JudikaturJustiz1Ob79/64

1Ob79/64 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 1964

Kopf

SZ 37/78

Spruch

Auf Grund der Klage des bücherlich Vorkaufsberechtigten gegen den ins Grundbuch gelangten Dritten auf Übertragung des Eigentumsrechtes kann eine Streitanmerkung bewilligt werden.

Entscheidung vom 29. Mai 1964, 1 Ob 79/64. I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Kläger belangten im vorliegenden Prozeß den Beklagten auf Herausgabe der ihm bücherlich zugeschriebenen Liegenschaft EZ. 179 Gb. St. V. Zug um Zug gegen Bezahlung eines Betrages von 120.678.44 S und auf Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes je zur Hälfte. Sie machten geltend, ob dieser früher der Anna S. gehörig gewesenen Liegenschaft sei zu ihren Gunsten das Vorkaufsrecht verbüchert; Anna S. habe die Liegenschaft mit einem als "Schenkungsvertrag" bezeichneten Vertrag vom 25. Juli 1963 an den Beklagten veräußert; diese Vertragsform sei aber nur gewählt worden, um ihr Vorkaufsrecht umgehen zu können; in Wahrheit habe es sich um einen Kaufvertrag gehandelt, denn der Beklagte habe es übernommen, die Hypothekarschulden in Höhe von 120.768.44 S zu bezahlen; gegen Leistung dieses Betrages seien sie gemäß § 1079 ABGB. berechtigt, vom Beklagten die Herausgabe der Liegenschaft zu verlangen.

Mit ihrem Begehren verbanden die Kläger den Antrag auf bücherliche Anmerkung der Klage ob EZ. 179 Gb. St. V. Der Erstrichter bewilligte die Streitanmerkung, das Rekursgericht wies den Antrag hingegen ab. Es begrundete seinen Beschluß im wesentlichen damit, daß der Herausgabenanspruch des Vorkaufsberechtigten nach § 1079 ABGB. bloß obligatorischer Natur sei; daran ändere die Verbücherung des Vorkaufsrechtes nichts; bei einem unverbücherten Vorkaufsrecht bestehe im Fall seiner Verletzung im allgemeinen nur ein Schadenersatzanspruch; die Kläger seien also durch die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten nicht in einem ihnen zustehenden bücherlichen Recht verletzt (§ 61 GBG.), eine Klage zur Durchsetzung bloß obligatorischer Ansprüche auf Eigentumseinverleibung könne nicht im Grundbuch angemerkt werden.

Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Vorkaufsrecht wächst durch seine Verbücherung über den bloß persönlichen Anspruch des Berechtigten gegen den Liegenschaftseigentümer hinaus und läuft auf eine Beschränkung des Verfügungsrechtes des letzteren hinaus, die vom Grundbuchsrichter von Amts wegen zu beachten ist (vgl. dazu GlU. 3896 = Jud. 68, SZ. X 163 u. a.). Darum ist der Vorkaufsberechtigte in einem solchen Fall auch legitimiert, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für einen Dritten auf Grund eines unter Mißachtung des verbücherten Vorkaufsrechtes geschlossenen Kaufvertrages mit Rekurs zu bekämpfen. Handelt es sich nicht um einen Fall offener Mißachtung des verbücherten Vorkaufsrechtes, sondern um seine Umgehung durch eine Verdeckung des vom Liegenschaftseigentümer mit dem Dritten geschlossenen Kaufvertrages durch ein Scheingeschäft, kann der Vorkaufsberechtigte die Nichtigkeit des letzteren geltend machen (vgl. dazu Gschnitzer in Klang[2] IV S. 421, RZ. 1962 S. 229), gegen den schon als Eigentümer eingetragenen Dritten mit Löschungsklage vorgehen und sodann den ursprünglichen Eigentümer auf bücherliche Übertragung kraft Ausübung des Vorkaufsrechtes belangen. Er kann aber auch von der Löschungsklage absehen und vom schon eingetragenen Dritten gemäß § 1079, 2. Satz, ABGB. die bücherliche Übertragung der Liegenschaft verlangen (vgl. dazu Ehrenzweig § 365 III). Letzteren Weg haben die Kläger eingeschlagen. Sie sind berechtigt, die Anmerkung dieses Streites zu verlangen, weil sie geltend machen, bei dem vom Beklagten als Titel für seine Eigentumsrechtseinverleibung herangezogenen Schenkungsvertrag handle es sich um einen Scheinvertrag, der einen Kaufvertrag verdecke, und zufolge dieser Verkleidung der Sach- und Rechtslage sei es zur Umgehung ihres verbücherten Vorkaufsrechtes gekommen. Sie sind damit in einem bücherlichen Recht verletzt; denn diese im § 61 GBG. normierte Voraussetzung kann nicht auf solche Rechte beschränkt werden, die auch dem § 308 ABGB. unterstellbar sind.