassungsbegründung noch in der Revision wird eine erhebliche, für die Entscheidung auch präjudizielle Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

Rechtliche Beurteilung

1. Der Beklagte hat den Geldbetrag in einem selbständigen Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB bei Gericht hinterlegt. In einem solchen Verfahren ist der Erlagsgrund möglichst zweifelsfrei anzugeben (vgl 6 Ob 623/91). Denn maßgeblich für den Zweck des Erlags ist der im Erlagsantrag genannte Rechtsgrund und die damit bewirkte Spezifizierung der Schuld, die der Erleger durch den Erlag tilgen zu wollen anzeigt (6 Ob 623/91; vgl 7 Ob 213/13v).

Nach den in der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts disloziert getroffenen Feststellungen war Erlagsgrund nicht die Tilgung der Legatsschuld gegenüber der Klägerin, sondern die Herstellung der Einantwortungsvoraussetzungen durch Sicherstellung der Legatsforderung. Dies geht auch zweifelsfrei aus Punkt 1. des Beschlusses des Erlagsgerichts vom 1. 6. 2018 über die Annahme des Erlags hervor, wonach der Erlag zur Absicherung der Legatsforderung der Klägerin vorgenommen wurde. Auch der Beklagte, den insoweit die Behauptungs und Beweislast trifft (3 Ob 40/16b), hat in erster Instanz zum Erlagsgrund und zur Rechtmäßigkeit des Erlags lediglich auf den gerichtlichen Auftrag zur Sicherstellung des der Klägerin ausgesetzten Legats gemäß § 176 Abs 2 AußStrG verwiesen.

2. Die Stellung einer Sicherheit, aus der sich der Gläubiger erst später befriedigen soll, ist nicht Leistung des Geschuldeten. Derjenige, zu dessen Gunsten eine Sicherheit erlegt wird, erwirbt dabei vielmehr ein Pfandrecht für die Forderung, die sie absichern soll (1 Ob 176/13h). Dies gilt auch für im Rahmen eines Verfahrens geleistete Sicherheiten (§ 56 Abs 3 ZPO; RS0103128; Fucik in Fasching/Konecny 3 II/1 § 56 Rz 63 ff). Wird ein Geldbetrag bloß als Sicherheitsleistung erlegt, kommt diesem Erlag daher keine Tilgungswirkung im Hinblick auf die Forderung zu, deren Sicherstellung die geleistete Sicherheit dienen soll.

3. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Hinterlegung des Betrags von 200.000 EUR durch den Beklagten habe keine schuldbefreiende Wirkung hinsichtlich der Legatsforderungen der Klägerin gehabt, stimmt mit dieser Rechtslage überein. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insoweit nicht vor.

4. Die in der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts aufgeworfene Frage, ob § 224 ABGB vor Inkrafttreten des 2. ErwSchG (BGBl I 2017/59) auch für Eltern des minderjährigen Kindes galt, ist im vorliegenden Fall somit nicht entscheidend (vgl dazu 2 Ob 3/12y mwN; zur nunmehrigen Klarstellung durch das 2. ErwSchG vgl § 164 Abs 1 Satz 3 ABGB nF). Auch welche Auswirkungen die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Legat auf die Unterhaltspflicht des Beklagten hat (vgl 3 Ob 227/18f), ist – entgegen der Ansicht des Revisionswerbers – im gegenständlichen Verfahren nicht zu klären.

5. Mangels zu beurteilender Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.