JudikaturJustiz21R177/05w

21R177/05w – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
16. Juni 2005

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender), Dr. Steger und Dr. Brenner (Mitglieder) in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johann W*****, Landwirt, ***** Traismauer, *****, 2. Elisabeth W*****, Landwirtin, ebendort wohnhaft, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Friedrich H*****, Landwirt, ***** St. Pölten*****, *****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch, Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Zuhaltung eines Übergabs- und Dienstbarkeitsvertrages (Streitwert € 10.000,--), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 11.3.2005, 7 C 256/05x-2, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der erstgerichtliche Beschluss dahin abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:

„Der Antrag der klagenden Parteien, ob der der beklagten Partei gehörigen Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** in Ansehung des Grundstückes 15/2 - Baufläche (Gebäude), Baufläche (begrünt), landwirtschaftlich genutzt - die gegenständliche Klage grundbücherlich anzumerken, wird a b g e w i e s e n .

Hievon werden verständigt:

Text

Begründung:

Mit der am 10.3.2005 beim Bezirksgericht St. Pölten eingebrachten Klage stellten Johann und Elisabeth W***** das Hauptbegehren, der Beklagte sei schuldig, in die lastenfreie Abschreibung des in einem konkret bezeichneten Teilungsplan in grüner Farbe angelegten und mit 2 bezeichneten Teiles des Grundstückes 15/2 (wie im Spruch angegeben) vom Gutsbestand der dem Beklagten gehörigen Liegenschaft EZ ***** KG ***** und in dessen Zuschreibung zum Gutsbestand der den Klägern je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ ***** KG ***** unter gleichzeitiger Einbeziehung seiner Fläche in das Grundstück .39 Baufläche (Gebäude) - und in die lastenfreie Abschreibung des weiteren neu geschaffenen Grundstückes 15/3 vom gleichen Gutsbestand und in dessen Zuschreibung zum Gutsbestand der der Marktgemeinde ***** gehörigen Liegenschaft EZ ***** KG ***** - einzuwilligen. In eventu wolle der Beklagte schuldig erkannt werden, in die Unterfertigung eines Übergabs- und Dienstbarkeitsvertrages sowie einer Straßengrundabtretungsurkunde einzuwilligen, wobei der Text dieser Urkunden im Urteilsbegehren enthalten ist. Die Kläger hätten bereits mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten (Johann S*****) eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Zur Vertragsunterfertigung und zur Herstellung der Grundbuchsordnung sei es dann nur deshalb nicht gekommen, weil Johann S***** verstorben sei. Der Beklagte sei als Rechtsnachfolger des Voreigentümers des gegenständlichen Grund- und Trennstückes verpflichtet, die vom Voreigentümer getroffene Vereinbarung zuzuhalten; er habe jedoch mit einem Schreiben seiner rechtsfreundlichen Vertreter mitgeteilt, dass kein Konsens zustandegekommen sei und dass er den Vertrag nicht unterfertigen wolle. Hilfsweise werde die Klage auch darauf gestützt, dass die Kläger als redliche Bauführer bei der Errichtung des Kellers und dessen Vorbauten zumindest Eigentum an jenen Grundstücksteilen erworben hätten, auf denen Baulichkeiten errichtet worden seien und die aufgrund der entsprechenden Bestimmungen der NÖ BO als zur Baufläche gehörig auszuweisen seien. Mit ihrer Klage verbanden die Kläger die aus dem Spruch ersichtliche Grundbuchseingabe. Aufgrund der ablehnenden Äußerung des Beklagten stehe zu befürchten, dass dieser u.a. grundbuchstechnische Maßnahmen setzen werde, um die Umsetzung der Vereinbarung zu verhindern.

