JudikaturJustiz24Ds4/19a

24Ds4/19a – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. September 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 2. September 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Hofstätter und Dr. Bartl sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf in Gegenwart der Schriftführerin Pelikan in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 2. Juli 2018, AZ D 5/18, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Mag. Holzleithner, des Kammeranwalts Dr. Lindner und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wegen Schuld wird Folge gegeben, das angefochtene Erkenntnis – das im Übrigen unberührt bleibt – im Schuldspruch sowie demgemäß auch im Strafausspruch und im Kostenausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer verwiesen.

Mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Beschuldigte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden – Erkenntnis wurde Mag. ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.

Danach hat er „durch die fast drei Jahre verzögerte Durchführung des von ihm am 14. Oktober 2014 bzw 3. November 2014 übernommenen Auftrags der Ehegatten ***** und ***** [hinsichtlich] der in EZ *****, KG ***** G***** des BG G*****, 44/4471-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung *****, intabulierten Höchstbetragpfandrechte C-LNr. 114a über 25.000 Euro sowie in C-LNr. 181a über 100.000 Euro, je für die Raiffeisen-Landesbank Steiermark AG, eine Lastenfreistellung herbeizuführen, wobei das Auftragshonorar bereits durch die Auftraggeber am 10. November 2014 beglichen wurde, [nämlich] durch Überreichung der Grundbuchsgesuche [erst] am 19. Oktober 2017 sowie 25. Oktober 2017 (vollzogen am 23. Oktober 2017 und 27. Oktober 2017), gegen §§ 9 und 11 RAO sowie § 40 RL-BA 2015 verstoßen“.

Er wurde hiefür zu einer Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen der Aussprüche über die Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen vgl RIS Justiz RS0128656 [T1]) und die Strafe; sie ist im Recht.

Der Disziplinarrat stellte zwar – wenn auch disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (ES 10) – fest, dass der Beschuldigte „auch den Auftrag zu Pfandrechtslöschungen ob der der ***** miteigentümlichen 44/4471-Anteile […] an der EZ *****, KG ***** G***** erhalten“ habe.

Diese Konstatierungen wurden im – nur eine Aufzählung der Verfahrensergebnisse („Beweismittelverzeichnis“, ES 5 f) und eine Bezugnahme auf einzelne Aktenteile im Rahmen der „Sachverhaltsfeststellungen“ (ES 6 ff), jedoch keine darüber hinausgehenden beweiswürdigenden Erwägungen enthaltenden (vgl aber Ratz , WK-StPO § 281 Rz 429; Danek , WK-StPO § 270 Rz 38; RIS-Justiz RS0098704 [T1]) – Erkenntnis, wie die Berufung richtig aufzeigt, offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall).

Der Beschuldigte selbst hat die Erteilung eines entsprechenden „klaren“ Auftrags – auch wenn er von einer Erweiterung des Auftrags zur Lastenfreistellung durch ein Schreiben der „RLB Steiermark“ vom 14. Oktober 2014 sprach – bestritten (ON 15 S 3). Mit dieser – im Erkenntnis bloß wiedergegebenen (ES 5) – Verantwortung hat sich der Disziplinarrat nicht auseinandergesetzt.

Die in Rede stehende Annahme lässt sich im Übrigen auch nicht aus dem Schreiben der Raiffeisen-Landesbank Steiermark AG vom 14. Oktober 2014 (ON 8, Beilage DV 2) ableiten; auch wenn in diesem Schreiben von der Löschungserklärung hinsichtlich der „44/4471-tel Anteile EZ ***** GB *****“ die Rede ist, so ergibt sich doch daraus nicht notwendigerweise ein zwischen Dritten bestehendes (Auftrags-/Vertrags-)Verhältnis.

Ebenso wenig lässt sich aus dem – vom Disziplinarrat gleichfalls nur wiedergegebenen (ES 6 f), nicht aber einer Würdigung unterzogenen – Schreiben des Beschuldigten vom 3. November 2014 an die Ehegatten ***** und *****

(ON 8, Beilage DV 4) ein zwingender Schluss auf einen von einer der beiden letztgenannten Personen erteilten und vom Beschuldigten angenommenen Auftrag zur grundbücherlichen Lastenfreistellung des in Rede stehenden Miteigentumsanteils der ***** ziehen, ist doch in diesem Schreiben nur von der Beauftragung der „Tilgung weiterer – nicht im direkten Zusammenhang mit der Liegenschaftstransaktion stehenden – Lasten/Schulden“ die Rede; die 44/4471-Anteile an der EZ *****, KG ***** G*****, sind darin hingegen ebenso wenig erwähnt wie im beigeschlossenen „Aktenvermerk“ vom 3. November 2014 betreffend die „Aufgliederung der Kosten-/Barauslagen“.

Wegen des Fehlens einer tauglichen Begründung für den Ausspruch über das Vorliegen eines Vertrags zwischen ***** und/oder ***** sowie dem Beschuldigten über die gegenständliche Lastenfreistellung war das angefochtene Erkenntnis daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in Stattgebung der Berufung im Schuldspruch sowie im Strafausspruch und Kostenausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zu verweisen.

Dieser wird im weiteren Rechtsgang in Ergänzung des Beweisverfahrens jedenfalls ***** und ***** als Zeugen sowie den Beschuldigten (insbesondere zum konkreten Inhalt des Auftragsverhältnisses) zu vernehmen und sämtliche Beweismittel (so insbesondere die bereits vorliegenden für die Beurteilung des Sachverhalts relevanten Urkunden) in den Entscheidungsgründen einer (nachvollziehbaren) Würdigung zu unterziehen haben.

Mit seiner Berufung wegen Strafe war der Beschuldigte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.