JudikaturJustiz24Ds12/22g

24Ds12/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 12. September 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann sowie die Anwaltsrichter Dr. Konzett und Dr. Wachter in Gegenwart der RiAA Mag. Besic als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Wiener Rechtsanwaltskammer vom 27. September 2021, AZ D 238/19, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Sauter Longitsch, des Kammeranwalts Mag. Steiner, und des Verteidigers Mag. Srndic zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinarbeschuldigte infolge Verletzung des § 21 Abs 1 RL-BA 2015 der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt.

[2] Danach hat er dadurch, dass er mit Schriftsatz vom 3. April 2017 im Verfahren AZ 6 Cg 24/17i des Landesgerichts Krems an der Donau ohne sachliche Rechtfertigung dem Klagevertreter Mag. * H*, Rechtsanwalt in *, den Streit verkündet hat, diesen unsachlich in den Streit gezogen, wovon mehrere Personen Kenntnis erlangt haben.

[3] Über ihn wurde eine Geldbuße von 1.500 Euro verhängt.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit (Z 5, Z 5a, Z 9 lit a und Z 10a), Schuld und Strafe.

[5] Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

[6] Der Disziplinarrat hat seinen Feststellungen zur subjektiven Tatseite mängelfrei die Ergebnisse des Verfahrens AZ 6 Cg 24/17i des Landesgerichts Krems an der Donau (ES 3 f) und die Angaben des Zeugen Rechtsanwalt Mag. H* (ES 4 f), unter Berücksichtigung der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, zugrunde gelegt.

[7] Inwiefern die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (ES 3) undeutlich sein sollten (Z 5 erster Fall), macht die Berufung nicht klar. Sie erklärt auch nicht, welche Feststellungen noch hätten getroffen werden müssen, um das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten als disziplinäres In-Streit-Ziehen eines Kollegen beurteilen zu können (inhaltlich Z 9 lit a). Soweit der Disziplinarbeschuldigte (zusammengefasst) Konstatierungen zur Richtigkeit und hinreichenden Prüfung des gegen Rechtsanwalt Mag. H* erhobenen Vorwurfs vermisst (der Sache nach Z 9 lit a), ignoriert er – prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0099810) – die gegenteiligen Sachverhaltsannahmen des Disziplinarrats (ES 3 ff).

[8] Mit der Behauptung, der Disziplinarbeschuldigte habe das Vorbringen in der Klagebeantwortung und die Streitverkündung nach Absprache mit seinem Mandanten und eingehender Prüfung sowie nach bestem Wissen und Gewissen erstattet, wird ein formeller Begründungsmangel iSd Z 5 nicht aufgezeigt. Gleiches gilt, soweit der Berufungswerber den im Verfahren AZ 6 Cg 24/17i des Landesgerichts Krems an der Donau getätigten Äußerungen seines Substituten eine andere Bedeutung beimisst als der Disziplinarrat (ES 3).

[9] Die Mängelrüge (Z 5) geht damit ins Leere.

[10] Eine Tatsachenrüge (Z 5a) kann in Verfahren, in denen eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld vorgesehen ist, nicht erhoben werden (RIS Justiz RS0132515 [T1]).

[11] Unter dem Aspekt einer Schuldberufung vermögen die – im Wesentlichen seine bisherige Verantwortung (vgl ON 6, ON 20) wiederholenden – Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten keine Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, Zweifel an der Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu wecken.

[12] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) fehlende Feststellungen zur subjektiven Tatseite einwendet und dabei die Konstatierungen zur Absicht des Disziplinarbeschuldigten, den Vertreter der Gegenseite in ein schlechtes Licht zu bringen und persönlich anzugreifen (ES 3) übergeht, verfehlt sie den – im festgestellten Sachverhalt liegenden – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[13] Da eine diversionelle Erledigung im DSt nicht vorgesehen ist, steht der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10a StPO im Verfahren nach dem DSt nicht offen (vgl 27 Ds 2/18b, 23 Ds 1/20d).

[14] Die Schuldberufung vermag mit der B ehauptung, der Disziplinarbeschuldigte habe in Absprache mit seinem Mandanten nach bestem Wissen und Gewissen sowie aufgrund hinreichender Prüfung des erhobenen Vorwurfs gehandelt, mit dem Verweis auf die – selektiv wiedergegebenen – Angaben der Mag. G* im Zivilverfahren und der Wiederholung der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten keine Bedenken an der nachvollziehbaren Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu wecken (ES 4 f).

[15] Die Höhe der verhängten Geldstrafe bewegt sich im unteren Bereich des Strafrahmens. Sie ist mit Blick auf die vom Disziplinarrat zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe und angesichts der aus dem disziplinären Verhalten resultierenden Nachteile des Mag. H* schuld- und tatangemessen und einer weiteren Reduktion nicht zugänglich.

[16] Der Berufung des Disziplinarbeschuldigten war sohin ein Erfolg zu versagen.

[17] Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.