Mit Beschluss vom 11.3.2005 hat das Bezirksgericht St. Pölten antragsgemäß die Anmerkung der Klage gemäß § 61 GBG bewilligt. Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten, der unter Geltendmachung des Rekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beantragt, die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne einer Antragsabweisung abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Klagsanmerkungen sind nur dort gestattet, wo sie auf besonderen Bestimmungen des GBG oder anderer Gesetze beruhen, die dann auch ihre Wirkungen feststellen. Eine Streitanmerkung nach § 61 GBG kann - abgesehen vom Fall der Ersitzung (§ 70 GBG) - nur derjenige begehren, der im Grundbuch bereits eingetragen war, nicht aber derjenige, der mit der Klage lediglich die Anerkennung eines bisher nicht eingetragenen Rechtes begehrt. Angemerkt werden können demnach nur Klagen, die darauf gestützt werden, dass der Kläger in einem bücherlichen Recht verletzt wurde, nicht hingegen solche, mit denen ein obligatorischer Anspruch geltend gemacht wird, wenn auch aufgrund dieses Anspruchs der Erwerb eines bücherlichen Rechts begehrt wird. Unzulässig ist also insbesondere auch die Anmerkung einer Klage, mit der ein anderer „außerbücherlicher Eigentumserwerb“ als durch Ersitzung geltend gemacht wird (MGA GBG4 E. 1 bis 5 zu § 61; RIS-Justiz RS 0060428, RS 0060329). Unzulässig ist beispielsweise die Anmerkung der Klage auf Anerkennung und Erfüllung eines Kaufvertrages, der Klage auf Zuhaltung eines Kaufvertrages, der Klage auf Errichtung einer Abtretungsurkunde über ein Grundstück, der Klage, mit der aufgrund eines behaupteten Kaufvertrages die Einwilligung des Beklagten in die lastenfreie Abschreibung eines Grundstücks begehrt wird, der Klage auf Aussonderung außerbücherlichen Eigentums aus der Konkursmasse etc. (MGA a.a.O., E. 4, 25-29 zu § 61; RIS-Justiz RS 0060609).

Im Sinne dieser einhelligen Judikatur ist dem Rekurswerber darin beizupflichten, dass die Kläger aufgrund ihres Klagebegehrens keinen Anspruch auf Klagsanmerkung haben. Daran vermag auch der eventualiter vorgetragene Eigentumserwerbstatbestand nach § 418 Satz 3 ABGB nichts zu ändern; abgesehen davon wurde die Grundbuchseingabe ohnedies nur mit dem Eigentumserwerbsanspruch kraft der getroffenen Vereinbarung begründet.

Aus allen diesen Erwägungen war daher in Stattgebung des Rekurses des Beklagten die erstgerichtliche Entscheidung wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

Die Aufnahme der Zustellverfügung in den Spruch beruht auf dem § 118 GBG. Die Übertragung der Zustellungen sowie der erforderlichen weiteren grundbücherlichen Maßnahmen an das Erstgericht stützt sich auf § 527 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 75 Abs. 2 GBG, 78 Abs. 1 und 2 AußStrG.

Im Hinblick auf das am 1.1.2005 in Kraft getretene neue AußStrG (§ 199) ist die zur alten Rechtslage ergangene Judikatur, wonach im Rekursverfahren über den Antrag auf Bewilligung einer Streitanmerkung generell kein Anspruch auf Kostenersatz bestand (MGA a.a.O., E. 77 zu § 61), nicht mehr anwendbar. Nach der neuen Rechtslage hat vielmehr der Aspekt im Vordergrund zu stehen, dass es sich hier um einen - wenngleich grundbuchsrechtlichen - Annex des kontradiktorischen Streitverfahrens handelt, weshalb die Grundgedanken des § 75 Abs. 2 GBG (ergänzende Verweisung auf das AußStrG) sowie des § 78 Abs. 1 und 2 AußStrG (Grundregel des Kostenersatzes, Erfolgsprinzip bei entgegengesetzten Interessen) zum Tragen kommen. Der aus Anlass eines Streitverfahrens in einem Rechtsmittelverfahren gegen die antragsgemäße Bewilligung der Klagsanmerkung siegreiche Beklagte hat somit Anspruch auf Rekurskostenersatz.

Unberührt bleibt die bisherige Judikatur, wonach sich das Streitanmerkungsverfahren und das diesbezügliche Rechtsmittelverfahren an sich nach den Bestimmungen des GBG richten (vgl. MGA a.a.O., E. 77, 78 zu § 61).

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes (§§ 126 Abs. 1 GBG, 59 Abs. 2 AußStrG) orientiert sich an der unbedenklichen Streitwertangabe der Kläger.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde nicht zugelassen, weil keine wesentliche Rechtsfrage im Sinne der §§ 126 Abs. 2 GBG, 62 Abs. 1 AußStrG zu entscheiden war (vgl. die zitierte einhellige Judikatur).

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6